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Offener Brief von Milagro Sala an Cristina Kirchner


von Redaktion Pressenza Argentinien, 10.04.2016, deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.
Sehr geehrte Genossin,
Präsidentin Cristina,
Ich schreibe dir diesen
Brief zu einem sehr schwierigen Zeitpunkt für dich, mich und unser Volk.
Die wahren Korrupten, die
unser Land ausgeraubt und seine Ressourcen an die Mächtigsten übergeben haben,
die unser Volk haben verhungern lassen, die die Rentner verlassen haben, die
die höchste Arbeitslosenquote der gesamten Geschichte verursacht haben, die
dieses Land in den vorherigen Jahrzehnten mit denselben Methoden zerstört
haben, die sie bis heute anwenden: diese Menschen beurteilen dich heute und
verfolgen dich heute, weil du die Schicksale der Ärmsten und aller Argentinier
erneut zum Thema gemacht hast. 
Ich weiß, dass du sehr
stark bist. Nicht umsonst hat dich Nestor (mein 2010 verstorbener Mann, der
2007 nicht erneut kandidierte, um Cristina – NDT den Platz zu lassen) die
Präsidentin des Mutes genannt. Und ich weiß, dass die Zeit, die wir gerade
durchqueren, nur ein kleines Zwischenspiel in der Geschichte unseres Volkes
sein wird.  Wir werden die Zeit nach
hinten drehen und unser Heimatland erneut aufbauen, weil wir unser Volk zu
tiefst lieben. Sie hassen, während wir lieben.
Ich erinnere mich gerne
daran, dass unsere Organisation ins Leben gerufen wurde, um zu versuchen, den
Hunger zu stillen, die diese Menschen in unseren Vierteln verursacht haben. Und
wir haben dies getan, indem wir uns mit Milchgläsern organisiert haben. Von
dort aus sind unsere Militanten, die heute wie Verbrecher behandelt werden,
tätig geworden. Unser Programm bestand aus Solidarität und der Zurückweisung
der Pseudopolitiker, die uns in die Armut und Arbeitslosigkeit getrieben
hatten. Dann seid ihr gekommen, Nestor und du. Und ihr habt uns beigebracht,
dass die Politik ein wundervolles Instrument ist, um die Probleme unseres
Volkes zu lösen. Und wir sind erneut aktiv geworden und haben das getan, das
getan, das getan, was unsere alten Politiker nie für unser Volk getan hatten.
Ich weiß, dass du stolz
auf uns bist und wir stolz auf dich sind, weil du für uns immer noch die
Präsidentin des Mutes bist.
Sie verfolgen uns
genauso, wie sie 1955 Eva und Peron verfolgt hatten, mit denselben Argumenten ihrer
Kommunikationsmittel, mit ihrer Justizpartei und mit den Pseudopolitikern, die
sich in den Dienst der Mächtigen stellen. Sie sind so grob, dass sie nicht mal
originell wirken. 
Was für eine Ironie! Mich
lassen sie in Haft, weil ich Häuser, Schulen, Gesundheits-, Behindertenzentren,
Sportvereinigungen und Schwimmbäder für die Verkanntesten meiner Provinz
erbaute. Und sie wollen auch dich einsperren, weil du dem argentinischen Volk
zur Würde verholfen hast, weil du die beste Präsidentin der Geschichte warst,
weil du den Mächtigen getrotzt hast, die unser Land ausrauben und seine Reichtümer
in ihre Gesellschaften ins Ausland transferieren wollen.
Die Verräter brauchen wir
gar nicht zu nennen. Denn wenn sogar Tupac Amaru verraten wurde, was können wir
uns dann noch erwarten? Aber die Geschichte erinnert sich nur an die Helden,
die ihr eigenes Volk zu Helden erklärt hat.
Wenn du am nächsten
Mittwoch vor ihnen stehst, dann schaue ihnen direkt in die Augen! Sie werden
weder deinen Blick, noch den Blick ihrer Kinder und Familien aushalten. Denn
sie sind falsch und feige.
Wir werden weiterhin
kämpfen, unabhängig davon, wo wir uns befinden, ob im Gefängnis oder auf der
Straße. Wir werden immer unseren Stolz bewahren. Wir werden immer den Mut
haben, unseren Kinder, Enkelkindern und Kollegen ruhig und voller Würde und
Kohärenz in die Augen sehen zu dürfen. Genau wie du und Nestor uns gelehrt
habt.
Kopf hoch und gib nicht
auf, denn wir geben auch nicht auf.
In Liebe.
Aus dem weiblichen
Gefängnis von Alto Comedero Jujuy. 10. April 2016.
Milagro Sala.