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Interview mit der engagierten Schweizer Journalistin Daniela Gschweng

Von Milena Rampoldi, ProMosaik

Anbei unser Interview mit der engagierten Schweizer Journalistin Daniela
Gschweng, die sich u.a. mit dem Thema der Flüchtlingskrise auseinandersetzt.
Wir haben über Journalismus, Menschenrechte und über Krieg gesprochen.
Was bedeutet für Sie der Journalismus
und wie wichtig ist der Einsatz eines Journalisten für die Menschenrechte?
Journalistin ist ein
toller Beruf! Ich kann Leuten spannende Geschichten erzählen, ihnen
Informationen geben, auf die sie selbst vielleicht nie gekommen wären, Sachen
herausfinden, die sie schon immer mal wissen wollten oder einfach das
Brot-und-Butter-Geschäft machen, wie den Bericht über die
Kirchengemeinderatssitzung. Das heisst, ihnen Dinge erzählen, von denen die
meisten gar nicht wissen, dass sie sie wissen wollen. Das Grösste ist für mich
die Lizenz zum Fragen. Ich darf weiternerven, wo andere längst abgewimmelt
werden. Und meistens bekomme ich eine Antwort.
Klar trage ich dabei eine
besondere gesellschaftliche Verantwortung, dabei, meine Leser allzusehr zu
erziehen, muss ich mich aber bremsen. Das ist nicht meine Aufgabe und
unterscheidet mich von einer Aktivistin. Die Einhaltung der Menschenrechte ist
Bedingung für eine demokratische Grundordnung, deshalb ist es wichtig, dass
Medien von Menschenrechtsverletzungen berichten. Gerade dort, wo sie zur
Normalität geworden sind, wo Berichten langweilig oder langwierig wird. Auch
da, wo die Dinge nicht so einfach sind, wie sie aussehen, zum Beispiel bei Kinderarbeit.


   Wie wichtig ist es gerade in der
Schweiz, immer wieder hervorzuheben, wie sehr Krieg und Flüchtlingskrise
zusammenhängen?
Ursachen für Flucht sind
vielfältig und komplex. Eine Tatsache, die wie so viele andere Fakten in der
Flüchtlingskrise
gerne vergessen wird. Aber eine der
wichtigsten Ursachen ist Krieg. Einen speziellen Unterschied zwischen anderen
europäischen Ländern und der Schweiz sehe ich nicht.
   Warum ist es im Westen heute immer noch
ein Problem den Flüchtling einfach nur als Menschen zu sehen?
Wo die tieferen Gründe
dafür liegen, kann ich nicht beantworten. Natürlich wird Flucht auf viele Weise
instrumentalisiert und manches wird einfach aus praktischen Gründen so gemacht.
Für Verwaltungen, wurde mir beispielsweise schon gesagt, sei es einfacher,
Menschengruppen als Kollektiv zu behandeln. Eine gewisse Bequemlichkeit nehme
ich da auch an. Da nur sehr wenige einen Flüchtling je gut kennengelernt haben,
gibt es da auch die Einstellung, „so“ müssten „die alle“ sein, nicht einmal aus
Bösartigkeit oder Rassismus, sondern einfach aufgrund von fehlender Information.
    Wie hängen Wirtschaft und Krieg
zusammen?
Wirtschaft und Krieg
hängen auf sehr viele verschiedene Arten zusammen. Ein Zusammenhang ist
natürlich Waffenproduktion und –verkauf. Weltweit werden in der
Rüstungsindustrie jährlich 300 bis 400 Milliarden Dollar umgesetzt, zwei
Drittel davon von US-Unternehmen. Unternehmen wie Airbus und Lockheed Martin
arbeiten marktwirtschaftlich, auch wenn sie staatlicher Kontrolle unterliegen. Auch
die Schweiz hat eben entschieden, in Zukunft selbst in Bürgerkriegsländer
Waffen zu liefern. Produktionssteigerungen in der Rüstungsindustrie wurden
nebenbei schon immer dazu benutzt, die Konjunktur anzukurbeln. Und Kriege
verursachen nicht zuletzt immense wirtschaftliche Schäden.
   Wie kann man sich heute als
Journalisten für die vergessenen Kriege wie dem im Jemen einsetzen?
Dranbleiben. Gerade dort,
wo es keine spektakulären Einzelereignisse gibt, sondern lediglich ein immer
wiederkehrendes Weiter-So. Für mich als Freie heisst das Themen nicht aus den
Augen zu verlieren, auch wenn sie im Moment keine Redaktion haben möchte.
  Wie schwimmt man am besten gegen den
Strom der Mainstream-Medien? Welche Tipps haben Sie für ihre Kollegen?
Huh. Siehe 5) Dranbleiben
und selbst denken 😉
Wirtschaftlich gesehen
ist das nicht immer ganz einfach, denn der Journalismus steht fast überall
unter Druck. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, kleine, unabhängige
Medien zu suchen, die nicht auf das Tagesgeschehen fixiert sind, wie
beispielsweise Infosperber.ch. Ich versuche, mir regelmässig Zeit zu nehmen für
Themen, die nicht dringend, aber wichtig sind. Und sei es nur, um Newsletter zu
lesen.