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Inshallah hat für Alle was Gutes


Von
Wajahat Ali, NYT, 22. April 2016.
Deutsche
Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.
Ein COLLEGE-Student wurde vor kurzem aus
einem Flug der Southwest Airlines
 „begleitet“, nachdem ein
anderer Fahrgast behauptet hatte, er hätte arabische Kommentare von ihm
gehört, die „möglicherweise bedrohlich“ sein könnten.
In einer
Erklärung
behauptete Southwest Airlines, dass der Student Khairuldeen
Makhzoomi, der als Flüchtling aus dem Irak in die Vereinigten Staaten
gekommen war, nicht aufgrund seiner sprachlichen Wahl, sondern wegen des
„Inhalts seines Gesprächs“ aus dem Flugzeug „begleitet“ wurde.
Herr Makhzoomi war nicht im Begriff, über Tod, Terrorismus, Trump oder
hausgemachte Mayonnaise zu schimpfen. Und keines dieser Themen hätte eine so
drastische Maßnahme gerechtfertigt.
Nein. Was er am Telefon gesagt hatte, bevor der Passagier seine
Befürchtung zum Ausdruck brachte, war, wie er später erklärte, das arabische „Inshallah“,
was zu Deutsch „Wenn Gott will“ heißt.
Diese dreisilbige semitische Massenzerstörungswaffe ist ein typisches
Kennzeichen der arabischen Umgangssprache. Einige islamfeindliche Fanatiker
behaupteten in den letzten Jahren, dass die arabische Sprache „die Sturmspitze
eines ideologischen Projektes wäre, das den Vereinigten Staaten zutiefst
widerspricht“
und versucht, die US-Verfassung mit einem Halal-Menü
zu ersetzen. Aber der Großteil der Menschen mit Hausverstand ist der Ansicht,
dass Arabisch einfach eine Sprache ist, die Millionen von Menschen auf diesem
Planten sprechen.
Nun ist Arabisch aber zu einem Alptraum geworden, der Passagiere auf
einer Höhe von 30.000 Fuß in Angst und Schrecken versetzt. Im November berichteten
zwei Männer, dass man sie, bevor sie an Bord eines Southwest-Flugs kamen,
 befragt
hatte, weil einige Passagiere sie Arabisch sprechen gehört hatten und sich
davor fürchteten, mit ihnen zu fliegen. Vor Jahren wurden sechs Imame aus
einem Flugzeug geworfen, weil ihr Verhalten den anderen Fahrgästen verdächtig
erschien, weil sie u.a. in Gate-Nähe
auf Arabisch gebetet hatten.

Jordan Awan  für die NYT
Die arabische Sprache ist für manche so bedrohlich, dass man sie gar
nicht sprechen sollte. 2006 durfte ein Mann nicht an Bord eines Flugzeuges,
weil er ein schwarzes
Shirt trug, auf dem auf Arabisch stand
„Wir werden nicht
schweigen“.
Die unsinnigsten Dinge bergen oft eine Gelegenheit in sich. Ich denke,
dass diese letzte Episode schlussendlich eine großartige Chance darstellt, um
den abwechslungsreichen und ruhmreichen Begriff „inshallah“ in den Wortschatz
vieler US-Bürger einzuführen.
Inshallah ist die arabische Version von „fuggedaboudit.“ Es ist ähnlich,
wie wenn ein Brite das Wort „brillant“ verwendet, um alles und alle
gleichzeitig zu loben und passiv-aggressiv zu verhöhnen. Das Wort führt
beide, den Sprecher und den Zuhörer, an einen fanatischen Ort, an dem
Versprechen, Träume und realistische Ziele durch wahnhafte Hoffnung und
ernsthafte Sehnsucht ersetzt werden.
Wenn Sie ein Elternteil sind, können Sie inshallah nutzen, um die Wünsche
Ihrer Kinder aufzuschieben oder subtil zu zerquetschen.
Der Junge: „Papa, gehen wir heute später zu Toys ‘R’ Us?”
Der Vater: „Ja, inshallah.”
Übersetzung: „Wir können einfach nicht zu Toys ‘R’ Us. Ich bin kaputt. Spiel mit dem
Spielzeug des Nachbarn. Hier, spiel mit diesem Enthefter. Macht Spaß oder?“
Wenn Sie sich vor der Pflicht drücken oder üblicherweise zu spät zu
Veranstaltungen kommen, dient Ihnen das Wort inshallah, um sich einen nicht
eindeutigen Toleranztag zu gönnen.
Der Hochzeitsplaner: „Der Saal ist nur von 19-22 Uhr frei. Es entstehen
Zusatzkosten, wenn Sie ihn nach 22 Uhr verlassen. Bitte bestätigen Sie mir,
dass Sie pünktlich sein werden.“
Hochzeitsgast: Aber natürlich! Inshallah werden wir da sein.“
Übersetzung: „Sie elender, doofer, kleiner Mann. Ich hoffe, Sie haben viel Geld
gespart und was geerbt. Denn ich werde um 21.45 Uhr erst mein Haus
verlassen.“
Inshallah ist auch ein extrem nützliches Werkzeug, wenn es um die moderne
Liebe geht.
Der Mann: „Könnten Sie sich vorstellen, diese Woche noch mit mir
auszugehen?“
Die Frau: „Ich werde darüber nachdenken, inshallah.“
Übersetzung: „Nie im Leben. Wir werden nie
miteinander ausgehen. Auch wenn es eine Zombieapokalypse gäbe und du der
letzte Mann auf dieser Welt wärst, ich würde niemals darüber nachdenken,
würde auch die gesamte Menschheit aufgrund meiner Entscheidung zugrunde gehen“.
Bei mir fallen zwischen Geben und Nehmen ungefähr 80 Inshallahs pro Tag.
Ich werde turnen gehen, inshallah. Ja, inshallah werde ich das Haus reinigen.
In Gemeinschaften mit muslimischer Mehrheit wird Inshallah größtenteils
verwendet, um Introspektion, harte Arbeit und strategische Planung zu
vermeiden und anstatt dessen solche Verantwortlichkeiten einem allmächtigen
Wesen, das irgendwie und irgendwann eingreift, um unsere kollektiven Probleme
zu lösen, überlässt.
Viele US-Bürger würden ein Ave Maria aufsagen, um die schmutzige Wäsche
zu waschen, die zu den Präsidentschaftswahlen von 2016 geführt hat. Ein
republikanischer Präsidentschaftskandidat empfahl provisorische
Einreiseverbote für Muslime in die USA. Ein anderer schlug vor,
Exekutivbeamte sollten muslimische Viertel patrouillieren.
Die Behörden spornen uns an, den Mund aufzumachen, wenn wir etwas sehen.
Leider vernebelt die toxische Mischung aus Angst, Unwissen und Hass das
Urteilsvermögen von US-Bürgern mit guten Absichten und so verwandeln sich
normale Gegebenheiten und Nachbarn mit einer dunklen Hautfarbe in dauerhafte
Bedrohungen.
Hier eine bescheidene Bitte meinerseits: Wenn Sie mich in einem Flugzeug
sitzen sehen und ich Kaffee trinke, Assassin’s Creed auf meinem Laptop
spiele oder laut sage „Inshallah erhalten Trump und Cruz null Stimmen“, so
machen Sie sich keine Sorgen. (Die englischen Worte coffee, assassin
und zero stammen übrigens alle aus dem Arabischen). Ich garantiere
Ihnen, dass es keinen Grund gibt, in Panik zu geraten. Ich bin nichts anderes
als ein ungefährlicher Trottel wie sie, der hofft, im Flugzeug bleiben zu
dürfen.