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ALS EIN (BELIEBTER) PRÄSIDENT KEINE FLÜCHTLINGE INS LAND LIESS Ausgerechnet Franklin D. Roosevelt wies 1939 verfolgte Juden ab

von Islamiq, 29. Januar 2017. Die Empörung gegen US-Präsident Trump, der vorerst keine Flüchtlinge mehr ins Land lässt, ist groß. Dabei ist seine strenge Einwanderungspolitik kein Einzelfall in der US-Geschichte. Auch der beliebte Präsident Roosevelt nahm Flüchtlinge, Juden die aus Nazi-Deutschland flohen, nicht in das Land auf.



Die rigiden Einreisebeschränkungen von US-Präsident Donald Trumps gegen Muslime stoßen weltweit auf Empörung. Ein Novum sind sie allerdings nicht. Mehrmals in der US-Geschichte empfing das Land of the Free Migranten und Flüchtlinge auf der Flucht vor Not und Verfolgung nicht mit offenen Armen, sondern ließ sie vor verschlossenen Türen. Der berühmteste Fall einer Ablehnung von Menschen, die ihre Hoffnungen auf ein Leben – und ein Überleben – in den USA setzten, geschah ausgerechnet in der Amtszeit eines bei den damaligen Medien und heutigen Historikern als Sinnbild des liberalen Amerika gefeierten und beliebten Präsidenten. Es war Franklin D. Roosevelt, der – von 1933 bis 1945 im Weißen Haus – die USA aus der Depression und durch den Zweiten Weltkrieg führte. Kurz vor Ausbruch des Krieges 1939 ging ein Name durch die Weltnachrichten: der Dampfer St. Louis.
Schröder verhandelte mit den kubanischen Behörden, doch deren Forderung nach einer zusätzlichen Visagebühr von 500 Dollar pro Person war für viele Flüchtlinge unerfüllbar. Die Aufregung an Bord war groß; ein Passagier starb an einem Herzinfarkt (und wurde auf See bestattet), zwei andere unternahmen Selbstmordversuche.Das in Hamburg registrierte Passagierschiff St. Louis verließ am 13. Mai die Hansestadt mit 937 Passagieren, davon 930 Juden, die Nazideutschland sozusagen in letzter Minute verlassen wollten. Es wurde eine Odyssee, die später Stoff für Literaten wie Regisseure lieferte. Ziel des Schiffes war Kuba. Dort jedoch verweigerten die Behörden den Passagieren die Einreise. Der Kapitän der St. Louis, Gustav Schröder, war alles andere als ein Nazi. Er sorgte dafür, dass an Bord jüdische Gottesdienste abgehalten werden konnten, und forderte die Mannschaft auf, die Passagiere ebenso zuvorkommend zu behandeln, wie es von ihnen im Umgang mit nicht-jüdischen Reisenden erwartet wurde.
Die St. Louis verließ am 6. Juni kubanische Gewässer, Schröder steuerte das Schiff entlang der Küste Floridas gen Norden – einen der amerikanischen Häfen anzulaufen, wurde ihm indes von amerikanischen Behörden verweigert. Die Irrfahrt der St. Louis und das ungewisse Schicksal ihrer Passagiere machten inzwischen Schlagzeilen in der amerikanischen Presse, füllten Leserbrief- wie Kommentarseiten.
Jüdische und humanitäre Organisationen appellierten an Roosevelt, einzugreifen und den Passagieren Asyl in den USA zu geben. Doch der demokratische Präsident schwieg wie eine Sphinx – mit der er sich später in anderem Zusammenhang einmal verglich. Seine späteren Biografen, fast alle von tiefer Verehrung für FDR erfüllt, betonten gern, der Präsident habe große Sympathien für die Flüchtlinge gehabt, aber gegen die isolationistische Stimmung im Land und gegen das strikt ablehende Außenministerium habe er sich nicht durchsetzen können. Das Problem jüdischer Flüchtlinge gedachte Washington den Europäern zu überlassen.
Ungeachtet aller Proteste und Appelle durfte die St.Louis in keinem amerikanischen Hafen anlegen. Das Schiff nahm Kurs zurück nach Europa. Schröder, dem bewusst war, welche Gefahren seinen jetzt in der Weltpresse so prominenten Passagieren bei einer Rückkehr nach Nazideutschland drohten, dachte laut über den Plan nach, das Schiff vor der englischen Küste auf Grund zu setzen und die Briten damit zu zwingen, die Passagiere als Schiffbrüchige ins Land zu lassen. So weit kam es nicht. Über diplomatische Kanäle bemühte sich die amerikanische Regierung nun, mehrere europäische Länder zur Aufnahme der Flüchtlinge zu überreden. Das Schiff konnte am 17. Juni, fünf Wochen nach Beginn seiner Reise, im Hafen von Antwerpen andocken.
Großbritannien nahm schließlich 288 Passagiere auf, Frankreich 224, Belgien 214 und die Niederlande 181. Die Flüchtlinge schienen sicher. Ein Jahr später wurden drei dieser Länder von der Wehrmacht überrannt. Forschungen des U.S.National Holocaust Museum in Washington haben ergeben, dass wahrscheinlich 254 der St.Louis-Passagiere später dem Holocaust zum Opfer fielen. (KNA, iQ)