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Was treibt die US-Politik in Richtung Israel?

von Lawrence Davidson, Counterpunch,
31. März 2016

Übersetzt von Milena Rampoldi, herausgegeben von Fausto Giudice
Anfang März schrieb Professor Richard Falk, der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für die besetzten palästinensischen Gebiete einen Aufsatz, in dem er erklärte, dass die US-Außenpolitik der Präsidenten aus der Demokratischen Partei größtenteils verantwortlich für das katastrophale Schicksal der Palästinenser gewesen ist. Die Demokraten haben sich selbst durch die zionistischen Sonderinteressen anstiften lassen. Die Gründe hierfür werden wir hier im Folgenden darlegen. Das sind auch Vertreter der Demokratischen Partei, die verbal jeglichen US-Bürger angreifen, der sich für die Rechte der Palästinenser einsetzt, und tun dies sogar noch härter als ihre republikanischen Wettbewerber.
Falk bemühte sich von 2008 bis 2014 unermüdlich für die Gerechtigkeit für das palästinensische Volk – hätte er seine Zielsetzung erreicht, hätte er die Wertschätzung sowohl der Vereinten Nationen als auch der USA durch Millionen Araber erlangt. Die vom demokratischen Präsidenten Barack Obama ernannten Vertreter, einschließlich der nationalen Sicherheitsberaterin Susan Rice und der derzeitigen US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen Samantha Power, zahlten Falk seine Bemühungen mit persönlichen beleidigenden Angriffen zurück. Beispielsweise feierte Power das Ende der Amtszeit von Falk mit der Unterstellung, nach der „seine Veröffentlichung abwegiger und beleidigender Materialien dem Ruf der Vereinten Nationen geschadet und die Effektivität des Menschenrechtsrates untergraben hätte. Die Vereinigten Staaten heißen die Abfahrt von Falk willkommen, die schon längst überfällig ist.“ Es sei darauf hingewiesen, dass Prof. Falk zu keinem Zeitpunkt einen Bericht veröffentlichte oder eine öffentliche Ansprache hielt, die nicht auf nachgewiesenen Tatbeständen und auf einem klaren Verständnis des internationalen Rechts basierten. Man darf vermuten, dass Botschafterin Power dies genau wusste und ihre boshaften Bemerkungen gegen Falk einfach nur die Handlung eines unmoralischen politischen Vertreters einer unmoralischen Regierung waren.
Professor Falk sieht den Großteil der US-Regierungspolitik im Nahen Osten als Folge eines lange von Zionisten beherrschten US-Außenministeriums und der Macht und des Einflusses eines von Israel angeführten Blocks Sonderinteressen. Die Bemühungen von Präsident Obama um die Ausarbeitung der politischen Linie im Nahen Osten begannen Falk zufolge mit der rhetorischen Behauptung, nach der die USA „anders sind, weil wir uns an das Gesetz halten und in der Außenpolitik ethisch handeln.“ Obwohl diese Behauptung immer falsch war, verloren die Worte des Präsidenten sehr schnell an Bedeutung, da der Druck der Lobby die Politik (mit Ausnahme des Atomdeals mit dem Iran) der zionistischen Sache unterwarf.

Amos Biederman, Ha’aretz, Israel, 2014

Wenn man sich das beunruhigende Katzbuckeln vor derselben Lobby durch die demokratische Spitzenkandidatin Hillary Clinton in der letzten Woche ansieht, so liegt Richard Falk unleugbar richtig.
In ihrer Ansprache an das America Israel Public Affairs Committee (AIPAC), einer Organisation, die in Wahrheit in den USA als Agent einer ausländischen Macht (Israel) fungiert, erklärte Clinton Folgendes:
*Sie werde als Präsidentin die US-israelischen Beziehungen auf die „nächste Stufe“ erheben, was heißt, den Großteil der neusten Verteidigungs- und Angriffswaffen zur Verfügung dieses Staates zu stellen und ein neues Verteidigungsabkommen– eine zehnjährige Verteidigungsabsichtserklärung – zu verhandeln.“
*Dies ist angeblich notwendig, weil Israel „Opfer von drei wachsenden Bedrohungen ist: der dauernden Aggression durch den Iran, der zunehmenden Flut des Extremismus über einen weiten Bogen von Instabilität und des zunehmenden Versuchs, Israel auf weltweit  zu delegitimieren.“ In diesem Zusammenhang nimmt Clinton Bezug auf die BDS-Bewegung. Diese Bedrohungen machen das „Bündnis zwischen den USA und Israel unentbehrlicher als je zuvor.“ Die Widerlegung der Behauptungen von Clinton durch Juan Cole ist besonders treffend. Er betont, dass Israel, wenn man die Lage nüchtern betrachtet, gar keinen üblichen Sicherheitsbedrohungen, inklusive vom Iran,  ausgesetzt ist, die Milliarden Dollar von US-Waffen und eine verpflichtende Verteidigungsabsichtserklärung erforderlich machen würden. Cole weist aufmerksam darauf hin, dass die „zunehmende Extremismusflut“ größtenteils auf die US-Invasion Iraks (die sowohl von Clinton als auch von Israel unterstützt wurde) und die Auflösung Syriens (die zu einem nationalen Sicherheitsziel Israels geworden ist) zurückzuführen ist. Schließlich gefährdet sie durch ihre negative Bewertung der BDS-Bewegung US-amerikanische verfassungsmäßige Rechte.
*Clinton besingt das Bündnis zwischen den USA und Israel als ein Bündnis der „geteilten Werte“. Sie beschreibt Israel als ein „Bollwerk der Freiheit“. Das ist wahrhafte Propaganda, die aus der Sicht der Palästinenser keinen überzeugenden Bezug zur Realität aufweist. Clinton qualifiziert dann ihre zweifelhafte Aussage mit der Frage: „Werden wir als US-Bürger und Israelis an den geteilten demokratischen Werten, die immer im Mittelpunkt unserer Beziehung standen, festhalten?“ Sie schließt zweifelsohne die „USA“ in diese Frage ein, um auf das problematische Verhalten Donald Trumps und seiner Unterstützer Bezug zu nehmen. Dennoch wurde ihre Frage, was Israel betrifft, schon beantwortet.
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-Ich liebe Israel!

-Nein, ich liebe es mehr!


Carlos Latuff

 Der berühmte israelische Journalist Gideon Levy war letzte Woche in Washington D.C. und führte ein Interview mit Max Blumenthal. Darin warnte er davor, wie weit Israel von seinen „demokratischen Werten“ abgekommen ist und wie sehr die Tatsache, dass Israel einen Weg der moralischen und politischen Korruption eingeschlagen hat, auf die Mittäterschaft von US-Liberalen wie Hillary Clinton zurückzuführen ist.

Levy sagt uns, dass die „US-amerikanischen Liberalen wissen sollten, dass sie das erste Anzeichen des Faschismus in Israel unterstützen. Ich nenne es noch nicht Faschismus, aber die ersten Zeichen desselben sind offensichtlich … Und US-Amerika finanziert Israel weiter. Dies sollte alle US-Bürger, im Besonderen die Liberalen, wissen und anerkennen. Sie sollten sich auch Gedanken darüber machen, wohin die Steuergelder oder ein Großteil von ihnen hingehen.
Ich meine, dass es im Moment keinen Hoffnungsschimmer gibt. Es gibt keine Alternative zu Netanjahu…. Die Atmosphäre ist, wie ich schon sagte, immer intoleranter, und der Zustand der Demokratie ist armselig und sehr oft sehr verdreht.“
Levy fokussiert dann im Besonderen auf die wesentliche, wenn auch nicht offizielle, US-Unterstützung der israelischen illegalen Besatzung des Westjordanlandes, Gazas und der Golanhöhen. „Gehört die Besatzung zu den US-amerikanischen Werten? Dient die Besatzung den US-amerikanischen Interessen? Merken die USA denn nicht, was für einen hohen Preis sie für diese automatische und blinde Unterstützung Israels und des Besatzungsprojektes bezahlen? Ist es denn vernünftig, dass die USA im 21. Jahrhundert ein Apartheidregime in den besetzten Gebieten finanzieren? Alle diese Fragen müssen wir uns stellen.“
Levy ist aber keineswegs der Einzige, der Alarm darüber schlägt, wohin der Zionismus die israelische Gesellschaft geführt hat. Für eine ausführliche Behandlung der Intoleranz und des entstehenden, sein Gesicht zeigenden Faschismus, kann der Leser sich das Werk des israelischen Professors David Schulman mit dem Titel „Israel: Das Schweigen brechen“, eine Besprechung von sechs Denkschriften über die israelische Gesellschaft und deren Verhalten, durchsehen. Es wurde gerade in der Ausgabe vom 7. April 2016 der New York Review of Books veröffentlicht. Schulman gelangt zur Schlussfolgerung, dass „die extreme Rechte in Israel absolut bereit ist, sich für totalitaristische Denk- und Handlungsmuster zu entscheiden und es nicht klar ist, wer bleibt, um diese Muster aufzuhalten.“ Das wird aber mit Sicherheit nicht Hillary Clinton sein.

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Frau Clinton spricht zu den 18 000 Teilnehmern der Jahreskonferenz des AIPAC am 21. März 2016

Foto Zach Gibson/The New York Times

Wer widersetzt sich den Auswirkungen der US-Mittäterschaft auf die politische Katastrophe in Israel? Menschen wie Richard Falk und Gideon Levy tun es und scheinen somit einen gewissen Anschein eines rationalen Diskurses über den Stellenwert demokratischer Werte in der Formulierung der US-Außenpolitik am Leben zu erhalten. Aber trotz ihrer Rhetorik, haben liberale Politiker wie Hillary Clinton, jene Werte klar über Bord geworfen, wenn es um Israel und sein Verhalten geht.
Dies bedeutet, dass der Inhalt der Clintonschen Ansprache anlässlich der AIPAC-Konferenz reine Propaganda war, und somit ein Versuch, die grundlegenden Motive zu rationalisieren oder vielleicht einfach nur tiefgründigere oder niedrigere Beweggründe zu vertuschen. Wenn somit nicht die „geteilten demokratischen Werte“ der Grund für Clintons Kotau sind, welcher ist es dann? Die Antwort ist einfach nur blanker, politischer Opportunismus. Hier kommt die Formel: (1) Die US-amerikanische Politik funktioniert weiterhin mit inländischen Finanzmitteln und verbraucht diese reichlich: der Wahlkampf erfordert eine konstante Finanzspritze, und dies gilt für jeden Posten, vom Hundefänger bis zum US-Präsidenten; (2) Spezielle, ob nun wirtschaftliche, professionelle oder ideologische Interessensgruppen sind die Hauptsponsoren  der Politiker; (3) Und im Gegenzug für ihre Großzügigkeit verlangen solche Interessensgruppen die politische Unterstützung ihrer Angelegenheiten. Und hier kommen unter anderem die Zionisten ins Spiel, deren tiefe Taschen, Fähigkeit, Medienbotschaften zu gestalten und sowohl jüdische als auch christliche Wähler zu beeinflussen, wohlbekannt sind. Ein Bündnis mit den Zionisten ist politisch zwar vorteilhaft, aber ihren Zorn zu verursachen, kann oft politisch fatal sein.
Natürlich bedeutet ein solches Bündnis die Aufgabe jeglicher Zielsetzungen oder jeglicher sogar rationalen Kritik der US-Politik gegenüber Israel und dem Großteil des Nahen Ostens. Und in der Tat wurden die nationalen US- Interessen in Bezug auf dieser zunehmend gefährlichen Region der Welt schon lang über Bord geworfen. Sie wurden von den klientelgebundenen Interessen reicher, gut organisierter und einflussreicher Ideologen ersetzt. 
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