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Istvan Horvath-Thomas – Musik für den Frieden

Von Milena Rampoldi, ProMosaik.
Anbei mein Interview mit dem deutsch-ungarischen Komponisten und Pianisten
Istvan Horvath-Thomas. Er ist auch Mitglied des Komitees „Committee for World
Peace“, zu dem auch Prof. Haruhito Kobayashi, Ralph Eisenmenger and Alfio
Zappala gehören. Es läuft gerade eine Sammlung von Spenden für die
Konzertprämiere in Hiroshima. Mit Istvan habe ich im Besonderen über den
Zusammenhang zwischen Musik und Frieden und über die Bedeutung der Musik für
den Frieden gesprochen.
Warum ist
Hiroshima als Symbol des Weltfriedens so wichtig?
Was in Hiroshima geschehen ist, ist
so entsetzlich, dass man es mit Worten kaum beschreiben kann. Nirgendwo ist die
„hässliche Tatze des Bösen“ so offensichtlich zum Vorschein gekommen, wie im
August 1945 in Hiroshima und Nagasaki. Eine solche Tat kann niemand verantworten
und solch eine Katastrophe sollte niemals wieder durch Menschen ausgelöst
werden. Dieser Tatsache sollten alle „Herrscher“ und alle Menschen dieser
Welt bewusst sein; denn ein zweiter Atomkrieg darf auf keinen Fall geführt
werden. Denn letzten
Endes sitzen wir alle im gleichen
Boot. Darum ist Hiroshima als Symbol des Weltfriedens so wichtig.


Welche Verbindung sehen Sie
zwischen Musik und Frieden?
Musik verbindet nicht nur die
Menschen auf der Erde, sie verbindet auch die Menschen mit dem Himmel. Die
verschiedenen Religionen sind
seit Jahrhunderten Anlass zu Kriegen
gewesen; scheinen sich also nicht unbedingt dazu zu eignen, Frieden zu
stiften…
Musik ist hingegen grenz- und
religionsüberschreitend. Die Sprache der Musik wird von einem Chinesen genauso
verstanden wie z.B. von einem Polen oder Amerikaner, d.h. sie ist eine „globale
Sprache“. Sie befreit von den Alltagsproblemen und hilft uns, uns einander
näherzukommen.
Erzählen Sie uns von Ihrem
Projekt?
Herr Prof. Haruhito Kobayashi (der
Initiator dieses Projektes) sucht seit einigen Jahren die Zusammenarbeit mit
Komponisten.
Aus verschiedenen Gründen war er bisher
mit keinem zufrieden. Vor etwa zwei Jahren hat ihn einer seiner Bekannten auf meinen
Namen, bzw. auf meine Musik auf Youtube aufmerksam gemacht. Nachdem er die „Elegie“
und  „Partita“ angehört hatte, nahm er
Kontakt zu mir auf und schilderte mir sein Vorhaben. 2016 war ich Gast in
Hiroshima, wo wir jeden Tag Ausstellungen und Gedenkstätten zu diesem Thema aufsuchten,
damit ich mir diese „unvorstellbare“ Katastrophe vor Augen führen konnte, und
besprachen auch die Struktur, die Textvertonung, Besetzung, usw. des zu
entstehenden Werkes. Die „Missa pro Hiroshima“ weist auch vom Text her einen globalen
Charakter auf. Sie wird je nach Teil auf Japanisch, Deutsch, Tschechisch und Lateinisch
gesungen. Das Werk dauert ungefähr eine Stunde und teilt sich in fünf Teile
auf: Peace, Disaster, Regret, Comfort, Hope.
Zur Aufführung braucht man ein
symphonisches Orchester, eine Orgel, das japanische Saiteninstrument Koto, vier
Solostimmen und einen großen Chor von ungefähr 800 Personen. In Hiroshima habe
ich die sogenannte „Hiroshima-Tonleiter“ entdeckt: wenn man Jahreszahl/Monat/Tag/Stunde
und Minute der Katastrophe musikalisch entschlüsselt, entsteht eine wunderbare,
echte japanische Tonleiter!! Sie ist in der „Missa“ auch mehrmals zu hören, das
erste Mal am Anfang des letzten Satzes „Hope“.


Wie können unsere LeserInnen Ihr
Projekt unterstützen?
Da das Orchester, der Dirigent, die Sänger,
der Chor, die Notenherstellung, die Saalmiete viel Geld kosten, bitten wir die
Leserinnen und Leser um finanzielle Unterstützung. Dazu gibt es auch ein Video auf
Youtube: „Crowdfunding-call for a concert in Hiroshima for World Peace“
Spenden können auf das untenstehende
Konto überwiesen werden:
“Komitee für den
Weltfrieden”
Kontonummer. DE 40600907000330784005
BIC: SWBSDESS
Diese Kontodaten werden auch im
Video angezeigt.
Wie wichtig ist die
Friedenserziehung über die Musik?
Der Philosoph und Mathematiker Pythagoras
sagte: „Alle Dinge existieren, weil sie eine Ordnung haben und sie sind
geordnet, weil sich in Ihnen
mathematische Regeln realisieren,
die zugleich die Bedingung für die Existenz von Schönheit sind“.
Heute sind vielerorts Regeln in
vielen Bereichen aufgehoben, was die Menschen verunsichert. Denn alles verläuft
nach Regeln. Ein Planet ist beispielsweise frei, indem er seine
(vorgeschriebene) Laufbahn durchläuft. Für die Pythagoräer war klar, dass
unterschiedliche Tonarten eine bestimmte Wirkung auf die Psyche des Menschen
haben. Musik kann beruhigen, trösten, fröhlich stimmen… Platon vertrat sogar
die Meinung, dass die „Weltseele“ aus einer musikalischen Harmonie bestehe und
darum jede musikalische Erziehung für junge Menschen wichtig, wenn nicht sogar
heilsam, sei.
Dies erleben wir auch im
Musikunterricht. Oftmals wird die Klavierstunde zur „Therapiestunde“. Rhythmus
und Harmonie dringen direkt
in die Seele ein und formen sie mit.
Ein Franz Liszt-Zitat besagt: „Schön ist, was die göttliche Ordnung am
vollkommensten darstellt. Je vollkommener je schöner“. J.S. Bach hat es auf den
Punkt gebracht, indem er seine Werke mit „Gott allein zur Ehre“ („Soli Deo
Gloria“) unterschrieb, d.h. er wollte mit seiner Musik ein „Ebenbild Gottes“
schaffen! Joseph Haydn hatte bewusst „schöne Musik“ verfasst, um die Schönheit
der Schöpfung zum Ausdruck zu bringen. Mozart war der Meinung, dass sich selbst
das „Böse“, wenn es in schöne Töne gesetzt wird, in etwas „Schönes“ verwandelt und
dadurch entmachtet wird. Demnach bestünde die Aufgabe der Musiklehrer/Pädagogen
darin, die Stücke so zu wählen, dass sie eine positive Wirkung auf die Menschen
haben. Musisch gebildete Menschen mit zufriedenen, erfüllten Seelen werden auch
den Frieden leben.


Für mich ist die Musik eine
sozio-politische Aufgabe zwecks Herstellung von sozialer und politischer
Harmonie und zwecks Verbreitung von Schönheit in allen Bereichen des sozialen
und politischen Lebens.
Wie sehen Sie das?
 Schon seit längerer Zeit beschäftige
ich mich mit Dostojewskis Wort: „Schönheit wird die Welt retten, Schönheit wird
die Welt heilen“.
Krieg ist hässlich.
Hunger ist hässlich.
Armut ist hässlich.
Das Gute ist auch immer schön. Das
kann man auch umkehren: Das Schöne ist auch gut. Und die Schönheit ist heilend
und so auch schöne Musik. Wie eben schon gesagt: Das Schöne ist geordnet und
klingt zusammen.  Indem wir Menschen uns
mit dem Schönen befassen und es in uns aufnehmen, erfahren wir eine innere Heilung,
Ordnung, Harmonie, Freude und Frieden.
Demnach wäre die Aufgabe der Politik
dafür zu sorgen, dass die Menschen in Schönheit „ausgebildet werden“. Man fragt
sich, warum die
Menschheit aus den kriegerischen
Auseinandersetzungen der Vergangenheit nichts gelernt hat… ist der Mensch als
solcher nicht fähig zum
Frieden mit sich selbst, mit den
Anderen und mit seiner Umwelt? Im Hebräischen begrüßt man sich mit „Shalom“, d.h.
„Frieden, Zufriedenheit,
Wohlbefinden…“ Im Griechischen
wird Shalom mit „Wohlstand, Seelenruhe“ und „Fehlen von Konflikten“ übersetzt. Bei
den alten Römern
war „Pax“ das Wort für „Frieden“. Friede
braucht Ordnung, Harmonie, Klarheit… „Frieden“ bedeutet im Deutschen, in
Ableitung von der indogermanischen Wurzel „frei“, schützen, schonen, lieben. Frei,
geschützt, geliebt sein. Das alles zusammen sind sozio-politische Aufgaben:
Für Wohlstand sorgen. Für Ruhe im
Allgemeinen. Die Menschen lieben, sie schonen und schützen. Den Raum ihrer
Seele schützen,
sie künstlerisch bilden, Kunst, Kultur
oder einfach „Schönheit“ auch in der Architektur usw. schaffen. Denn nur wer
mit sich selbst in Frieden lebt,
kann auch nach draußen Frieden
schaffen.