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Mauro Cicarè: ich glaube nicht, dass es ohne die ästhetische Erziehung wahres Wachstum geben kann

von Milena Rampoldi, ProMosaik. Hier
im Folgenden mein Interview mit dem Künstler und Illustrator Mauro Cicarè aus
Italien über die Bedeutung der Kunsts zwecks Übermittlung menschenrechtlicher
Inhalte. Die Biographie von Mauro finden Sie auf seiner Webseite. Mauro hat
u.a. das Kinderbuch von Stefano
Montanari
 illustriert, das wir gestern vorgestellt haben. Für ProMosaik
basiert die Erziehung zu den Menschenrechten auf der Kombination zwischen dem
literarischen und ästhetischen Aspekt, der sich in den Kulturen und Religionen,
in der er sich entwickelt, wesentlich und diversifiziert ist.
Milena Rampoldi: Welche Bedeutung
hat die Illustration für Sie im politischen und pädagogischen Bereich?

Mauro Cicarè: Ich
halte sie für sehr wichtig, unter der Voraussetzung, dass sie nicht Veranschaulichungs-,
rhetorische oder Indoktrinierungszwecke verfolgt und somit nicht abwegig ist.
Wenn die Illustration den
Anforderungen der eigenen Sprache entspricht und qualitativ ist, befinden wir
uns immer vor einem absolut positiven Produkt, sei es in pädagogischer als auch
in ästhetischer Hinsicht. Ich denke nicht, dass es ohne die ästhetische
Erziehung wahre Entwicklung geben kann und hoffe, in diesem Sinne gute Arbeit
geleistet zu haben.

MR: Was kann ein Bild vermitteln, was Worte nicht können? 


MC: Das Bild
unterscheidet sich vom Wort aufgrund dessen, dass es Begriffe, Personen und Umgebungen
visuell zugänglich macht. Im Wesentlichen ist ein Bild die visuelle und
ästhetische Darstellung der Welt. Um ein Beispiel anzuführen: das Wort „Ameise“
kann in einem Text viele Ameisentypen bedeuten; im Bild hingegen sehen wir
einen ganz besonderen Ameisentyp. Und das ist unsere Figur (der oder die, mit
dem/der wir uns in der Erzählung identifizieren), d.h. die Welt, die wir mit
unseren Bildern schildern werden.

MR: Warum
haben Sie sich dazu entschieden, an einem Kinderbuchprojekt teilzunehmen?

MC: Ich habe
mich entscheiden, am Projekt teilzunehmen, weil mir die Erzählung gefallen
hatte. Ich dachte mir einfach, es wäre vor allem in unserer Zeit notwendig,
eine solche Geschichte zu erzählen. Denn sie spricht von wesentlichen ethischen
und politischen Werten, wenn man sich ihre genaue und intrinsische Bedeutung
ansieht. Gleichzeitig ist sie aber auch unterhaltsam und evokativ! Vor allem
wenn man sie an Kinder und ein junges Publikum im Allgemeinen richtet.

MR: Wie kann die
Kunst Ihrer Meinung nach einen Beitrag im Bereich der Menschenrechte leisten?
MC: Wie wir in
der gesamten Geschichte des Menschen sehen, kann die Kunst einen großen und
gleichzeitig auch kleinen Beitrag dazu leisten. Sie kann viel leisten, weil
diese wesentliche Lehre immer sehr stark präsent ist; aber gleichzeitig leistet
die Kunst auch einen sehr geringen Beitrag, wenn wir uns ansehen, wie schnell
diese Lehre in Vergessenheit gerät, wenn wir auf die Gräueltaten unseres
alltäglichen Lebens zurückkehren.
Die Kunst ist
aber auch in dieser schwierigen Zeit im Bereich der Menschenrechte präsent. So
würde ich daraus schließen, dass die Kunst auf jeden Fall einen großen Beitrag
im Bereich der Menschenrechte leisten kann, vor allem in Form einer  unabdingbaren ästhetischen Erziehung, die zu
dem führt, was ich gerade angesprochen habe.

MR:
Wie kann die Kunst Ihrer Meinung nach dazu beitragen, den Dialog und die
Akzeptanz der Unterschiede zu fördern?
MC: Beispielsweise
mit Büchern wie Ein unerwarteter Freund, das von einem Freund erzählt,
der vollkommen anders ist als du und dein Leben vollkommen verändert! Und dann
versteht du auch, dass die Diversität unabdingbar ist. Ja, sie ist manchmal
auch schwierig und komplex, aber sie bereichert dich auf jeden Fall. In der
Kunst, wie im Leben, ist diese Dimension einfach da.