General

Die Katar-Krise: Saudi-Arabien, Trump und der Krieg gegen den Iran

von Jakob Reimann, Justice Now, 12. Juni 2017.


Nein, es geht nicht um die Unterstützung von Terrorismus.
Die massive Blockade Katars hat nichts mit der Unterstützung von Terroristen zu tun. Das selbstbewusst agierende Katar ist ein Bauernopfer im Kampf Saudi-Arabiens gegen den Erzfeind Iran. Die von US-Präsident Trump mitausgelöste Krise könnte sich zum nächsten Krieg im Nahen Osten ausweiten – was in jedem Fall verhindert werden muss.
Bereits im März 2014 beschuldigte der irakische Ministerpräsident al-Maliki Saudi-Arabien und Katar, den Islamischen Staat zu unterstützen. Mittlerweile ist es wohldokumentiert, dass „unsere“ arabischen Alliierten im „Kampf gegen den Terror“ die Terroristen finanzieren, die wir im Anschluss dann bekämpfen. Es erschien zunächst wie ein makabrer Witz, als vor wenigen Tagen der eine Terrorunterstützer – Saudi-Arabien – mit dem anderen Terrorunterstützer – Katar – einen diplomatischen Faustkampf vom Zaun brach, der Vorwurf: Terrorunterstützung. Ausgerechnet Saudi-Arabien – das Land also, das die renommierte Financial Action Task Force als das Land identifizierte, das die mit Abstand meisten Fälle von Terrorfinanzierung für sich verbuchen konnte (gefolgt übrigens von den NATO-Staaten USA und Türkei).
Bei der gegenwärtigen Katar-Krise geht es natürlich nicht um Terrorunterstützung, es geht – wie letztendlich jede saudische Außenpolitik – um die Bekämpfung des regionalen Erzfeinds der Saudis: den Iran.
Die Blockade Katars – und Donald Trumps unsägliche Rolle
In einer konzertierten Aktion brachen am vergangenen Montag Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Bahrain, der Jemen und die Malediven ihre diplomatischen Beziehungen zu Katar ab. Ihnen schlossen sich die Komoren, Mauretanien und die international nicht anerkannten Regierungen in Libyen und Somaliland an. Tschad, Dschibuti, Jordanien, Senegal und Niger fuhren ihre diplomatischen Beziehungen herunter.
Die Golfstaaten wiesen katarische Staatsbürger aus, Diplomaten müssen innerhalb von 48 Stunden das Land verlassen. Eine Totalblockade wurde verhängt: Saudi-Arabien schloss die einzige Landgrenze der kleinen Halbinsel Katar. Häfen der Region wurde es untersagt, katarische Schiffe anfahren zu lassen. Der saudische Luftraum wurde für Flüge von Qatar Airways gesperrt. In den VAE drohen Fans vom beliebten FC Barcelona beim Tragen von deren Trikots 15 Jahre Gefängnis (Barca wird von Qatar Airways gesponsert). Außerdem wurde Katar aus der Saudi-geführten Allianz zur Bombardierung des Jemens ausgeschlossen – die einzige positive Folge der Katar-Krise.
Acht Regierungen brachen die diplomatischen Beziehungen zu Katar ab (rot), ebenso die international nicht anerkannten Administrationen in Libyen und Somaliland (rot gestreift). Fünf weitere Staaten haben die Beziehungen heruntergefahren (gelb). Die Beziehungen zwischen Iran und Katar (grün) verstärken sich im Zuge der Krise. By Jakob Reimann, JusticeNow!, licensed under CC BY-ND 2.0.

Die Begründung für diese historisch präzedenzlose Blockade ist Katars vermeintliche Unterstützung von Terrorgruppen, „einschließlich der Muslimbrüder, Daesh (ISIS) und Al-Qaida“ sowie iranische Milizen.
Die katarische Regierung wies alle Vorwürfe zurück, sprach von einer „Lügenkampagne“, von „Bevormundung“ und „Verletzung seiner Souveränität“. Auf einer Pressekonferenz mit dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel verurteilte der katarische Außenminister die Blockade seines Landes als „klare Verletzung des humanitären Völkerrechts“, während Gabriel erklärte, er sei „alarmiert über die Eskalation der Lage“. Amnesty International beklagt die „brutalen Auswirkungen“ der Blockade, es käme zu massiven Menschenrechtsverletzungen, „Familien werden auseinandergerissen“.
Während Donald Trump sich im Wahlkampf noch in extremer Hetze gegen Saudi-Arabien erging, war Riad Ende Mai schließlich Ziel seiner ersten Auslandsreise. Trump hielt seine berühmte Redevor Dutzenden Führern mehrheitlich islamischer Staaten und stimmte diese auf den Kampf gegen den heraufbeschworenen gemeinsamen Feind ein: Iran.
Nebenbei schloss Trump mit Saudi-Arabien den größten Rüstungsdeal in der Geschichte der USA ab – bis zu 380 Milliarden Dollar in der nächsten Dekade.