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Textilfabrik in Myanmar: Auch Jugendliche unter 15 Jahren erhalten einen Job Textilindustrie: Noch billiger geht immer


von Infosperber 22. Feb 2017 – Billiger
als China, Thailand oder Indonesien. Die Nähfabriken ziehen jetzt nach Myanmar
– mit noch mieseren Arbeitsbedingungen.

 © Martje Theuws/SOMO

Stickige Fabrikhallen, Schikanen
durch Vorgesetzte, Überstunden bis zum Umfallen und ein Hungerlohn, der kaum
zum Leben reicht: Die Arbeitsbedingungen von Näherinnen und Arbeitern, die in
Asien Kleider für westliche Mode-Labels herstellen, bleiben miserabel. Seit
Jahren gelobt die Modebranche Besserung – doch die Ausbeutung geht weiter.
Mit dem Leidensdruck wachsen auch
die Proteste. In Kambodscha und Bangladesch demonstrierten Zehntausende
Textilarbeiter für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Aber die
Branche ist flexibel. Gibt eine Regierung dem Druck nach und erhöht den
gesetzlichen Mindestlohn, ziehen die Textilfabriken einfach ins nächste arme
Land, wo die Produktionskosten noch tiefer sind. Zum Beispiel nach Myanmar.
Das neue Bangladesch
Das ehemalige Burma könnte schon
bald die neue Top-Adresse für billige Kleiderproduktion sein. Seit der
politischen und wirtschaftlichen Öffnung des Landes lassen immer mehr
Hersteller und Zulieferer in Myanmar produzieren, darunter auch namhafte
europäische Unternehmen wie H&M, C&A, Aldi, Tchibo, Primark, Jack Wolfskin
und GAP.
In der Branche gilt das Land
bereits als «das neue Bangladesch» – auch was die unmenschlichen
Arbeitsbedingungen angeht. Dumpinglöhne, massive Überstunden, mangelnder
Gesundheitsschutz und Kinderarbeit sind in den burmesischen Nähfabriken keine
Ausnahme. Das dokumentiert ein aktueller Bericht des
niederländischen «Centre for Research on Multinational Corporations» (SOMO).
Das kurze Video gibt Einblick in
den Arbeitsalltag von burmesischen Textilarbeiterinnen. (Quelle: YouTube/SOMO)
Gemeinsam mit lokalen
Menschenrechtsorganisationen hat SOMO zwölf Textilbetriebe überprüft und rund
400 Beschäftigte befragt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Alle zwölf untersuchten
Fabriken beschäftigten laut Bericht Minderjährige, darunter auch Jugendliche,
die noch keine 15 Jahre alt waren, als sie eingestellt wurden. Die Frauen und
Männer arbeiten in der Regel bis zu elf Stunden an sechs Tagen, trotzdem reicht
das Einkommen kaum zum Überleben. Die Textilbetriebe zahlten laut der Studie
meist nicht mehr als den gesetzlichen Mindestlohn, der in Myanmar bei Fr. 2,64
am Tag liegt. Überstunden werden meist nicht entlohnt.
Fast die Hälfte der Angestellten
hat keinen Arbeitsvertrag oder sie wissen nicht, wie lange ihr Vertrag gültig
ist. Arbeiter haben kaum Möglichkeiten, sich gegen Missstände zu wehren, denn
Gewerkschaften sind in Myanmar erst seit 2012 erlaubt und noch sehr schwach.
Seit Jahren nur billige Ausreden
Schon im Dezember 2015 hat die
Entwicklungsorganisation Oxfam grobe Missstände bei 22 Textilherstellern im
Raum Yangon aufgedeckt und publik gemacht.
Geändert hat sich seither nichts. Der aktuelle SOMO-Bericht bestätigt die
Oxfam-Recherchen und macht einmal mehr deutlich: Die Modekonzerne im Westen
entziehen sich ihrer Verantwortung. Stattdessen bemüht die Branche seit Jahren immer dieselben Ausreden,
wenn über die miserablen Arbeitsbedingungen in den Kleiderfabriken Südostasiens
berichtet wird.
Man halte sich an die lokalen
Gesetze, heisst es etwa, und ihre Hersteller würden die Mindestlöhne zahlen.
Doch damit ist es nicht getan. Die gesetzlichen Mindestlöhne sind in den
allermeisten Ländern weit unter dem Existenzminimum. Solange die Konzerne nicht
bereit sind, den Arbeiterinnen in den Textilfabriken existenzsichernde Löhne
zu zahlen, beruhigen die oft zitierten firmeneigenen «hohen ethischen und
sozialen Standards» und die geschönten Nachhaltigkeitsberichte bestenfalls das
Gewissen der Aktionäre.
Es genügt auch nicht, dass «alle
Produzenten und Zulieferer gemäss Vertrag verpflichtet werden, bestimmte
Umwelt- und Arbeitsstandards der Auftraggeber einzuhalten». Damit das kein
leeres Versprechen bleibt, braucht es umfassende Umsetzungs- und scharfe
Kontrollmassnahmen bis tief in die Betriebe der Subunternehmer. Und: Die
Modekonzerne müssten schnell und hart sanktionieren, wenn Mängel auftreten.
Auch daran hapert es bis heute.