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Trumps Blutspur zieht sich durch Jerusalem


Von Evelyn Hecht-Galinski,
Daily
Sabah
, 18. Dezember 2017. Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist momentan der
einzig echte Kämpfer für Palästina. Die Medien überschlagen sich geradezu in
ihrer Hetze gegen ihn. „Erdoğans Gipel”, den er als Signal der
Geschlossenheit der 57 OIC-Mitgliedsstaaten sieht und von dem ein Signal in die
Welt ausgehen soll, unterstütze ich voll und ganz.

 

Tatsächlich war
dieser Aufruf ein wichtiges Zeichen. Dennoch müssen die 57 Staaten, die sich
gegen den Trump-Beschluss gestellt haben, immer noch mit internen
Streitigkeiten kämpfen. Wie diese Differenzen und Tatenlosigkeit die westliche
Position und Israel stärken, ist bekannt. Ein Erfolg gegen die illegale
zionistische Besatzung Palästinas kann nur durch Einigkeit erzielt werden. Das
gleiche Problem haben wir auch innerhalb der Palästinensischen Gemeinschaft,
die aber aktuell Schauplatz einer Versöhnungsphase zwischen Fatah und Hamas
ist.

Präsident Erdoğan
hat als einziger hoher politischer Akteur Israel als Terrorstaat bezeichnet und
zu Recht Foltervorwürfe gegen den „Jüdischen Staat” erhoben. Dazu möchte
ich allen Lesern das im Zambon Verlag erschienene Buch „B`Tselem – Folter in
Israel“ empfehlen. Wie Erdoğan richtig feststellte, kann man das Schicksal von
Jerusalem nicht einem Land überlassen, „das sich von Blut ernährt, seine
Grenzen brutal erweitert sowie Kinder, Zivilisten und Frauen brutal
ermordet.” Ist es nicht gerade als Pflicht eines jeden Muslim, sich für
die Freiheit Palästinas und einer ungeteilten Hauptstadt Jerusalem einzusetzen?

Nachdem Trump
eklatant das Internationale Völkerrecht verletzt hat, braucht es eine
gemeinsame Antwort gegen dieses Verbrechen. Die Palästinenser, die leider – im
Gegensatz zu Israel – über keine Lobby verfügen, brauchen dringend einen
Sprecher und Unterstützer ihrer Sache. Erdoğan wäre ein wichtiger Wegbereiter
für einen Anfang im Bestreben der vollen Anerkennung Palästinas mit der
Vollmitgliedschaft in der UN. Leider findet sich in der 23 seitigen
Abschlusserklärung der Organisation kein einziges, neues Wort über den Status
von Jerusalem.

Wieder einmal
scheint es hierbei keine geschlossene Einheit zu geben, so dass die islamische
Welt gegen die illegale zionistische Besatzung Palästinas an einem Strang
ziehen könnte. Es sind noch keine konkreten Schritte zu finden, die endlich die
Verlegung der Botschaften muslimischer Staaten nach Ost-Jerusalem ankündigen.
Auch die mehr als wichtige Ankündigung von Erdoğan, die Beziehungen zwischen
Israel und der Türkei abzubrechen, findet in der Schlusserklärung keinerlei Erwähnung.
Das ist mehr als bedauerlich, hätten es doch Erdogans Pläne verdient, sofort
umgesetzt zu werden, um die Freiheit Palästinas gewähren.

Schlimmer noch,
waren die Intrigen des „Jüdischen Staates”, der zur gleichen Zeit, den
treuen US-Partner Saudi-Arabien, dem Hüter der heiligen Stätten von Mekka und
Medina und dessen Vertreter, den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman,
nach Israel einlud, um angeblich den „israelisch-palästinensischen
Friedensprozess” wieder aufzufrischen.

Dieses Spiel ist
genau die Inszenierung, die den unter Druck sehenden Staatsterror Regime
Netanjahus braucht, um Erdoğan zu schwächen und eine Spaltung der muslimischen
Länder zu erreichen. Ziel ist also eine Allianz, die gegen den Iran vorgeht und
letztendlich eine weitere, massive Verschlechterung der Beziehungen zwischen
der Türkei und den USA herbeiführt.

In Deutschland
regt man sich inzwischen mehr über brennende David-Stern Flaggen auf und
verwechselt bewusst Kritik am zionistischen Besatzungsstaat mit vermeintlichen
Antisemitismus. Tatsächlich entsteht Judenhass aber meistens erst dann, wenn
der „Jüdischer Staat” diese Völker- und Menschenrechtsverbrechen begeht.
Was hatten wir hier einen Aufschrei der Entrüstung als Präsident Erdogan sich
nach dem Putsch für eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe aussprach.
Wenn jedoch der Ministerpräsident von Israel das fordert, dann hält sich die
Entrüstung in Grenzen. Wie schrieb ich in meinem Buch doch gleich: „Das elfte
Gebot – Israel darf alles” – und in der Tat scheint mir, dass besonders in
Deutschland dieser Titel Programm ist. Also bitte keine Doppelstandards und
kein „besonderes” Verhältnis, wenn es um Israel geht. Zu leiden haben
letztendlich immer mehr die Muslime in Deutschland, die unter Generalverdacht
gestellt werden. Die grassierenden Islamophobie in Europa ist derweil
besorgniserregend. Wehret den Anfängen!

Präsident Erdoğan
sollte auch ein Wort zu den Diskriminierungen verlieren, unter denen Muslime in
Deutschland immer mehr zu leiden haben. Wie wir aktuell erleben, werden
muslimisch-palästinensische Demonstranten diffamiert, weil sie bei Protesten
gegen die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel die zu Recht
verhasste Israel-Flagge verbrennen. Dieses legale Recht soll ihnen jetzt per
Demonstrationsauflagen und Gesetzesänderungen verboten werden. Dieses harmlose
Protestrecht sollte als hilfloses Symbol gegen die illegale Besatzung
Palästinas unbedingt beibehalten werden.

Palästinenser und
Palästina finden nur noch wenig Aufmerksamkeit in der Weltöffentlichkeit –
einzig Präsident Erdoğan versucht sein Bestes, um als Fürsprecher Palästinas
etwas zu erreichen, und das ist mehr als bedauerlich.

Während sich hier
in Deutschland die Presse in Antisemitismusvorwürfen gegen Muslime und Empörung
gegen brennende Israel-Flaggen überschlägt, sich im Erdoğan und Putin-Bashing
übertrumpft, wird das zionistische Besatzer-Regime unter Netanjahu geschont und
die Ursache allen Übels, die illegale Besatzung sowie die ethnische Säuberung
Palästinas, nicht mehr erwähnt. Ein mehr als durchsichtiges, allerdings
gewohntes Spiel der Israel-Lobby und ihrer philosemitischen Freunde.
Es bleibt zu hoffen, dass Präsident Erdoğan standhaft bleibt und sich weiter
als einsamer Wolf in der Wüste für ein freies Palästina siegreich einsetzen
kann. Dazu wünsche ich ihm viel Kraft und Standhaftigkeit. Nächstes Jahr in
einem freien Palästina.