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VERSCHÄRFUNG DER AUSREISEPFLICHT Flüchtlingskindern droht „Zwei-Klassen-Asylsystem“

Von Dirk Baas,
MiGAZIN, 27. April 2017.  Die
Bundesländer sollen einem Gesetzesplan zufolge Flüchtlinge ohne
Bleibeperspektive dauerhaft zum Wohnen in Flüchtlingsunter-künften verpflichten
können. Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schlägt Alarm und
warnt vor gravierenden Folgen.
Der Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hat das geplante
Gesetz zur Verschärfung der Ausreisepflicht scharf kritisiert. Dass die
Bundesländer künftig neu ankommende Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive
dauerhaft zum Wohnen in Erstaufnahmeeinrichtungen verpflichten könnten, habe
gravierende Folgen für die betroffenen Kinder, sagte Projektleiter Adam Naber
dem Evangelischen Pressedienst. Durch die Unterscheidung nach guter
oder schlechter Bleibeperspektive je nach Herkunftsland entstehe ein
„Zwei-Klassen-Asylsystem“.

Naber zufolge
werde künftig unterschieden zwischen denen, die bleiben werden, und denen, die
gehen sollen. Die Begriffe „gute“ und „schlechte Bleibeperspektive“ seien nicht
nur für die Entscheidung im Asylverfahren zentral, sondern beeinflussten
maßgeblich den Alltag der Menschen: „Die Ungleichbehandlung von und unter
geflüchteten Kindern setzt sich mit diesem Gesetz weiter fort.“
Am Donnerstag
entscheidet der Bundestag abschließend darüber, ob die Bundesländer neu
ankommende Asylsuchende verpflichten können, für einen bestimmten Zeitraum in
einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Bei guter Bleibeperspektive werden sie
auf die Kommunen verteilt. Alle anderen sollen dort dauerhaft bleiben. Das
bringe „rechtliche Einschränkungen mit sich und habe weitreichende Folgen für
das Wohlergehen von Minderjährigen“, kritisierte Naber.
Sechs Quadratmeter pro Person
Über die Wohn-
und Lebensbedingungen in den Sammelunterkünften hat der Bundesverband
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge die Studie „Kindheit im Wartezustand“ im
Auftrag von Unicef Deutschland erstellt. Bundesweit wurden 447 Mitarbeiter in
Flüchtlingsheimen befragt und Interviews mit 18 geflüchteten Familien geführt.
Das Ergebnis: Es gebe zunehmend Kinder und Jugendliche, die keine Regelschulen
besuchen dürfen, und zu viele Minderjährige müssten in Unterkünften leben, die
nicht kindgerecht sind.
Die Hälfte der Befragten gab an, dass pro Person nur sechs Quadratmeter
Wohnraum zur Verfügung stehen. 39 Prozent der Familien sind nicht in
abschließbaren Wohneinheiten untergebracht. Diese Wohnbedingungen stellen aus
Sicht des Bundesverbandes eine enorme Belastung für Kinder und Eltern dar, denn
ihnen bleibe ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit verwehrt. (epd/mig)