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Sabine Kroesen aus Wien: für einen positiven, gewaltfreien Journalismus

von Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei mein Interview mit der Friedensaktivistin aus Wien Sabine Kroesen des deutschsprachigen Teams von Pressenza. In diesem Interview habe ich vor allem das Ziel verfolgt, auf die Bedeutung der alternativen Medien für den Frieden und die Menschenrechte zu fokussieren. Positive Themen müssen mehr in die Medien, um Menschen davon zu überzeugen, dass Fremd nicht gleich Schlecht bedeutet und dass Flüchtlinge und Ausländer Menschen sind wie wir, weil wir alle nur zu einzigen Familie der Menschheit gehören. In dieser Perspektive werden Migration und Flüchlingsbewegungen zur einer wichtigen Chance für das menschliche und diverse Wachstum unserer Gesellschaften. Akzeptanz und nicht militärische Macht sind die richtige Antwort auf Menschen, die Schutz bei uns suchen.



Milena Rampoldi: Welche
Hauptthemen gehen Sie in Ihren Artikeln an?
Sabine Kroesen: Ich bewege mich vor allem in den Themen Frieden, Abrüstung,
Flüchtlinge, Berichte/Interviews über Menschen, die in diesem Thema aktiv sind
oder über ihr Erlebtes berichten wollen. In meiner Umgebung gibt es so viele
Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Fremden, auch in der eigenen Familie.
Ich möchte einen Beitrag leisten, dass die Menschen sich mit diesem „Fremden“
konfrontieren.  Dass sie verstehen, dass
diese Meinungen, Bilder, Realitäten und Vorurteile in ihrem Kopf sind,
produziert auf der einen Seite durch Manipulation, aber auch durch die eigene
Unsicherheit, Angst vor der Zukunft noch bestärkt wird.
Milena Rampoldi: Wie wichtig
ist der Journalismus für die Menschenrechte gerade heute in Österreich?
Sabine Kroesen: Mir fällt immer wieder auf wie viele mit Absicht
manipulierte Nachrichten im Umlauf sind. Wie ich schon sagte, das kann ich am
besten in meiner Familie und Umgebung feststellen. Ich habe vor kurzem meine
Schwester zum Peace Heroes Walk Vienna mitgenommen. Sie kommt aus einer
Kleinstadt und die Menschen dort haben eher eine Mainstream-Meinung, die sie
aus der Tageszeitung bekommen (Moslems sind Terroristen, Ausländer sind Schuld
an…… etc.). Als wir dort waren haben wir festgestellt, dass es vor allem
Nichtösterreicher waren, die zu diesem Peace Heroes Walk gekommen sind, während
die Österreicher überwiegend shoppen waren.
Es waren vor allem Menschen aus Pakistan und Afghanistan
dort. Das zeigt eine andere Seite. 
Moslems setzen sich für den Frieden ein. Und ich denke es ist wichtig
darüber zu berichten, dass wir viel mehr sind, die den Frieden wollen als
umgekehrt. Und dass es nicht davon abhängig ist aus welchem Land wir kommen
oder ob wir eine Religion haben.
Wie eine liebe Freundin
bereits sagte: We are only one race. A HUMAN RACE.
Journalismus bedeutet eine große Verantwortung. Wir können
einen großen Beitrag leisten, indem wir die Welt von vielen anderen Seiten
zeigen. Zum Beispiel all die vielen Aktivisten, alleine hier in  Wien, die sich für den Frieden einsetzen.

Milena Rampoldi: Was können
wir als Aktivisten tun, um uns der Fremdenfeindlichkeit im Westen zu
widersetzen?
Sabine Kroesen: Es gibt sehr viele Menschen, die sich für den Frieden, die
atomare Abrüstung, die Gewaltfreiheit einsetzen. Ich sehe aber auch immer noch,
dass sich diese Menschen nicht wirklich zusammentun. Jede Gruppe, Organisation
oder Einzelperson arbeitet noch ziemlich isoliert, macht ihre eigenen
Veranstaltungen. Es ist ganz wichtig, dass gerade diese Leute, die dieselbe
Vorstellung einer gewaltfreien Welt teilen, sich zusammentun und vernetzen.
Denn wir, die den Frieden wollen, sind viele. Auch hier funktioniert die
Manipulation. Die Massenmedien vermitteln uns eine Realität, dass die Welt
voller Gewalt, Diskriminierung und Kriege ist. 
Ich habe immer festgestellt, dass Fremdenfeindlichkeit oft
da ist, wenn die Menschen isoliert sind und nicht erkennen, dass Vielfalt eine
Bereicherung ist. Als ich vor kurzem in Berlin beim  Friedenskongress war, dachte ich mir wie
schön könnte doch die Welt sein. Es waren viele Menschen aus verschiedenen
Ländern da. In solchen Momenten freust du dich über die Verbundenheit, den
Austausch und denkst nicht darüber nach was dich vom anderen trennt. Ich denke
das ist etwas ganz wichtiges. Aber in der Gesellschaft lernst du von Anfang an
deinen Blick auf das zu richten, was dich vom anderen trennt, was die
Unterschiede sind. Schon in der Schule, der hat bessere Noten, der ist größer
oder schöner, dicker oder dünner als du. Das Gemeinsame zu sehen und nicht was
uns trennt wäre schon ein Anfang.
Milena Rampoldi: Wie können
wir mit unserer Arbeit den Frieden fördern?
Sabine Kroesen: Nachdem ich jetzt über 25 Jahre in den Themen
Nichtdiskriminierung und Gewaltfreiheit aktiv bin, habe ich vor kurzem überrascht
festgestellt, wie viel innere Gewalt ich noch immer mit mir rumtrage und auch
gegen mich selber ausübe. Das wären zum Beispiel die Erwartungen, die ich an
mich stelle, mich für Fehler abzuwerten, der eigene  Blick, den ich von mir habe, die Moral, die
Ressentiments aus der Vergangenheit, Situationen, die einem passiert sind, und
noch so einiges. Das alles erzeugt in mir ein Gefühl von Gewalt. Und das hat
die Konsequenz, dass ich meine Umgebung dann auch nicht besonders gut behandle,
wenn ich nicht darauf achte. Aber das ist ein zu großes Thema. Was ich damit
meine ist, dass man seine eigene innere Gewalt überwinden muss. Den Frieden
fördern bedeutet für mich auch die eigene Gewalt zu entdecken, zu
transformieren, sich mit sich selber zu versöhnen, mit anderen und seine eigenen
persönlichen Erfahrungen anderen weiter zu geben. Friedensarbeit beginnt in
einem selber.
Milena Rampoldi: Wie wichtig
sind Ihrer Meinung nach die Vernetzungen und Kooperationen unter den
alternativen Medien für die Befriedung unserer Welt?
Sabine Kroesen: Für mich hat alles andere auch keinen Sinn. Es ist gerade in
der heutigen Zeit wichtig sich zu vernetzen und nicht isoliert zu arbeiten. Leider
wird in den Medien kaum über solche Vernetzungen und Kooperationen berichtet.
Es scheint so, als ob alles verhindert wird, dass die Leute erfahren, dass es
durchaus vernetzte Gruppen, Medien und Personen gibt. Damit wären wir wieder
bei der Manipulation und der Vermittlung von bestimmten Realitäten.
Milena Rampoldi: Wie wichtig
sind Übersetzungen von Inhalten über Menschenrechte und Friedensarbeit zwecks
Verbreitung humanistischer und pazifistischer Inhalte auch in anderen Kulturen?
Sabine Kroesen: Gerade deshalb finde ich die Arbeit von Pressenza so
wichtig. Wir versuchen so viel wie möglich in 7 Sprachen zu veröffentlichen. Es
ist jeder willkommen mitzuarbeiten, der einen Journalismus für Frieden und
Gewaltfreiheit fördern will.
Außerdem ist es ganz wichtig Informationen zu teilen, aus der
ganzen Welt, von allen Kulturen. Wenn die Leute mehr Informationen hätten was
es alles an positiven Aktivitäten und Projekten in der Welt gibt, hätte das
große Konsequenzen für die Wahrnehmung der Menschen.
Wenn ich eine gängigen Zeitung aufschlage lese ich über:
„wie können wir die Flüchtlinge wieder abschieben, Flüchtlingsobergrenze,
Hinrichtungen in Saudiarabien, IS, Gruselclowns, Raubüberfälle, welcher Promi
sich scheiden lässt. CETA, Gentechnologie
 
usw“. 
Man stelle sich vor welche Realität das bei den Menschen
erzeugt.  Die Medien sind nicht daran
interessiert die Welt zu informieren oder aufzuklären. Differenzierte
Berichterstattung und die Verbreitung von Themen, die den Frieden und die
Gewaltfreiheit fördern, sind deshalb in der Medienlandschaft umso
wichtiger.