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Die Praxistage Ehrenamt: ein Interview mit Stephanie Hüllmann

von Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei mein Interview mit Stephanie Hüllmann von der Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung in Hannover zum Thema der Initiative Praxistage Ehrenamt. Hier finden Sie den Flyer zur Veranstaltung.
Was ProMosaik in diesem Zusammenhang wichtig ist, ist die Vernetzung des Ehrenamts, der Austausch unter Menschen, die sich in verschiedensten Projekten für eine tolerantere, bessere, buntere und vor allem menschlichere und friedlichere Welt einsetzen. Möchte mich herzlichst bei Stephanie Hüllmann für Ihre ausführlichen Antworten bedanken. Die Vernetzung ist vor allem auch für die Flüchtlingsarbeit in Deutschland sehr wichtig. 

Frau Hüllmann schrie mir hierzu: “Die Veranstaltungen sind für
alle Teilnehmenden komplett kostenfrei, denn wir haben einen ganz tollen
Sponsor gefunden, der alle unsere Kosten übernimmt. Der Gründer der Berliner
Teekampagne hat die Stiftung Entrepreneurship gegründet, die kreative Unternehmensgründer
unterstützt. Und so haben sie unter anderem Module entwickelt, die Flüchtlingen
helfen können, hier selbstständig zu werden und sich so eine eigene Zukunft zu
schaffen und sich schneller zu integrieren. Sie brauchen natürlich Menschen,
also auch Ehrenamtliche, die dieses System erklären und vermitteln. Und so
haben die Teekampagne und die Stiftung Entrepreneurship sich bereit erklärt,
unsere Tagungen großzügig zu unterstützen.”

 


Milena Rampoldi: Wie kam es zur Idee, diese
Praxistage Ehrenamt ins Leben zu rufen?

Stephanie Hüllmann: Die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung und die
öffentlich geförderte Erwachsenenbildung in Niedersachsen sind seit über 2
Jahren dabei, das Ehrenamt in der Flüchtlingsarbeit systematisch zu
unterstützen. Als Folge dieser Arbeit führt die AEWB (www.aewb-nds.de)
nun ein Projekt des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur
durch, das Multiplikatoren sowie Ehrenamtliche schult und konkret mit Tipps zu
Materialien unterstützt. Diese „Fortbildungsoffensive Ehrenamt“ soll durch die
vier (kostenfreie!) Fachtagungen ergänzt werden, in denen die Ergebnisse des
Projektes kommuniziert werden aber auch vor allem das Ehrenamt weiter vernetzt,
gestärkt sowie motiviert werden soll.
Informationen zu den Veranstaltungen, Programmen und der
Anmeldung gibt es unter: http://www.aewb-nds.de/index.php?id=praxistage-ehrenamt
MR: Wie wichtig ist
ehrenamtliche Arbeit heute in Deutschland und warum?

SH: Aufgrund der aktuellen Situation in Deutschland ist die
ehrenamtliche Arbeit stärker und wichtiger denn je. Schon immer vorhanden, hat
sie jedoch in der Flüchtlingsarbeit gezeigt, dass sie eine sehr ernst zu
nehmende Säule in der Gesellschaft ist und zu großen Leistungen in kürzester
Zeit fähig ist.
MR: Wie wichtig ist der
Austausch zwischen ehrenamtlichen Organisationen und ihre Vernetzung?

SH: Austausch und Vernetzung sind zum jetzigen Zeitpunkt von
höchster Wichtigkeit. In kurzfristiger Reaktion auf die hohen Flüchtlingszahlen
sind allerorts mit viel Engagement diverse Aktionen ins Leben gerufen worden um
schnell und effektiv helfe zu können. Dabei hat das Helfen „auf eigene Faust“
viel Kreativität frei werden lassen. Jetzt, im nächsten Schritt, gilt es
voneinander zu lernen, sich zusammen zu schließen, Kräfte zu bündeln und sich
gegenseitig zu stärken.
MR: Um welche Hauptthemen wird
es in den Praxistagen gehen?

JH: Jede Fachtagung hat ihre eigenen Schwerpunkte. In der
Auftaktveranstaltung am 19. August  in Papenburg wird die Zusammenarbeit
von Behörden und Ehrenamt genauer betrachtet. In Osnabrück am 14. September
steht die Vereinsarbeit im Mittelpunkt. Am 23. September in Lüneburg soll
weiter über den Tellerrand geschaut werden und überregionale Initiativen
stellen sich vor. Die Abschlussveranstaltung am 7. November in Hannover wird
in Form eines BarCamps abgehalten, so dass die Teilnehmenden (beim BarCamp die
„Teilgebenden“)  ihre speziellen Bedarfe anbringen werden. Auf Twitter
sind diese Veranstaltungen unter #Me4You zu finden bzw. vertreten als
@Me4You_Nds, wo unter anderem die aktuellen Entwicklungen und Links zu den
einzelnen Programmen zu finden sind.
MR: Welche Hauptziele verfolgen
Sie mit diesen Praxistagen?
SH: Ehrenamtliche sollen gestärkt werden in ihrer Arbeit.
Ehrenamtliche Tätigkeiten sind nur dann wirklich fruchtbar, wenn sie auf lange
Sicht angelegt und nicht nur kurzfristig sind. Dafür benötigen Ehrenamtliche
Unterstützung, denn auch im Ehrenamt tauchen selbstverständlich Fragen und
Probleme auf. Die Zukunftsfähigkeit und die Perspektiven von Ehrenamt sollen
thematisiert werden. Durch die Fachtagungen möchten wir unter anderem Hilfe zur
Selbsthilfe geben. Vernetzung und Austausch, selbstverständlich kostenfrei,
sind hier eine Möglichkeit die Arbeit der Ehrenamtlichen zu stärken.

MR: Wie kann ehrenamtliche
Arbeit zum Aufbau einer toleranten und gerechteren Gesellschaft beitragen?

SH: Durch das Ehrenamt bekommt die anonyme Gesellschaft ein
Gesicht. Nicht der Staat und die Behörden treten hier in Aktion, sondern die
Nachbarschaft, die Vereine, Einzelpersonen, Kirchen, etc. So treten über die
sonst üblichen Grenzen hinaus Menschen in Kontakt, die das gemeinsame Ziel
verbindet. Toleranz und gegenseitige Hilfe werden dadurch gelebt und sind nicht
nur mehr abstrakte Begriffe. Gleichzeitig bekommen Ehrenamtliche zu spüren,
dass sie aufgrund der Verantwortung, die sie übernehmen, Gesellschaft mit
formen können, dass sie Einfluss nehmen können. Dieses Erleben beeinflusst das
Verhältnis zum sonst eher anonymen Konstrukt Staat positiv.