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Theresa May: Den Palästinensern müssen “umfassende Bürgerrechte” gewährt werden


von Ali Abunimah,
Electronic Intifada, 12. Juli 2016, deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi,
ProMosaik.

Die Ernennung von Theresa May zur
Premierministerin des Vereinigten Königreichs nach dem Rücktritt David Camerons
wurde von den Unterstützern Israels willkommen geheißen.

Der Abgeordnete des
Vereinigten Königreichs Mike Freer, ein Funktionär der parlamentarischen Gruppe
der Konservativen Freunde Israels (Conservative Friends of Israel) hat May als
eine „wahre Unterstützerin Israels“ beschrieben.
Als Innenministerin
hat May seit 2010 große Gelegenheit gehabt, ihre Loyalität gegenüber Israel
unter Beweis zu stellen.
Im Jahre 2011 verweigerte
sie Raed Salah, einem Palästinenser mit
israelischer Staatsbürgerschaft und Anführer der Gruppe Nord der islamischen
Bewegung, die Einreise ins Vereinigte Königreich.
Hinter dem Rücken von
Salah und seinen Gastgebern, hatte May eine Verfügung erlassen, um ihm, gerade zwei
Tage vor seiner Einreise ins Land, eine Rundreise für Konferenzen zu verbieten.
Anstatt für die Abreise
entschied sich Salah für seinen Verbleib im Vereinigten Königreich, um sich Mays
Verfügung vor Gericht zu widersetzen.
Dem Bericht von Electronic
Intifada zufolge hatte May behauptet, Salah hätte ein antisemitisches Gedicht
verfasst. Diese basierte aber auf Erfindungen einer israelischen Lobbygruppe.
Zehn Monate später
hob ein Gericht des Vereinigten Königreichs 
die Sperre aufgrund
unzureichender Beweise auf

und rehabilitierte Salah vollständig.
Mays Niederlage
bestand auch in einem Rückschlag gegen „Prevent“, die breit gefächerte
Terrorbekämpfungsstrategie der Regierung.
Vierzehn Seiten
wurden von der neusten Preventpolitik der konservativen Regierung an die Gerichte übermittelt, um Beweise
gegen Salah zu erbringen.
Die
Staatsanwaltschaft argumentierte, dass die mutmaßlichen Aussagen von Salah zur
„Radikalisierung“ und zum Terrorismus führen könnten.
Aber der Richter wies
diese Beweisführung ab.
Angst und Vorurteil
Die Prevent-Strategie
wurde von der Labour-Regierung ins Leben gerufen und von der konservativen
Partei von May unterstützt. Nun ist sie aber auf starke Kritik gestoßen.
Zu Beginn dieses
Jahres forderte die britische Regulierungsbehörde für Terrorbekämpfung eine unabhängige Untersuchung, da Zweifel
aufgekommen waren, dass diese Politik nur „Misstrauen und Angst“ in den
muslimischen Gemeinde säte und uneffektiv war.
Obwohl sie als
Förderung der „gemeinschaftlichen Engagements” angekündigt
wurde, um die „Radikalisierung“ zu erkennen und zu stoppen, erfahren die
muslimischen Gemeinden Prevent eher als allgegenwärtige
Überwachung und  politisches Monitoring,
die Eigenzensur, Vorurteile und Stigmatisierung fördern.
Im Rahmen des
Programms wurden Tausende von Kindern von ihren Lehrern
bei den Behörden gemeldet.
In einem Fall drohte
ein Kindergartenteam einen vierjährigen Jungen
zu melden, nachdem er ein Bild von seinem
Vater gezeichnet hatte, der mit einem Messer eine Gurke schnitt. Die Lehrer
meinten, der Junge hätte gesagt, dass auf dem Bild eine „Küchenbombe“ zu sehen
wäre.  
In einem anderen Fall
im Februar wurde ein Schüler von der Terrorbekämpfungseinheit der Polizei befragt, weil
er einen „Free Palestine“ Knopf in die Schule gebracht hatte. Im letzten Jahr
unterzeichneten Dutzende von Hochschullehrern einen Brief, in dem stand, dass die Anschauung
von Prevent hinsichtlich „Radikalisierung“ und „Extremismus“ auf einer
unbegründeten Sichtweise basierte, nach der die religiöse Ideologie der primäre
Beweggrund für den Terrorismus sei“.
Sie warnten davor,
dass Prevent „eine abschreckende Wirkung auf eine offene Debatte, auf die freie
Meinungsäußerung und den politischen Dissens haben wird“ und „eine Umgebung
schaffen wird, in der eine politische Veränderung nicht mehr offen debattiert
werden kann und in unbewachte Bereiche zurückgedrängt wird.“
„Prevent wird uns
unsicherer machen“, diese die Schlussfolgerung der Hochschullehrer in ihrem
offenen Brief.
2011 meinte die Menschenrechtsgruppe Liberty,
Prevent „wäre einer der schlimmsten Fehler und würde die Grenzen zwischen
Dissens und Kriminalität und zwischen Zivilgesellschaft und
Sicherheitsagenturen verwischen.“
Aber 2015 brachte May
ein noch härteres Terrorismusbekämpfungsgesetz vor, das Karma Nabulsi, ein
palästinensischer Kommentator und Professor an der Universität Oxford, als
„einen Angriff gegen die wahren Grundlagen der Demokratie“ bezeichnete.
Unwiderruflich
Mays Initiative, Raed
Salah die Einreise in das Vereinigte Königreich zu verwehren, wurde von einem
Bericht des Community Security Trust (CST), einer israelischen Lobbygruppe mit
Verbindungen zur konservativen Partei, angeregt.
In einer am Montag
abgegebenen Stellungnahme priesen die Conservative Friends
of Israel die wesentliche Unterstützung Mays in ihrer öffentlichen Karriere
gegenüber Israel und der jüdischen Gemeinde im Vereinigten Königreich an.
Zu dieser
Unterstützung gehörte auch die Zusammenarbeit mit dem CST und anderen
Organisationen zwecks „Bewältigung antisemitischer Angriffe“.
Der Präsident von Conservative
Friends of Israel, Eric Pickles, ein britischer Minister, der sich an vorderster Front um die Anklage gegen
die palästinensische Solidaritätsbewegung bemühte, meinte: „Israel kann sich
dessen sicher sein, dass ein Vereinigtes Königreich unter der Führung von
Theresa May in schwierigen Zeiten immer für Israel da sein wird.“
Conservative Friends
of Israel betonte auch, bezugnehmend auf Mays Besuch in Israel im Juni 2014,
wie sich May für das „Recht Israels auf Selbstverteidigung“ stark gemacht
hatte.
Während einer Ansprache an die Gruppe im September 2014
wiederholte May schon oft geäußerte Meinungen über das „demokratische“ Israel
sowie über die üblichen Diskussionspunkte bezüglich der Rechtfertigung der
israelischen Gewalt und dass „Hamas die palästinensischen Zivilisten als
menschliche Schilde für seine Raketen missbraucht.“
Die Conservative
Friends of Israel hoben diese Stellungnahmen zufrieden hervor, nachdem May
diese Woche an die Spitze der Konservativen gewählt wurde, und dazu bestimmt
wurde, in der 10 Downing Street einzuziehen, aber sie vergaßen dabei, auf eine
Ansprache Bezug zu nehmen, die sie im September 2014 gehalten hatte.
„Alle unter uns, die
mit der Sicherheitszwangslage Israels mitfühlen, müssen aber auch immer
klarmachen, dass der Verlust jeglicher Zivilisten, unabhängig von der
Staatsangehörigkeit der Opfer, eine erschreckende Tragödie ist“, meinte May.
„Und wir müssen darauf hinweisen, dass es keinen langfristigen Frieden und auch
keine langfristige Gerechtigkeit in der Region geben kann, bis das
palästinensische Volk nicht seine vollständigen Bürgerrechte genießt.“
Jene Worte sind keinesfalls als Maßnahme zwecks Empathieförderung gegenüber den Palästinensern zu verstehen,
sondern sollen eher als ein Zeichen dafür gesehen werden, dass die wesentlichen
Ursachen des derzeitigen Konflikts so klar sind, dass sie sogar eine so
überzeugte Unterstützerin Israels wie Theresa May nicht leugnen kann.