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Offener Brief zum Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, Verbot von Schals & Co

Von Yeliz Ddevir,
Oktober 2017. Die kalte Jahreszeit steht vor der r. Als verwirrte, besorgte und verfrorene österreichische Bürgerin chte ich mich über das witterungsabhängige sowie schleierhafte Gesetz genauer informieren und bitte Sie, unsere Gesetzgeber, um Aufklärung
folgender komplexer Sachverhalte:
 
Um welche Form von verbotenen Schals handelt es sich eigentlich: gibt es da eine gesetzliche Vorgabe in Bezug auf nge, Breite, Material und Farbe? Sind beispielsweise regierungsfarbene
Schals erlaubt?

Sind Wollhauben, die den Mund miteinschließen,
auch vom Gesetz betroffen? Können Sie bitte
eine grafische Darstellung für Betroffene und zuständige BeamtInnen als Erleichterung beim Vollzug publizieren?

Dürfen RadfahrerInnen auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule ihr Gesicht mit dem Schal gen Wind sctzen? hlt selbiges Verhalten in der Freizeit dann als Verwaltungsübertretung?
Was ist mit obdachlosen Menschen
und BettlerInnen? Werden der Erwärmung dienende Utensilien als „berufliche Notwendigkeit“
gewertet und den Ausnahmefällen zugeordnet? 

Wieviel Prozent exakt vom Gesicht muss frei bleiben, wenn sich jemand für (kulturelle) Tattoos im Gesicht entscheidet?

Modische Piercings: manche tragen soviel Metallschmuck im Gesicht, dass die Identifizierung beinahe nicht mehr gewährleistet ist. Gibt es hierbei eine Obergrenze?



Was ist mit Stirnfransen? Die Stirn ist ja damit, wie schon
selbsterklärend, mit Haaren versehen.
Was sagt das Gesetz bezüglich maximaler Länge und Farbe? Apropos: gilt das Tragen von wärmenden Stirnbändern nun als Strafdelikt?

Es gibt zudem viele Frisuren, deren hip sein genau darin liegt, einen Teil vom Gesicht zu bedecken und die Person geheimnisvoll wirken zu lassen, bei Männern wie auch bei Frauen. Ich bitte um eine bildliche deppensichere Darstellung von erlaubten und nicht erlaubten Haarschnitten. Als Grundhaarfarbe der Illustration bietet sich glicherweise Blauschwarz besonders an, dann entsprechend der Mandate im Nationalrat die weiteren Regierungsfarben. Friseurläden chte ich zwecks Prävention nahelegen, den KundInnen Kataloge mit gesetzeskonformen und -widrigen
Frisurenmodellen vorzulegen.

Das Gesetz diskriminiert Männer ganz besonders meiner Meinung nach. Was
tun  bei persönlicher Vorliebe
für Stirnfransen, Stirnbänder, Vollbart, Tattoo, Piercing und einer in das Gesicht hängenden Haarpracht? Bedeutet dies ein Fall von mehrfachem Widerstand gegen die Staatsgewalt und Vervielfachung
des Strafausmaßes?

Sport: Bei Fußballevents
bemalen sich die Fans oft in den Farben ihrer Lieblingsmannschaft.

Symbole oder Farben der Nationalfahnen sind meist beliebte Motive im Gesicht und am rper. Werden nun am Eingang von Fußballstadien Gesichter gescannt?
Gibt   e eine   gesetzlic festgeschriebene   Altersuntergrenz für 
 Schalund   Co, 
 um 
 der Kinderkriminalisierung vorzubeugen? Sinn macht es eigentlich erst ab der Volljährigkeit. Davor könnte man wahrscheinlich die Erziehungsberechtigten wegen unterlassener Aufklärung zum neuen Gesetz mit einer entsprechenden Organstrafverfügung mahnen. Die Bildungseinrichtungen ssten dann logischerweise auch mithaften, wenn sie Kinder und Jugendliche mit Schals im Gesicht auf dem Pausenhof herumrennen lassen.



Tatort Spielplatz: rfen Kinder aerhalb vom Fasching nicht mehr mit Verkleidunge
und M
asken in Kindergärten oder auf öffentlichen Spielplätzen spielen? Sind Sie BefürworterInnen von
Verkleidungen ohne Gesichtsmasken, insbesondere für Kinder?

Was ist mit der Organisation Die Roten Nasen, unsere Clowndoctors und Kinderfreunde, die in Spilern Kinder in psychischer Notlage betreuen und bemüht sind, etwas Farbe und Freude in den grauen Alltag zu bringen? Muss sich dieser Verein nun auflösen?
Zur Vollstreckung
des Gesetzes bedarf es meiner Ansicht nach neben
der Exekutive auch noch weiterer Kontrollposten, was
ja wiederum neue Arbeitsplätze schafft, die teilweise mit den Einnahmen der Geldstrafen gedeckt werden könnten. Ganz im Sinne jedes Gesetzgebers: was vom rger kommt, fließt zum rger zurück. So entsteht
z. B. die Notwendigkeit von Aufsichtspersonal vor Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern, Ämtern etc., sodass die Schals vor Eintritt des Gebäudes und eigentlich schon bei Betreten der Parkplätze auch hundertprozentig abgenommen werden. Das Eis an der Nase kann ja drinnen schmelzen. Oder Sie investieren in die Technik und lassen Radarautomaten bauen, denen Sie die Gesetzeslücken begreiflich machen.

Dringend  zu
 beachten
 ist
 aber
 auch
 die  erhöhte  Anfälligkeit
 für Erkältungen,  welche
 mehr
A
rztkonsultationen und Krankenstände nach sich ziehen und die Arbeitgeber auf die Barrikaden treiben wird, mehr Kosten im Gesundheitsbereich verursachen, deren Tilgung dem Steuerzahler weitere Nerven abverlangen wird, deren Beruhigung wiederum Mehrkosten produziert, bis sich der Teufelskreis damit schlit.

Unternehmen und Werbewirtschaft: ssen die Ceo’s nun selbst als Maskottchen auftreten, um keine Einbußen zu befürchten? Diese Aktionen sind wohl kaum mit der Ausnahme vereinbar, die
„künstlerische, kulturelle oder traditionelle Veranstaltungen“ umfasst und unternehmerische exkludiert.

Warum kümmert sich der Gesetzgeber nicht auch um die Augen, die ja Spiegel der Person sind und auch als Lügendetektor gelten? Warum werden z. B. farbige Kontaktlinsen nicht vom selbigen Gesetz erfasst: eine falsche Augenfarbe ist doch auch eine Vortäuschung einer falschen Identität, widerspricht den Personaldaten
im Lichtbildausweis und stellt damit doch eigentlich ein Delikt dar? Achtung Sonnenbrillen: Trotz Kälte könnte jemand den Bedarf sren, empfindliche Augen gegen das Sonnenlicht oder dem Schneeweiß zu sctzen. ssen diese Betroffenen nun ärztliche Atteste bei sich tragen?

Kommen wir zum eigentlich Wichtigen:
wieviel kg Makeup darf eine Person im Gesicht auftragen,
ohne das Gesicht unkenntlich gemacht zu haben? Gibt es hierzu professionelle Schminktipps von ExpertInnen? Ist Permanent Makeup nun gesetzeswidrig?

Hochzeiten: wie umgehen mit dem Brautschleier, den es in so vielen Kulturen gibt? Man stelle sich vor, wie Polizist und Bräutigam sich darum streiten, wer denn nun den Brautschleier abnehmen darf. Vielleicht könnte die Modeindustrie etwas entgegenkommen und Brautkleider ohne Schleier entwerfen.

Das  große
 Ich  bin
 Ich:  Reicht
 ein  amtlicher
 Lichtbildausweis
 der
Pe
rson aus,  oder
 ssen zusätzlich ZeugInnen die Identität authentifizieren? ssen all jene Personalien, in denen die Fotos nicht im Einklang mit dem neuen Gesetz stehen, neu ausgestellt werden? Aus welchem Budget sollen die Kosten für diesen Personal und Sachaufwand finanziert werden.

Von enormer Wichtigkeit erscheint mir auch die Terminologie und die political
correctness bei der Bezeichnung dieser GesetzesbrecherInnen: Anti-Identitäre, radikale Schalisten, extreme Maskottichisten, fundamentale Bettellobbyisten,
Wetterprotagonisten, linke Schnupfisten, leichtgläubige  Humanisten.

Welche Anlaufstelle wird sich um Opfer von nicht gerechtfertigten
Anzeigen oder gar Angriffen von selbst ernannten Helfern der Polizei kümmern? Wohin kann sich ein normaler Polizist wenden, wenn er sich im Einzelfall einfach nicht sicher ist, ob ein Gesetzesverst vorliegt oder nicht? Oder wenn ein Polizist den Einwänden von Betroffenen nichts mehr entgegenhalten kann und Frust sich ausbreitet? hlen Handlungen beider Seiten im Affekt als Milderungsgrund? Ein diesbezügliches Coaching der BeamtInnen mit Grafiken
und ExpertInnen aus dem Nationalrat könnte womöglich Abhilfe schaffen und präventiv wirken. Auch eine Hotline für Notfälle zur raschen und zufriedenstellenden Unterstützung der PolizistInnen sollte unbedingt angedacht werden. Diese und weitere Kosten könnte man vielleicht auch mit einer bundesweiten Spendenaktion  decken.


Ich will auch einen konstruktiven Beitrag zum Gesetz leisten, um meiner Pflicht als rgerin nach zu kommen:

Nachdem es keine gesetzlich festgelegte Mindesttemperatur für das Hochziehen von Schals gibt, schlage ich persönlich der Polizei vor einen Thermometer in ihre Grundausrüstung einzubauen und die Körpertemperatur als Gesetzesgrundlage heran zuziehen, bei der man zumindest sicher sagen kann, wann eine Unterkühlung vorliegt, ohne politisch motivierte oder beliebige individuelle Unter und Obergrenzen aushandeln zu ssen. Das Eintreten von roten Nasen, Rotz und ähnlichem, blauen Fingern, Zehen bis hin zum Erstarren
gewisser rperteile könnte als Leitfaden in besagter Reihenfolge auch helfen. Stellt sich nur die Frage: wie stark muss eine Nase rinnen, wieviele
Packungen verrotzter Taschentücher
ssen als Beweis vorgelegt
werden, damit der Gebrauch von Schals legitimiert ist? Als Indizien bei frösteln muss auch genauer hingeschaut werden: reicht ein blauer Zehe oder Finger aus, oder ssen es schon mehr sein? Habe heute dazu noch einen sehr wichtigen Hinweis von anderen besorgten rgerInnen erhalten: solange sich an der Nasenspitze kein Eis bildet, sei ein Schal strikt zu unterlassen.
Der 28jährigen Psychologin Nora Först in Wien wurde das neue Gesetz bereits vor Eintritt des Winters zum Verhängnis. Die launen- und witterungsabhängige Regelung, die den VollzugsbeamtInnen einen Spielraum einumt, um mit „Fingerspitzengefühl“, d.h. in Samthandschuhen, in der jeweiligen Situation und nach persönlicher Willkür zu entscheiden, bietet fairerweise auch Betroffenen diese Option. Plausible Erläuterungen unter Heranziehung physikalischer und mathematischer Naturgesetze könnten das Gesetz sogar zu Fall bringen, wie in der Causa Först. Sie argumentierte wie folgt: „Ich habe auf mein Handy geschaut, und wenn ich nach unten schaue, sind mein Mund und meine Nase natürlich im Schal, schildert die 28hrige im Wien heute“-Interview. Wenn ich allerdings hochschaue, sieht man mein Gesicht“. Das habe sie den Beamten auch gesagt. Zitat Ende.



Folglich gelangt man zum einzig logischen
Schluss: das Bedienen eines Handys oder eines anderen Geräts ist während dem Tragen eines Schals zu unterlassen. Es sei denn, man bedenkt den notwendigen Winkel bei der Beugung zwischen Nase, Schal und Handy. Wenn dieser bei der Sichtung von PolizistInnen kleiner ist als die Hypothenuse zum Beamten, empfiehlt es sich eine zackige Bewegung zwecks Aufrichtung und Augenhöhe zu machen, das Handy
direkt vor die Nase, die eigene versteht sich, zu halten und Beamten über dieses Recht freundlich aufzuklären.

Um das Brainstorming zum Ausmaß dieses nebulösen Gesetzes etwas zu erleichtern und eine breite Öffentlichkeit mit einzubeziehen, schlage ich die 
Bildung von Arbeitsgruppen aus der Zivilgesellschaft und dem öffentlichen Dienst vor, denen unbedingt folgende VertreterInnen angeren sollten: Bundessprecher/in der Maskottchenvereinigung, BundesmeisterIn des Ninja Sportvereins, Bundesvorsitzende/r der Bettellobby, BundesleiterIn der Elternvereinigung, Bundesvertretung des Vereins Kinder helfen Erwachsenen, führende Unternehmen von Spielwaren, renommierte Persönlichkeiten der Modeindustrie bezüglich Haut-Haare-Piercing, Ärztekammer, PatientInnenanwaltschaft, Die Roten Nasen, Hirnspezialisten der Universit Wien, Seelenklempner mit Expertise in Sachen
Regierungstraumatisierung, KinderpsychiaterInnen und FreudianerInnen, die Niqab tragende saudische Botschafterin
 in Wien zwecks Nichtabschreckung von superreichen Touristinnen aus dem arabischen Raum, der Tourismusverband Österreich und Niqab Trägerinnen, deren Teilnahme problemlos gesetzlich erzwungen werden könnte, die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreich, Nora Först, Conchita Wurst und natürlich auch die Freunde
und Helfer des Volkes. r die bundesweite Spendenaktion sind entsprechend die größten Hilfsorganisationen einzuladen wie die Gesellschaft der österreichischen SteuerzahlerInnen, Caritas,
Rotes Kreuz, Roter Halbmond
und Licht ins Dunkel, damit etwas Licht ins Dunkel der Gehirnzellen gelangt.
Es gibt noch viele offene Fragen,
sagt der Hausverstand. Um den Kollateralschaden einzudämmen, bitte ich Sie, werte VertreterInnen des Volkes, um detaillierte und dem durchschnittlichen
IQ unser aller entsprechender Klauseln. Meine Anfrage gilt in Folge natürlich auch an PolitikerInnen in anderen ndern, die ein ähnliches Gesetz der rgerlichen
Unfreiheit in
 Erwägung
 ziehen.  Bitte
 entschleiern
 Sie  indessen  Politik und Parteimitglieder
 im  Sinne
österreichischer  Werte“,   laut
 Informationsblatt zum   Gesetzestext,
 wie  
Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit, Rechtsstaat und Demokratie.
Zeigen wir alle gemeinsam ein menschliches Gesicht und überwinden wir Barrieren in unseren Köpfen. Das ist DER Schlüssel zur sozialen Interaktion und zu einer WIR Gesellschaft.
Bilder von ProMosaik zum Nachdenken.