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Die Holländer sind glücklich – und lassen sich dennoch vom Umsturz locken

von Thomas Kirchner, SZ, 20-2-2017

Nach
einer längeren Rezession geht es in den Niederlanden wirtschaftlich
bergauf: Die Konjunktur brummt, die Arbeitslosigkeit sinkt.

Trotzdem könnten die Rechtspopulisten um Geert Wilders bei der anstehenden Wahl stärkste Kraft werden.
Das Problem ist offenbar, dass die Menschen zwar persönlich glücklich sind, die Gesellschaft insgesamt aber im Niedergang sehen.



Kann es eigentlich
besser laufen für eine Regierung? Die Konjunkturdaten, die vergangene
Woche in den Niederlanden veröffentlicht wurden, einen Monat vor der
Parlamentswahl, sind formidabel. Im vergangenen Jahr wuchs die
Wirtschaftsleistung um 2,1 Prozent, das ist der höchste Wert seit neun
Jahren und deutlich besser als in Frankreich und Deutschland. Im vierten
Quartal ging es sogar 2,3 Prozent nach oben. Die Arbeitslosenquote sank
von 5,8 auf 5,5 Prozent, die Exporte stiegen, das Vertrauen der
Verbraucher ist groß wie lange nicht, sie geben wieder mehr Geld aus. Im
kommenden Jahr ist mit einem ausgeglichenen Haushalt zu rechnen,
vermutlich werden alle Maastricht-Kriterien eingehalten.



Von “stabilem
Wachstum” sprach Wirtschaftsminister Henk Kamp, ohne zu triumphieren.
“Jetzt geht es uns besser als unseren Nachbarn”, sagte er. “Wir mussten
aber auch viel aufholen.” Das stimmt, die Niederlande waren nach der
Finanzkrise 2008 in das tiefe Loch einer mehrjährigen Rezession
gefallen. Je nach Sichtweise haben sie sich dank oder trotz kräftiger
Kürzungen, vor allem im Sozial- und Kulturbereich, wieder nach oben
gearbeitet. Die amtierende Koalition der rechtsliberalen VVD von
Ministerpräsident Mark Rutte mit den Sozialdemokraten kann sich das als
Erfolg anrechnen.

Ein Volk im “Glücksparadox”