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Murtaza Hussain: Journalistische Arbeit erfordert Demut und gute Absicht

Von Milena
Rampoldi, ProMosaik. Anbei mein Interview mit dem Journalisten und
politischen Kommentator bei The Intercept, Murtaza Hussain. In seinen Artikeln
fokussiert Murtaza im Besonderen auf Menschenrechte, Außenpolitik und
kulturelle Themen. Seine Beiträge wurden u.a. von
The
New York Times
,
The Guardian, The Globe und Mail und Salon veröffentlicht.
Ich möchte mich bei Murtaza für seine Zeit und seine herausfordernden Antworten
auf meine Fragen bedanken.


Vor kurzem haben wir die deutsche
Übersetzung
seines Artikels mit dem Titel After
Nice, Don’t Give ISIS What It’s Asking For
veröffentlicht. Meiner Meinung
nach sind muslimische Journalisten heute wesentlich, um Nichtmuslimen die
muslimische Kultur, Gesellschaft und Religion verständlich zu machen. Aber
gleichzeitig müssen sich muslimische Journalisten auch um Themen wie Terror,
islamistischen Terrorismus und IS kümmern, obwohl diese eigentlich nichts mit
dem wahren Islam und den Mainstreammuslimen zu tun haben, wie Murtaza sie
nennt.

Da sich der IS aber selbst als „Islamischer Staat“ definiert, müssen
wir darüber sprechen, wenn wir uns als engagierte muslimische Journalisten
sehen. Und die beste Art und Weise, um über den IS zu sprechen, ist
zweifelsohne aufzuzeigen, wie der IS gleichzeitig das Spiegelbild des
zeitgenössischen Islamischen
Nihilismus
ist. Und weil die westlichen Narrativen über den IS nichts
anderes erzielen, als den IS noch zu stärken, bleibt der IS auch für die
muslimischen Journalisten immer noch ein Thema, über das sie schreiben müssen.
Für mich persönlich ist es als Musliminnen und Muslime daher eine ethische
Verpflichtung, über und gegen den IS zu schreiben.

Milena
Rampoldi: Wie sollten wir heute als Journalisten arbeiten, um den Menschen das
Wesen des Islam nahezulegen und ihnen auch zu erklären, was Nihilismus und
islamfeindliche Propaganda sind?

Murtaza Hussain: Ich denke, dass es für muslimische Aktivisten,
Journalisten und Gelehrte einfach wichtig ist, nicht einfach nur Artikel zu
schreiben, sondern sehr gut untermauerte Berichterstattungen zu verfassen, um die
Behauptungen von Gruppen wie dem IS zu widerlegen. Diese Behauptungen können
dann auch in Artikel und in die Mainstreammedien im Allgemeinen fließen. Es ist
auch wichtig, konsequent gegen den IS Stellung zu nehmen und keinerlei
Entschuldigungen für dessen Verhalten zu finden.

MR: Wie
können Artikel wie deiner über den IS die LeserInnen dabei unterstützen zu
verstehen, dass der IS das Gegenteil des Islam ist?
MH: Es ist schwer zu sagen, ob
der IS auch wirklich das Gegenteil des Islam ist, aber Artikel wie dieser
können sich wenigstens darum bemühen, ihn vom Islam zu unterscheiden, indem sie
aufzeigen, wer wir sind und was wir als normale Mainstreammuslime glauben.

MR: Wie
unterstützt das falsche Narrativ der westlichen Medien den IS?
MH: Die westlichen Medien geben
dem IS oft mehr Legitimität und Aufmerksamkeit als er auch wirklich verdient
und dehnen seinen Einfluss aus, indem sie ihn aus dem Zusammenhang reißen. Dies
unterstützt das Narrativ der Gruppe. Man kann nichts Schlimmeres tun, als den
IS als den „wahren“ oder „islamischsten“ Islam zu bezeichnen.

MR: Auf
welche Hauptthemen fokussierst du in deinen Artikeln?
MH: Meine Artikeln fokussieren im
Besonderen auf meine Hauptthemen wie nationale Sicherheit, Terrorbekämpfung,
Islamfeindlichkeit, Strafjustiz und Politik.

MR: Was
bedeutet es für dich, ein engagierter Journalist zu sein?
MH: Das journalistische
Engagement bedeuten für mich der Kontakt zur Gemeinschaft und die Offenheit und
das Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen. Es ist wichtig, sich nicht in
eine Glaskugel einzuschließen, sondern wahre Arbeit an der Basis zu leisten.

MR: Welchen
positiven Beitrag kann der Journalismus zu den Menschenrechten und zum Frieden
leisten?
MH: Der Journalismus kann falsche
Mythen und Fehlvorstellungen entkräften und gegen Engstirnigkeit ankämpfen.
Dies ist aber nur möglich, wenn man die journalistische Arbeit ehrlich, mit
guten Absichten sowie mit Demut ausübt.