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Ni’lin – Protest zum Tag der Gefangenen


von Martina Lauer, 20. April 2016.
Am Freitag,
den 15. April 2016, versammelten sich die Dorfbewohner von Ni’lin zu ihrem w
ӧchentlichen friedlichen Protest,
der diese Woche Teil der Demonstrationen zum Tag der Gefangenen war, die in der
Westbank organisiert wurden. Ni’lins Bewohner demonstrieren seit 2008 kontinuierlich
gegen Israels Apartheidsystem, den Diebstahl des Dorflandes durch den Bau der
illegalen israelischen Mauer und der israelischen Siedlungen auf pal
ӓstinensischem Land. Die Bewohner wollen
auch jeden Freitag ihre Opposition gegen die fortgesetzte kollektive Bestrafung
des Ortes durch die israelische Armee zeigen.
Mittagsgebet unter den Olivenbӓumen des Dorfes
Nach dem
Mittagsgebet liefen einige der pal
ӓstinensischen Demonstranten in
Richtung der Strasse, die zu einem Tor in der Apartheidmauer führt.
Gleichzeitig machte sich eine kleinere Gruppe in eine andere Richtung auf, um
die israelische Armee durch ein Autoreifenfeuer an der Mauer abzulenken. Die
Mehrheit der Protestteilnehmer wurde in der N
ӓhe des Dorfeingangs mit Trӓnengas beschossen und waren trotz
allem froh, dass diese Woche keine scharfe Munition oder Plastikstahlgeschosse
gegen sie eingesetzt wurden. Allerdings wurden zwei H
ӓuser von Trӓnengasgranaten getroffen. Obwohl
die Hausbewohner sich nicht am Protest beteiligt hatten, wurden sie durch die
Tr
ӓnengaswolken
kollektiv bestraft. Internationale Aktivisten und Israelis hatten wie immer an
der Freitagsdemonstration teilgenommen. Angesichts der enormen Tr
ӓnengasdichte in der Luft verzogen
sich die Demonstranten schnell ins Dorf und beendeten ihren Protest.
Feuer an der Apartheidmauer lenkt
IDF vom Hauptprotest ab
Fünf Palӓstinenser wurden durch die
weitreichenden Tr
ӓnengaskanister verletzt und die zwei Hӓuser wurden durch diese Kanister
besch
ӓdigt, die Wӓnde durchschlagen und im Flug
unsichtbar sind. Ein Team von Sanit
ӓtern des palӓstinensischen Halbmondes stand
bereit und half den Verletzten. Der Einsatz von extremer Gewalt durch die
israelische Armee verletzt das Recht auf friedliche Proteste der Pal
ӓstinenser und kann –wie in der
Vergangenheit geschehen- wieder zu Todesf
ӓllen führen.
Quelle:
http://palsolidarity.org/2016/04/non-violent-protest-in-nilin-once-again-met-with-violence/?utm_source=wysija&utm_medium=email&utm_campaign=Weekly+Digest
Kufr Qaddum, Nabi Saleh und
Beitunia: Kollektive Bestrafung für friedliche Proteste
Am 15. April 2016 wurden die wӧchentlichen Demonstrationen in
der besetzten Westbank in Erinnerung an den Tag der Gefangenen durchgeführt. Im
Dorf Kufr Qaddum demonstrieren die Bewohner gegen die Schliessung einer
wichtigen Verbindungsstrasse zum n
ӓchstgrӧsseren Ort Nablus. Seit 13 Jahren
ist diese Strasse für den pal
ӓstinensischen Verkehr geschlossen
und darf nur von den jüdischen Siedlern aus der illegalen Kolonie Qedumim
benutzt werden. Diesen Freitag beschoss die israelische Armee die Demonstranten
und einen Teil des Ortes mit grossen Mengen von Tr
ӓnengas. Dutzende mussten von den
Sanit
ӓtern für die Nachwirkungen der intensive
Tr
ӓnengasinhalation
behandelt werden. Die kollektive Bestrafung des Dorfes ging noch weiter: Neben
dem Abfeuern von Tr
ӓnengaskanistern und Plastikstahlgeschossen besprühten
die Soldaten Dorfh
ӓuser mit übel riechendem chemischen Wasser, dessen Geruch
wochenlang h
ӓlt und sich nur schwer entfernen lӓsst. Am frühen Morgen hatte die IDF den
Dorfeingang gesperrt und das Dorf zu einer “geschlossenen Armeezone” erkl
ӓrt, um internationale und
israelische Aktivisten von der Teilnahme am Protest abzuhalten, eine Taktik,
die in den D
ӧrfern des friedlichen Widerstandes wiederholt und seit
Jahren eingesetzt wird, trotz der von Tel Aviv kommenden Rhetorik, dass die
israelische Armee “die moralischste Armee der Welt” sei und Israel eine
Demokratie.
Israelische Soldaten stehen
feuerbreit am Eingang von Kafr Qaddum
Im Dorf Nabi Saleh wurden die Teilnehmer an der
Demonstration nicht nur von den Soldaten, sondern auch von Bewohnern der
illegalen israelischen Siedlung Halamish angegriffen. Die Israelis füllten die
Luft mit Tr
ӓnengas und verursachten bei mehreren Teilnehmern
extreme Atemnot durch die Gasinhalierung.
Israelische Soldaten mit Trӓnengas und Schaumstoffkugeln in Nabi
Saleh
Israelische Soldaten vom Militӓrgefӓngnis Ofer feuerten
Schockgranaten, Tr
ӓnengas, Plastikstahlkugeln und scharfe Munition auf
die unbewaffneten Demonstranten vor dem Gef
ӓngniseingang. Sie nahmen vier
Protestteilnehmer fest. Als Form der Kollektivstrafe zogen sie dann zum Dorf
Beitunia, wo sie willkürlich Tr
ӓnengaskanister in den Strassen
verschossen und die Zivilbev
ӧlkerung terrorisierten.
Trӓnengaswolken in den Strassen von
Beitunia
Palӓstinenser und ihre Unterstützer begehen jedes Jahr am 17.
April den Tag der Gefangenen, um ihre Solidarit
ӓt mit den palӓstinensischen politischen
Gefangenen in israelischer Haft zu zeigen. Mindestens 7000 Pal
ӓstinenser werden von Israel
gefangen gehalten, 438 sind unter 18 Jahre alt und 750 H
ӓftlinge werden unter der
sogenannten Verwaltungshaft ohne Gerichtsverhandlung oder offizielle Anklage
festgehalten. Seit Oktober 2015 wurden mehr als 1800 Pal
ӓstinenser festgenommen [Zahlen
von Addameer]. Eine Mehrheit der Gefangenen wird von den besetzten Territorien
nach Israel transferiert, was gegen das V
ӧlkerrecht verstӧsst. Vor einem Besuch muss die
Familie eines pal
ӓstinensischen Hӓftlings eine Genehmigung
beantragen, die von den israelischen Beh
ӧrden nur selten bewilligt wird.
Bi’lin:
Errinnerung an Bassem
Am 15. April trafen sich die Dorfbewohner mit palӓstinensischen, israelischen und
internationalen Aktivisten wie in den vergangenen 11 Jahren zur
Freitagsdemonstration. F
ür die Demonstranten hatte dieser Freitag allerdings
eine besondere Bedeutung, weil ein langj
ӓhriger Mitstreiter und sehr guter
Freund, Bassem Abu Rahmah, am 17. April 2009 w
ӓrend der Freitagsdemonstration tӧdlich verletzt wurde, als ein
israelischer Soldat eine Tr
ӓnengasgranate direkt auf ihn abfeuerte.
Bassem in Aktion
Video von Abu Rahmahs Tod wurde in den von Mitbewohner
Emad Burnat produzierten Film Five Broken
Cameras
aufgenommen. Die Filmausschnitte zeigen, dass Bassem lediglich am
Zaun stand und die israelischen Soldaten auf der anderen Seite in keiner Weise
gef
ӓhrdete.
Experten, die das Videomaterial analysierten, sagen, dass die
Hochgeschwindigkeitstr
ӓnengasgranate direkt auf Bassem
gezielt war und ihn am Oberk
ӧrper traf. Die Armeeregeln zum
Einsatz von Mengenkontrollmitteln fordern, dass Tr
ӓnengaskanister nie direkt auf
einen Protestteilnehmer abgeschossen werden d
ürfen. Sieben Jahre nach seinem
Tod wartet seine Mutter Subhiya Abu Rahma immer noch auf eine Bestrafung der
Verantwortlichen.
Die Demonstranten trugen Fotos von Bassem und
marschierten friedlich zur Apartheidmauer, wo israelische Soldaten sie
erwarteten und mit Tr
ӓnengas, Plastikstahlkugeln und
Schockgranaten eindeckten. Unter den dutzenden von Menschen, die wegen der
Inhalation von Tr
ӓnengas behandelt wurden, waren auch zwei Kinder, die
zuhause waren und sich nicht am Protest beteiligt hatten, ein weiteres Beispiel
der kollektiven Bestrafung durch die israelische Armee.
Sabiha Abu Rahma im für Bassem
angelegten Garten in Bilin
Quellen:
http://palsolidarity.org/2016/04/bilin-protest-on-the-anniversary-of-the-death-of-bassam-abu-rahma/

http://972mag.com/the-palestinian-village-that-refuses-to-give-up-on-popular-struggle/114703/