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Palästina, verdammt in alle Ewigkeit?

von Evelyn Hecht-Galinski, Sicht
vom Hochblauen, 6. September 2017.
Was sich am vergangenen Sonntag
beim sogenannten „Kanzler-Duell“, zwischen CDU-Kanzlerin und SPD-Herausforderer
Schulz abspielte, macht mich fassungslos. Da hat sich doch tatsächlich der SPD-
Herausforderer an Türken und an Palästinensern „abgearbeitet“.
Schulz werde, sollte er Kanzler
werden (was hoffentlich nicht geschehen wird!) für ein Ende der
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eintreten. Weiß Schulz als ehemaliger
EU-Parlamentspräsident denn nicht, dass diese sogenannten
Beitrittsverhandlungen eine Fata Morgana war, ebenso wie die sogenannten
Friedensverhandlungen zwischen dem „Jüdischen Staat“ und den Palästinensern?
Was also hat Schulz dazu angetrieben, sich als Hardliner zu geben? Meint er
wirklich, damit noch ganz rechte und ganz linke Stimmen dazu zu bekommen? Klar,
dass dieser an Selbstüberschätzung leidende „trockene Alkoholiker“ und
ehemalige Buchhändler aus Würselen verzweifelt versuchte, sein Image
aufzumöbeln, um doch noch ein paar Prozentpunkte mehr herauszuholen als in dem
vorausgesagten katastrophalen Umfrageergebnis.
Ganz unerträglich und für mich
unwählbar wurde dieser SPD-Kandidat allerdings mit seiner Aussage zu jungen
palästinensischen Männern. Auf die Frage von Maybritt Illner (ZDF), die von
Merkel wissen wollte, ob der „Islam zu Deutschland gehöre“, verteidigte Merkel
ihre Aussage zwar mit dem Zusatz „verfassungskonform“, forderte aber, dass sich
die islamischen Geistlichen stärker von „islamistischem Terror“ abgrenzen
sollten.
Diese Forderung hätte ich mir
allerdings von der deutschen Kanzlerin auch einmal gegenüber den
„jüdisch-zionistischen Besatzerfreunden“ in Deutschland gewünscht, die sich ja
immer wieder mit dem „judaistischen Staatsterror-Besatzer-Regime“
solidarisieren. Da würde ich ihr die Frage stellen: wie lässt sich dieser
Angriff auf die Menschenwürde mit unserem Grundgesetz und dem Absatz 1 der
Verfassung vereinbaren? Darin steht nämlich:
Absatz 1: „Die Würde des Menschen
ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller
staatlichen Gewalt“.
Absatz 2:“ Das deutsche Volk
bekennt sich darin zu unverletzlichen unveräußerlichen Menschenrechten als
Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit
in der Welt“.
Dass sich deutsche Politiker dazu
bekennen und danach handeln, daran habe ich schon lange meine Zweifel,
besonders auch nach diesem äußerst fragwürdigen Fernseh-Duell, das zudem noch
als „Zwangs-Programm“ diverser TV-Sender verordnet wurde. Doch blieb uns
ja noch der Abschaltknopf!
Meine Frage ist also, wie sich
dieser deutsche oberste Verfassungsgrundsatz, mit dem voranschreitenden,
schleichenden Versuch der Aushöhlung vieler Grundrechte vereinbaren lässt? Das
gilt für fragwürdige Abschiebungen, Lauschangriffe, neuartige
Gesichtserkennungs-Scanner, Einschränkungen von Demonstrationsrechten,
Beschneidung der Versammlungsfreiheit, Aussperrungen und Abrieglungen bei
Staatsbesuchen und Gipfeln, die allein dazu dienen, sich selbst zu feiern und
das Volk wie ein Hund an der Leine mit dem Slogan „ihr müsst draußen bleiben“
auszusperren.
Wie ist das mit den mehr als
fragwürdigen Waffenlieferungen auch in Krisengebiete, sowie der immer stärker
werdenden Zusammenarbeit mit Diktatoren und Terror-Regimen, also der
„Israelisierung“ Deutschlands?
Da komme ich allerdings auf meine
Hauptfrage: Wie lässt sich der Verfassungsgrundsatz mit dem zusätzlichen Passus
als Teil der „deutschen Staatsräson“ für „Israels Sicherheit“ vereinbaren, den
beide Kandidaten verteidigten und unterstützen.
Was ich besonders kritisiere und
als eine Unverschämtheit von Herausforderer Schulz empfand war, als er von
einem „tiefen Antisemitismus“ junger palästinensischer Männer sprach, denen es
eben zu sagen gelte, dass dieser Schutz Israels Teil deutscher Staatsräson sei.
Ich halte das für eine völlig
unnötige Entgleisung dieses Kandidaten, dem es besser angestanden hätte, sich
hinter die bedrohten, besetzten und entrechteten, dem nunmehr jahrzehntelangen
(!) jüdischen Staatsterror ausgesetzten Palästinenser zu stellen. Diese
Verpflichtung gegenüber Palästina und den Palästinensern muss doch endlich
einmal auf der Agenda eines ehemaligen SPD-Europapolitikers stehen. Statt
dessen hat er eine Volksgruppe – unter Besatzung – beleidigt. Ich frage mich ob
Schulz wohl von Vertretern des Zentralrats der Juden oder der israelischen
Botschaft „gecoacht“ worden war?
Sowieso habe ich diesen damaligen
EU-Parlamentspräsidenten Schulz noch in unguter Erinnerung, als ich am 25.
Februar 2014 von einem Freund, SPD-Mitglied (noch!) und engagierten Kämpfer für
die Freiheit Palästinas, zur Eröffnung der Nakba-Ausstellung ins Straßburger
Parlament eingeladen wurde. Dort erfuhr ich, dass Schulz sich geweigert hatte,
diese wichtige und sehenswerte Ausstellung über die Flucht und Vertreibung der
Palästinenser 1948 zu eröffnen, geschweige denn sie mit einem „2-minütigen“
Besuch zu beehren.
Soviel zur „Solidarität“ der
Fraktion der Sozialisten und Sozialdemokraten im EU-Parlament für das besetzte
Palästina. Wieder einmal scheint mir der alte, etwas abgewandelte Spruch an die
Sozialdemokraten gerichtet, zu passen: „Wer hat die Palästinenser verraten: die
Sozialdemokraten“!
Die Nakba-Ausstellung wurde
übrigens durch die Liberale Alde Fraktion ermöglicht, obwohl deren liberales
Mitglied, Graf Lambsdorff, Vizepräsident des Europaparlaments, ein „erklärter
und bedingungsloser“ Israel-Freund ist.
Schulz hat sich mit seiner in
meinen Augen mehr als eines Kanzlerkandidaten unwürdigen Diffamierung gegenüber
einer Gruppe von Menschen als Kanzler disqualifiziert!
Kanzlerin Merkel, zu deren
Unterstützern ich gewiss nicht gehöre, hätte sich einen derartigen Flop, diese
Unverschämtheit, allerdings nicht geleistet. Ungefragt auf Kosten der
Schwächsten, der Palästinenser, vom „Jüdischen Staat“ Unterdrückten, besetzten,
ihrer Rechte und Eigenstaatlichkeit beraubt, Stimmen zu erheischen.
Schulz allerdings hat ungefragt
und ohne Not eine Diffamierung begonnen, die ihn sicher weder für
Palästinenser, für Palästina-Unterstützer, noch für viele türkische Wähler als
wählbare Alternative attraktiv macht.
Was von den grünen, linken und
liberalen Kollegen in puncto Palästina zu erwarten ist, sieht allerdings auch
nicht verheißungsvoller aus und lässt mich mit Ratlosigkeit an der Wahlurne
zurück.
Allerdings rieb ich mir
verwundert die Augen, dass es kritiklos und von Medien unterstützt hingenommen
wurde, dass sich das „Zentralorgan“ des Zentralrats der Juden, die
Jüdische Allgemeine, und die Jerusalem Post in den deutschen Wahlkampf
einmischten und „radikale Palästinenser“ auf Listen der
Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) kritisierten, und in
deren Schlepptau natürlich auch wieder der philosemitische Grüne Volker Beck.
Volker Beck fragte sogar, warum
die PFLP nicht verboten sei. Die Kandidaten gehören zur Volksfront für die
Befreiung Palästinas, die zwar auf der Terrorliste der EU steht, (auf Betreiben
Israels?) aber in Deutschland (glücklicherweise und zu Recht NICHT VERBOTEN
ist!) Diese MLPD hat eine Liste mit Kandidaten der PFLP, diese nimmt aber nicht
eigenständig an der Wahl teil, sondern die MLPD hat Kandidaten aus mindestens
zehn Nationalitäten auf der Liste vertreten und ist meines Wissens die EINZIGE
Partei in Deutschland, die sich für die Freiheit Palästinas einsetzt und das
auch in ihrem Wahlprogramm vertritt.(1)
In der Zwischenzeit schreiten
fast unbeachtet von deutscher Politik und Öffentlichkeit die immer schlimmer
werdenden judaistischen Repressalien des Netanjahu-Regimes gegen Palästinenser
und Palästina weiter voran. Da zelebriert Netanjahu die Feierlichkeiten zu 50
Jahre Besatzung Palästinas auf gestohlenem palästinensischem Land in der
judaistischen illegalen Siedlung und versichert deren illegalen Bewohnern, dass
sie gekommen seien, um für immer zu bleiben. Und er versprach außerdem, dass
unter ihm keine einzige Siedlung geräumt werde, und dass Jerusalem die für ewig
ungeteilte Hauptstadt des „Jüdischen Staates“ bleibt und machte gleich nach
seiner Rückkehr nach Jerusalem weitere Millionen für neue Siedlungen im illegal
besetzten Palästina locker! (2)
Da greift die israelische
Hardcore-Zionistin und Besatzungs-Unterstützerin, die israelische
Justizministerin Ayelet Shaked, die Richterschaft an und verkündet, dass „der
Zionismus nicht weiter seinen Kopf beugen würde“ vor einem universalen System
der individuellen Rechte. Sie kündigte das von ihrer Partei, dem Likud, und das
von Netanjahu unterstützte und in erster Lesung durch das Parlament angenommene
neue Grundgesetz an, das Israel als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“
definiert, als eine „moralische und politische Revolution“. Dieser
Gesetzentwurf lässt ausschließlich Juden für Juden ein „Recht auf nationale
Selbstbestimmung“ gelten und stuft z.B. das Arabische von einer offiziellen
Sprache zu einer Sprache mit speziellem Status herunter.
Was das für die mehr als 20%
Nichtjuden, hauptsächlich Palästinenser mit israelischem Pass, Beduinen, deren
Vertreibung momentan gerade wieder in ungeahnte Höhen steigt, und die wenigen
verbliebenen Christen im „Heiligen Besatzerland“ bedeutet!
Wer es bis jetzt noch nicht
wahrhaben wollte, dass der „Jüdische Staat“ ein Apartheidstaat ist, möge jetzt
endlich eines Besseren belehrt sein und endlich die Boykottmaßnahmen der
BDS-Kampagne unterstützen!
Gerade wegen der deutschen
Vergangenheit dürfen wir nicht die Augen verschließen, wenn Unrecht geschieht
und diese sogenannte „einzige“ Demokratie im Nahen Osten, die Ethnokratie
„Jüdischer Staat“ auf Teufel komm raus, Land raubt, besetzt und ethnisch
säubert und rassistisch judaisiert. Von deutschen Politikern ALLER Parteien
hatte ich anderes(!) erwartet: 50 Jahre nach Beginn der zweiten Besatzung und
69 Jahre nach Gründung des „Jüdischen Staates“ auf Kosten der Vertreibung und
einmaligen Besatzung eines Volkes, gegen  dieses Unrecht  zu
schweigen sind genug!
Also appelliere ich an deutsche
Politiker und Wähler, darüber nachzudenken, wie lange dieser illegale und
unhaltbare Zustand mit deutscher Hilfe denn noch weitergehen soll.
Palästina, verdammt in alle
Ewigkeit?