Bodensee-Friedensweg: Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten
von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Mein Interview mit Arne Engeli, Koordinator des Bodensee-Friedensweges, über die absolute Notwendigkeit des Friedens und des Widerstandes gegen die Kette des Irrsinns, den Waffen- und Kriegsexporte sind mitverantwortlich für den Terrorismus. Möchte mich herzlichst bei Arne für seine wichtigen Impulse bedanken.
800 Ostermarschierer haben am diesjährigen Ostermontag in der Hafenstadt
Romanshorn am Schweizerufer des Bodensees die Kriegstreiberei in aller Welt
und deren Unterstützung durch westliche Waffenexporte angeprangert. Das Motto
hiess: „Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten“. Bei der Abschlusskundgebung
warf der Nahost-Experte und Buchautor Ulrich Tilgner dem Westen eine
Mitschuld an den zunehmenden blutigen Konflikten, dem Erstarken des Terrors
und der höchsten Zahl von Flüchtlingen auf der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg
vor. “Der im historischen Vergleich lange Frieden in Europa hat einen
Preis, den die Europäer heute zahlen müssen”, sagte Tilgner bei der
Kundgebung in der katholischen Kirche. Die Waffen- und Kriegsexporte hätten
zum Entstehen von Elend und von politischen Katastrophen ausserhalb Europas
beigetragen, “die Not und Elend für Millionen” bedeuten. Tilgner wertete
die europäische Flüchtlingskrise als “direktes Resultat” einer verfehlten
Sicherheitspolitik westlicher Staaten im Irak, in Afghanistan und in Syrien.
Die Terroranschläge von Brüssel und Paris seien Teil einer “Kette des
Irrsinns”, für den der Westen mitverantwortlich sei, sagte Tilgner.
Romanshorn am Schweizerufer des Bodensees die Kriegstreiberei in aller Welt
und deren Unterstützung durch westliche Waffenexporte angeprangert. Das Motto
hiess: „Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten“. Bei der Abschlusskundgebung
warf der Nahost-Experte und Buchautor Ulrich Tilgner dem Westen eine
Mitschuld an den zunehmenden blutigen Konflikten, dem Erstarken des Terrors
und der höchsten Zahl von Flüchtlingen auf der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg
vor. “Der im historischen Vergleich lange Frieden in Europa hat einen
Preis, den die Europäer heute zahlen müssen”, sagte Tilgner bei der
Kundgebung in der katholischen Kirche. Die Waffen- und Kriegsexporte hätten
zum Entstehen von Elend und von politischen Katastrophen ausserhalb Europas
beigetragen, “die Not und Elend für Millionen” bedeuten. Tilgner wertete
die europäische Flüchtlingskrise als “direktes Resultat” einer verfehlten
Sicherheitspolitik westlicher Staaten im Irak, in Afghanistan und in Syrien.
Die Terroranschläge von Brüssel und Paris seien Teil einer “Kette des
Irrsinns”, für den der Westen mitverantwortlich sei, sagte Tilgner.
Seit wann gibt es den Internationalen
Bodensee-Friedensweg?
Hat er sich im Laufe der Jahre verändert?
Bodensee-Friedensweg?
Hat er sich im Laufe der Jahre verändert?
1984, in der Zeit der atomaren
Nachrüstung, wurde der erste Bodensee-Ostermarsch durchgeführt, „Radeln für
den Frieden“ hiess er, er führte nach Lindau. Die Kundgebung forderte eine
atomfreie Bodensee-Region. Es sprachen der österreichische Zukunftsforscher
Robert Junk, der deutsche Arzt gegen den Atomkrieg Till Bastian und die Thurgauerin
Ursula Brunner, eine Drittweltaktivistin, bekannt geworden als Bananenfrau,
die für fairen Handel einstand. Schon damals war ich an der Organisation beteiligt.
Nachrüstung, wurde der erste Bodensee-Ostermarsch durchgeführt, „Radeln für
den Frieden“ hiess er, er führte nach Lindau. Die Kundgebung forderte eine
atomfreie Bodensee-Region. Es sprachen der österreichische Zukunftsforscher
Robert Junk, der deutsche Arzt gegen den Atomkrieg Till Bastian und die Thurgauerin
Ursula Brunner, eine Drittweltaktivistin, bekannt geworden als Bananenfrau,
die für fairen Handel einstand. Schon damals war ich an der Organisation beteiligt.
Seither haben wir uns, mit
einigen Unterbrüchen, Jahr für Jahr in einer Bodensee-Stadt versammelt, in
Bregenz, Rorschach, Friedrichshafen, Kreuzlingen-Konstanz, Arbon und einmal im
Appenzeller-Vorderland auf den Spuren von Friedenskämpfern wie Henri Dunant,
Katharina Sturzenegger, Paul Vogt, Gertrud Kurz, Carl Lutz. Dieser Weg wird
jetzt ausgeschildert, man wird an jeder Station einen dreiminütigen Film herunterladen
können, die Eröffnung dieses Friedensweges ist auf März 2017 angesetzt.
einigen Unterbrüchen, Jahr für Jahr in einer Bodensee-Stadt versammelt, in
Bregenz, Rorschach, Friedrichshafen, Kreuzlingen-Konstanz, Arbon und einmal im
Appenzeller-Vorderland auf den Spuren von Friedenskämpfern wie Henri Dunant,
Katharina Sturzenegger, Paul Vogt, Gertrud Kurz, Carl Lutz. Dieser Weg wird
jetzt ausgeschildert, man wird an jeder Station einen dreiminütigen Film herunterladen
können, die Eröffnung dieses Friedensweges ist auf März 2017 angesetzt.
Während am Anfang der Protest
gegen die Atomwaffen im Vordergrund stand und man noch für eine friedliche
Nutzung der Atomenergie votierte (heute wird ein rascher Ausstieg aus der
Kernenergie gefordert), ist inzwischen die Thematik breiter geworden:
Welthunger, Flüchtlingsdramen, Umweltzerstörung, Waffenexporte, die wachsende
Kluft zwischen Arm und Reich.
gegen die Atomwaffen im Vordergrund stand und man noch für eine friedliche
Nutzung der Atomenergie votierte (heute wird ein rascher Ausstieg aus der
Kernenergie gefordert), ist inzwischen die Thematik breiter geworden:
Welthunger, Flüchtlingsdramen, Umweltzerstörung, Waffenexporte, die wachsende
Kluft zwischen Arm und Reich.
Die Beteiligung am Bodensee-Friedensweg
ist in den letzten Jahren wieder gewachsen. Die Glut wurde über all die Jahre
warm halten, jetzt kann sie wieder aufflammen.
ist in den letzten Jahren wieder gewachsen. Die Glut wurde über all die Jahre
warm halten, jetzt kann sie wieder aufflammen.
Wir sind überzeugt: „Wer den
Frieden will, muss den Frieden vorbereiten!“ Nach all den Erfahrungen der
letzten hundert Jahre sollten wir wissen: Kriegsvorbereitung führt zu Krieg.
Konflikte müssen ohne Gewalt gelöst werden können.
Frieden will, muss den Frieden vorbereiten!“ Nach all den Erfahrungen der
letzten hundert Jahre sollten wir wissen: Kriegsvorbereitung führt zu Krieg.
Konflikte müssen ohne Gewalt gelöst werden können.
Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit. Das ist Ihr
Grundsatz. Warum ist das so? Was bedeutet die Gerechtigkeit als Vorstufe zum
Frieden für Sie?
Grundsatz. Warum ist das so? Was bedeutet die Gerechtigkeit als Vorstufe zum
Frieden für Sie?
Für mich steht am Anfang der Friedensfrage Empörung über die
Ungerechtigkeit bei uns und in der weiten Welt. Wann immer ich die Zeitung
aufschlage, Radio höre oder die Tagesschau im Fernsehen sehe, habe ich Grund,
mich über den schrecklichen Zustand hier und dort zu empören, bin ich
fassungslos über die verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber dem Elend, bin
ich entsetzt und traurig über den Raubbau an der Natur. Wo Unterdrückung herrscht, wo die Güter und
Lebenschancen ungleich verteilt sind, wo die Lebensgrundlagen zerstört werden,
da kommt es zur Revolte, zu Gewalt, Terror und Krieg.
Ungerechtigkeit bei uns und in der weiten Welt. Wann immer ich die Zeitung
aufschlage, Radio höre oder die Tagesschau im Fernsehen sehe, habe ich Grund,
mich über den schrecklichen Zustand hier und dort zu empören, bin ich
fassungslos über die verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber dem Elend, bin
ich entsetzt und traurig über den Raubbau an der Natur. Wo Unterdrückung herrscht, wo die Güter und
Lebenschancen ungleich verteilt sind, wo die Lebensgrundlagen zerstört werden,
da kommt es zur Revolte, zu Gewalt, Terror und Krieg.
Wer den Frieden will, muss für Gerechtigkeit sorgen, sich
mit struktureller Gewalt und wirtschaftlicher Macht auseinander setzen, den
Schwachen Schutz und Recht zukommen lassen. Gerechtigkeit heisst Chancengleichheit
für alle, einem jedem das zu geben, was er zum Leben braucht, auch zukünftigen
Generationen. Was gerecht ist, muss immer wieder neu verhandelt werden.
mit struktureller Gewalt und wirtschaftlicher Macht auseinander setzen, den
Schwachen Schutz und Recht zukommen lassen. Gerechtigkeit heisst Chancengleichheit
für alle, einem jedem das zu geben, was er zum Leben braucht, auch zukünftigen
Generationen. Was gerecht ist, muss immer wieder neu verhandelt werden.
Zum Beispiel Gerechtigkeit in Europa. Die EU hat den
Friedens-Nobelpreis bekommen, weil ihre Gründer durch die wirtschaftliche
und politische Zusammenarbeit in Europa eine Voraussetzung dafür geschaffen
haben, dass heute ein Krieg zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern Deutschland,
Frankreich, Grossbritannien undenkbar geworden ist. Aber noch führen die
Ungleichheiten zwischen dem Süden und dem Norden zu tiefen Krisen, schaffen
den Frieden bedrohende ungerechte Verhältnisse. Die prekäre Situation in
Griechenland hat das Europäische Netzwerk der nationalen Menschenrechtsinstitutionen
veranlasst, die Europäische Kommission zu dringenden Massnahmen aufzufordern.
Die finanzielle Krise habe in Griechenland zu einer schweren humanitären
Krise geführt. Die verordneten drastischen Kürzungen von Löhnen und Renten und
die Entlassungen hätten die soziale Sicherheit unterminiert. Das Recht auf
Gesundheit sei ausgehebelt worden, bereits ein Drittel der Bevölkerung habe
keine Krankenversicherung und damit keine Chance auf adäquate Behandlung. Der
Zugang zu Wasser und Energie sei massiv erschwert. Das sei Nährboden für das
Aufkommen der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte. Da hat die EU dringenden
Handlungsbedarf. Dass die BRD auf die milliardenschweren Rüstungskäufe durch
Griechenland besteht, ist unverständlich.
Friedens-Nobelpreis bekommen, weil ihre Gründer durch die wirtschaftliche
und politische Zusammenarbeit in Europa eine Voraussetzung dafür geschaffen
haben, dass heute ein Krieg zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern Deutschland,
Frankreich, Grossbritannien undenkbar geworden ist. Aber noch führen die
Ungleichheiten zwischen dem Süden und dem Norden zu tiefen Krisen, schaffen
den Frieden bedrohende ungerechte Verhältnisse. Die prekäre Situation in
Griechenland hat das Europäische Netzwerk der nationalen Menschenrechtsinstitutionen
veranlasst, die Europäische Kommission zu dringenden Massnahmen aufzufordern.
Die finanzielle Krise habe in Griechenland zu einer schweren humanitären
Krise geführt. Die verordneten drastischen Kürzungen von Löhnen und Renten und
die Entlassungen hätten die soziale Sicherheit unterminiert. Das Recht auf
Gesundheit sei ausgehebelt worden, bereits ein Drittel der Bevölkerung habe
keine Krankenversicherung und damit keine Chance auf adäquate Behandlung. Der
Zugang zu Wasser und Energie sei massiv erschwert. Das sei Nährboden für das
Aufkommen der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte. Da hat die EU dringenden
Handlungsbedarf. Dass die BRD auf die milliardenschweren Rüstungskäufe durch
Griechenland besteht, ist unverständlich.
Zum Beispiel Gerechtigkeit weltweit: Wir entsetzen uns
täglich über die Zehntausenden Flüchtlinge in Idomeni an der mazedonischen
Grenze, über das Los der Bootsflüchtlinge, die in Lampedusa landen, ihr Los
schreit zum Himmel. Ich lernte einen von ihnen näher kennen, einen Nubier aus
dem Sudan, dort zwangsrekrutiert und dann desertiert aus der Armee des
Kriegsverbrechers Umar al-Baschir. In Rorschach war der Asylsuchende nachts
in einer kargen unterirdischen Zivilschutzanlage untergebracht, tagsüber, auch
im Winter, auf die Strasse verwiesen mit 8 Franken pro Tag als Nothilfe. Als
ich ihn in meine Wohnung aufnehmen wollte, legten Mitbewohner des Mehrfamilienhauses
und der Hauseigentümer ihr Veto ein. Wer könne wissen, ob er nicht ein
Krimineller sei – und wenn sie von der Arbeit heimkommen, wollten sie bitte
ihre Ruhe haben. – Zum Glück gibt es für Asylsuchende das Solidaritätsnetz
Ostschweiz.
täglich über die Zehntausenden Flüchtlinge in Idomeni an der mazedonischen
Grenze, über das Los der Bootsflüchtlinge, die in Lampedusa landen, ihr Los
schreit zum Himmel. Ich lernte einen von ihnen näher kennen, einen Nubier aus
dem Sudan, dort zwangsrekrutiert und dann desertiert aus der Armee des
Kriegsverbrechers Umar al-Baschir. In Rorschach war der Asylsuchende nachts
in einer kargen unterirdischen Zivilschutzanlage untergebracht, tagsüber, auch
im Winter, auf die Strasse verwiesen mit 8 Franken pro Tag als Nothilfe. Als
ich ihn in meine Wohnung aufnehmen wollte, legten Mitbewohner des Mehrfamilienhauses
und der Hauseigentümer ihr Veto ein. Wer könne wissen, ob er nicht ein
Krimineller sei – und wenn sie von der Arbeit heimkommen, wollten sie bitte
ihre Ruhe haben. – Zum Glück gibt es für Asylsuchende das Solidaritätsnetz
Ostschweiz.
Eine Gefahr droht Millionen Bauern weltweit von den Großkonzernen
Monsanto, Syngenta, Bayer. Die Freihandelsabkommen mit den USA und der EU
verlangen, dass alle nicht offiziell zertifizierten Saatgut-Sorten zu
verbieten und die Bauern gezwungen sind, Jahr für Jahr Hybrid Saatgut der
Grosskonzerne zu kaufen. Ihr eigenes Saatgut dürfen sie nicht mehr verwenden.
Die kolumbianische Polizei ist in Lagerhallen für einheimisches Saatgut eingedrungen
und hat es zerstört. So werden Bauern in den Ruin getrieben. Das muss jetzt
in der EU und weltweit angegangen werden.
Monsanto, Syngenta, Bayer. Die Freihandelsabkommen mit den USA und der EU
verlangen, dass alle nicht offiziell zertifizierten Saatgut-Sorten zu
verbieten und die Bauern gezwungen sind, Jahr für Jahr Hybrid Saatgut der
Grosskonzerne zu kaufen. Ihr eigenes Saatgut dürfen sie nicht mehr verwenden.
Die kolumbianische Polizei ist in Lagerhallen für einheimisches Saatgut eingedrungen
und hat es zerstört. So werden Bauern in den Ruin getrieben. Das muss jetzt
in der EU und weltweit angegangen werden.
Ohne Gerechtigkeit kein Friede.
Zuerst Gerechtigkeit, dann Frieden. In dieser Reihenfolge. Das haben die
Delegierten aus Afrika und Lateinamerika an der Vollversammlung des
Ökumenischen Rates der Kirchen 1984 in Vancouver durchgesetzt. Erst wenn
weltweit die krassen Ungerechtigkeiten beseitigt sind, kann es Frieden geben.
Der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ist ein
dringender Auftrag an uns alle.
Zuerst Gerechtigkeit, dann Frieden. In dieser Reihenfolge. Das haben die
Delegierten aus Afrika und Lateinamerika an der Vollversammlung des
Ökumenischen Rates der Kirchen 1984 in Vancouver durchgesetzt. Erst wenn
weltweit die krassen Ungerechtigkeiten beseitigt sind, kann es Frieden geben.
Der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ist ein
dringender Auftrag an uns alle.
Wie wichtig ist die Vernetzung von Friedensgruppen und warum?
Der
Internationale Bodensee-Friedensweg bringt Menschen aus drei Ländern zusammen,
die sich für eine gerechtere, solidarischere Gesellschaft einsetzen. Immer
wieder müssen wir erleben, dass wir in der Minderheit sind, dass unsere
Initiativen oft scheitern, dass die Mächtigen sich mit ihren Interessen
durchsetzen. Frieden schaffen bedeutet viel mühselige Kleinarbeit. Da tut es
gut, sich zu vergewissern, dass wir nicht allein unterwegs sind. Menschen aus
über 60 Organisationen sind mit dabei. Wir machen einander Mut, daran
festzuhalten und uns dafür einzusetzen: Eine andere Welt ist möglich. Wir
schöpfen den nötigen langen Atem, den es dafür braucht.
Internationale Bodensee-Friedensweg bringt Menschen aus drei Ländern zusammen,
die sich für eine gerechtere, solidarischere Gesellschaft einsetzen. Immer
wieder müssen wir erleben, dass wir in der Minderheit sind, dass unsere
Initiativen oft scheitern, dass die Mächtigen sich mit ihren Interessen
durchsetzen. Frieden schaffen bedeutet viel mühselige Kleinarbeit. Da tut es
gut, sich zu vergewissern, dass wir nicht allein unterwegs sind. Menschen aus
über 60 Organisationen sind mit dabei. Wir machen einander Mut, daran
festzuhalten und uns dafür einzusetzen: Eine andere Welt ist möglich. Wir
schöpfen den nötigen langen Atem, den es dafür braucht.
Woher nehmen Sie die Zuversicht, dass eine andere Welt
möglich ist? Eigentlich spricht doch Vieles dagegen.
möglich ist? Eigentlich spricht doch Vieles dagegen.
Zeugen dafür, dass eine andere Welt möglich ist, sind
Persönlichkeiten wie Mahatma Gandhi, Bertha von Suttner, Martin Luther King,
Nelson Mandela. Mit ihrem gewaltfreien Einsatz haben sie die Welt ein Stück
weit verändert. Auch wir sind Zeugen solcher Entwicklungen. Drei Beispiele:
Persönlichkeiten wie Mahatma Gandhi, Bertha von Suttner, Martin Luther King,
Nelson Mandela. Mit ihrem gewaltfreien Einsatz haben sie die Welt ein Stück
weit verändert. Auch wir sind Zeugen solcher Entwicklungen. Drei Beispiele:
Die sanfte Revolution in der DDR. Ich war dort am 9. Oktober
1989 und in den folgenden 14 Tagen. In Leipzig sind Zehntausende für ihre
Überzeugung, trotz Gewaltdrohung, auf die Strasse gegangen mit dem Ruf: „Wir
sind das Volk!“ Sie haben damit einen tiefgreifenden Wandel ausgelöst. Er ist
nicht einfach so vom Himmel gefallen. Er wurde jahrelang unter dem Dach der Kirchen vorbereitet, z.B. im konziliaren
Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Nur so – und,
zugegeben, auch dank Gorbatschow – war diese sanfte Revolution
möglich. Die gesteckten Ziele wurden zwar, wie sich bald zeigte, nur teilweise
erreicht. Zwei Schritte vor und einer zurück, so läuft es halt in dieser
Welt. Langer Atem ist nötig. Aber die ersten Schritte können, müssen wir
jetzt tun.
1989 und in den folgenden 14 Tagen. In Leipzig sind Zehntausende für ihre
Überzeugung, trotz Gewaltdrohung, auf die Strasse gegangen mit dem Ruf: „Wir
sind das Volk!“ Sie haben damit einen tiefgreifenden Wandel ausgelöst. Er ist
nicht einfach so vom Himmel gefallen. Er wurde jahrelang unter dem Dach der Kirchen vorbereitet, z.B. im konziliaren
Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Nur so – und,
zugegeben, auch dank Gorbatschow – war diese sanfte Revolution
möglich. Die gesteckten Ziele wurden zwar, wie sich bald zeigte, nur teilweise
erreicht. Zwei Schritte vor und einer zurück, so läuft es halt in dieser
Welt. Langer Atem ist nötig. Aber die ersten Schritte können, müssen wir
jetzt tun.
Oder ich denke an
meine Erfahrungen in der humanitären Hilfe und Friedensarbeit während und nach
den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien. Da habe ich erlebt, wie Hass und Grausamkeit
schrecklich wüteten. Schlimmer als die Ruinen sind die tiefen Wunden, die der
Krieg den Menschen zugefügt hat, von denen sie sich kaum erholen. Was ein Krieg
anrichtet, ist so grauenvoll, dass er nie und nimmer gerechtfertigt werden
kann. Umso wichtiger ist die Arbeit für eine andere Welt. Zum Glück sind im
Krieg auch Hingabe und Solidarität gewachsen, vor allem bei Frauen, die der
Kriegslogik widerstanden und heute noch professionell in der Friedensarbeit
tätig sind. So haben z.B. in Bosnien noch während des Krieges
Psychologiestudentinnen sich der kriegstraumatisierten Kinder angenommen und
die Organisation SEZAM gegründet. Heute, 20 Jahre später, sind sie in der
Versöhnungsarbeit in den Dörfern dies- und jenseits der Frontlinien tätig.
Sie befähigen Lehrer und Lehrerinnen zur gewaltfreier Konfliktlösung und zur Zusammenarbeit von Schulen
über die starren ethnischen
Grenzen hinweg. Das liegt quer zur aktuellen politischen Situation in
Bosnien, die auf Spaltung hinarbeitet – aber es ist möglich, ein Stück Frieden zu schaffen.
meine Erfahrungen in der humanitären Hilfe und Friedensarbeit während und nach
den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien. Da habe ich erlebt, wie Hass und Grausamkeit
schrecklich wüteten. Schlimmer als die Ruinen sind die tiefen Wunden, die der
Krieg den Menschen zugefügt hat, von denen sie sich kaum erholen. Was ein Krieg
anrichtet, ist so grauenvoll, dass er nie und nimmer gerechtfertigt werden
kann. Umso wichtiger ist die Arbeit für eine andere Welt. Zum Glück sind im
Krieg auch Hingabe und Solidarität gewachsen, vor allem bei Frauen, die der
Kriegslogik widerstanden und heute noch professionell in der Friedensarbeit
tätig sind. So haben z.B. in Bosnien noch während des Krieges
Psychologiestudentinnen sich der kriegstraumatisierten Kinder angenommen und
die Organisation SEZAM gegründet. Heute, 20 Jahre später, sind sie in der
Versöhnungsarbeit in den Dörfern dies- und jenseits der Frontlinien tätig.
Sie befähigen Lehrer und Lehrerinnen zur gewaltfreier Konfliktlösung und zur Zusammenarbeit von Schulen
über die starren ethnischen
Grenzen hinweg. Das liegt quer zur aktuellen politischen Situation in
Bosnien, die auf Spaltung hinarbeitet – aber es ist möglich, ein Stück Frieden zu schaffen.
Und selbst im Scheitern kann Hoffnung wachsen. Mitte der
80er Jahre nahm ich an einer internationalen Konferenz teil. Afrikaner
stellten mich an den Pranger dafür, dass die Schweiz ein Zufluchtsort für dem
Volk gestohlene Gelder sei. Ich erzählte davon, wie wir 1984 mit einer Volksinitiative
versucht hatten, das Bankgeheimnis abzuschaffen, und wie wir landauf landab
mit guten Argumenten kämpften und trotzdem unterlagen. Eine Frau aus Ghana
hat mich darauf hin umarmt. Erst jetzt realisiere sie, dass es bei uns
Menschen gebe, die sich für eine Änderung engagierten. Das gebe ihr Hoffnung.
„Gebt nicht auf. Kämpft weiter.“ – Heute, 30 Jahre später, ist unter dem Druck
von aussen das Bankgeheimnis eingebrochen – wie die Mauern von Jericho nach
einer siebenmaligen Umrundung unter dem Schall der Posaunen.
80er Jahre nahm ich an einer internationalen Konferenz teil. Afrikaner
stellten mich an den Pranger dafür, dass die Schweiz ein Zufluchtsort für dem
Volk gestohlene Gelder sei. Ich erzählte davon, wie wir 1984 mit einer Volksinitiative
versucht hatten, das Bankgeheimnis abzuschaffen, und wie wir landauf landab
mit guten Argumenten kämpften und trotzdem unterlagen. Eine Frau aus Ghana
hat mich darauf hin umarmt. Erst jetzt realisiere sie, dass es bei uns
Menschen gebe, die sich für eine Änderung engagierten. Das gebe ihr Hoffnung.
„Gebt nicht auf. Kämpft weiter.“ – Heute, 30 Jahre später, ist unter dem Druck
von aussen das Bankgeheimnis eingebrochen – wie die Mauern von Jericho nach
einer siebenmaligen Umrundung unter dem Schall der Posaunen.
Für Änderungen braucht es einen langen Atem. Und überdies, so habe ich es von
meinem Vater gelernt: Ich engagiere mich nicht, weil ich dem Erfolg nachrenne,
sondern ich tue, was ich als Recht empfinde. Eine andere Welt ist möglich. Von
dieser Realität gehen wir aus.
Vor
welchen neuen Herausforderungen steht die Friedensbewegung heute?
welchen neuen Herausforderungen steht die Friedensbewegung heute?
Eine
grosse Herausforderung sind die vielen Millionen Flüchtlinge, die durch Krieg
und Hunger vertrieben werden und ein Leben in Sicherheit suchen. Wir müssen
unsere Bevölkerung und unsere Politiker dafür gewinnen, dass wir uns mit
Nachdruck und gleichzeitig drei Herausforderungen stellen: Den Flüchtlingen, die
zu uns unterwegs sind, Schutz gewähren, den Aufnahmeländern und UNHCR in den
Krisengebieten im Mittleren Osten und in Afrika grosszügige
Unterstützung zusichern, dass sie in der Lage sind, die Geflüchteten bei sich
aufzunehmen, und in den Herkunftsländern durch eine verstärkte
Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik die Voraussetzungen
schaffen, dass Menschen dort ein Auskommen haben. Menschen hungern dort, und dabei wissen wir, es könnte für alle
genügend an Lebensmitteln produziert werden. „Wir lassen sie verhungern“
schreibt Jean Ziegler. Er nennt unsere Weltordnung eine kannibalische, die es
mit Spekulationen mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen gelassen in Kauf nimmt,
dass alle fünf Sekunden ein Kind auf diesem Planeten verhungert, oder in der
Sprache Zieglers, „ermordet“ wird.
Der Reichtum der Welt ist skandalös ungerecht verteilt.
Weltweit besitzen die 85 reichsten Männer gleich viel wie die ärmere Hälfte
der Menschheit, wie 3,5 Milliarden Menschen zusammen. Das ist ein Verhältnis
1:40 Millionen. Auch wir leben auf zu
grossem Fuss. Wenn alle in den verschiedenen Kontinenten der Welt einen Fussabdruck
wie wir in Anspruch nehmen wollten, dann müssten wir drei oder fünf Planeten
Erde haben. Wir fordern Massnahmen wie den sozialen Ausgleich durch stärkere Besteuerung
des Reichtums und eine ernsthafte Umsetzung der Milleniumsziele.
grosse Herausforderung sind die vielen Millionen Flüchtlinge, die durch Krieg
und Hunger vertrieben werden und ein Leben in Sicherheit suchen. Wir müssen
unsere Bevölkerung und unsere Politiker dafür gewinnen, dass wir uns mit
Nachdruck und gleichzeitig drei Herausforderungen stellen: Den Flüchtlingen, die
zu uns unterwegs sind, Schutz gewähren, den Aufnahmeländern und UNHCR in den
Krisengebieten im Mittleren Osten und in Afrika grosszügige
Unterstützung zusichern, dass sie in der Lage sind, die Geflüchteten bei sich
aufzunehmen, und in den Herkunftsländern durch eine verstärkte
Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik die Voraussetzungen
schaffen, dass Menschen dort ein Auskommen haben. Menschen hungern dort, und dabei wissen wir, es könnte für alle
genügend an Lebensmitteln produziert werden. „Wir lassen sie verhungern“
schreibt Jean Ziegler. Er nennt unsere Weltordnung eine kannibalische, die es
mit Spekulationen mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen gelassen in Kauf nimmt,
dass alle fünf Sekunden ein Kind auf diesem Planeten verhungert, oder in der
Sprache Zieglers, „ermordet“ wird.
Der Reichtum der Welt ist skandalös ungerecht verteilt.
Weltweit besitzen die 85 reichsten Männer gleich viel wie die ärmere Hälfte
der Menschheit, wie 3,5 Milliarden Menschen zusammen. Das ist ein Verhältnis
1:40 Millionen. Auch wir leben auf zu
grossem Fuss. Wenn alle in den verschiedenen Kontinenten der Welt einen Fussabdruck
wie wir in Anspruch nehmen wollten, dann müssten wir drei oder fünf Planeten
Erde haben. Wir fordern Massnahmen wie den sozialen Ausgleich durch stärkere Besteuerung
des Reichtums und eine ernsthafte Umsetzung der Milleniumsziele.
Wir müssen deutlicher rufen: „So darf es nicht weitergehen!“
Unrecht muss benannt und offen gelegt werden. Mechanismen sind transparent zu
machen. Mächtige sind zu demaskieren, ihnen ist die Gefolgschaft zu
verweigern. Dazu braucht es Zivilcourage. Wut macht Mut!
Unrecht muss benannt und offen gelegt werden. Mechanismen sind transparent zu
machen. Mächtige sind zu demaskieren, ihnen ist die Gefolgschaft zu
verweigern. Dazu braucht es Zivilcourage. Wut macht Mut!
Wir wollen uns aber auch persönlich verpflichten, in unserem
eigenen Leben so zu handeln, wie wir wünschen, es würden sich einmal alle so
verhalten. Wenn wir eine andere Welt wollen, müssen wir uns mit unseren
Schattenseiten, die ja in jedem von uns sind, auseinandersetzen, damit sie
keine Macht über uns haben. Wer bei uns einkehrt, soll sehen und erfahren,
was gerecht ist, was dem Frieden dient, was es heisst, der Natur Sorge zu
tragen. Denn was wir tun, ist unüberhörbar, wirkt mehr als Worte es je können.
Welchen ökologischen Fussabdruck beanspruchen wir persönlich? Wie handeln wir
als Konsumenten? Wo und wie haben wir unser Geld angelegt? Wie gehen wir mit
Konflikten im eigenen Umfeld um? Was wir hier verändern, ist ein Baustein
dazu, die ganze Welt zu verändern. Als Bürgerinnen und Bürger, als Wähler und
Wählerinnen, als Mitglieder von Organisationen der zivilen Gesellschaft setzen
wir uns für eine andere Welt ein.
eigenen Leben so zu handeln, wie wir wünschen, es würden sich einmal alle so
verhalten. Wenn wir eine andere Welt wollen, müssen wir uns mit unseren
Schattenseiten, die ja in jedem von uns sind, auseinandersetzen, damit sie
keine Macht über uns haben. Wer bei uns einkehrt, soll sehen und erfahren,
was gerecht ist, was dem Frieden dient, was es heisst, der Natur Sorge zu
tragen. Denn was wir tun, ist unüberhörbar, wirkt mehr als Worte es je können.
Welchen ökologischen Fussabdruck beanspruchen wir persönlich? Wie handeln wir
als Konsumenten? Wo und wie haben wir unser Geld angelegt? Wie gehen wir mit
Konflikten im eigenen Umfeld um? Was wir hier verändern, ist ein Baustein
dazu, die ganze Welt zu verändern. Als Bürgerinnen und Bürger, als Wähler und
Wählerinnen, als Mitglieder von Organisationen der zivilen Gesellschaft setzen
wir uns für eine andere Welt ein.
Welche
sind die Hauptziele Ihrer Initiative?
sind die Hauptziele Ihrer Initiative?
Wir
haben uns für dieses Jahr auf fünf Forderungen geeinigt, die von den eingeladenen
Rednerinnen und Redner näher erläutert wurden:
haben uns für dieses Jahr auf fünf Forderungen geeinigt, die von den eingeladenen
Rednerinnen und Redner näher erläutert wurden:
1. Kein
Geschäft mit dem Krieg: Waffenexporte
stoppen und Kriegsinvestitionen verbieten!
Geschäft mit dem Krieg: Waffenexporte
stoppen und Kriegsinvestitionen verbieten!
2. Fluchtursachen
bekämpfen durch friedensfördernde Außen- und Wirtschaftspolitik!
bekämpfen durch friedensfördernde Außen- und Wirtschaftspolitik!
3. Bildung
und Arbeit für Geflüchtete: Perspektiven schaffen!
und Arbeit für Geflüchtete: Perspektiven schaffen!
4. Nein
zu TTIP und TISA und zur Ausbeutung durch Konzerne!
zu TTIP und TISA und zur Ausbeutung durch Konzerne!
5. 30
Jahre nach Tschernobyl – 5 Jahre nach Fukushima: Ausstieg aus der Atomgesellschaft
jetzt!
Jahre nach Tschernobyl – 5 Jahre nach Fukushima: Ausstieg aus der Atomgesellschaft
jetzt!
Daher
fordern wir eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaftspolitik.
fordern wir eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaftspolitik.
Welche
Strategien kann man in der Gesellschaft umsetzen, um den Frieden zu fördern?
Strategien kann man in der Gesellschaft umsetzen, um den Frieden zu fördern?
Frieden schaffen heisst: Ein JA zu jenen Kräften, die sich
hier und jetzt für eine andere Welt engagieren, mithelfen, sie zu schaffen.
hier und jetzt für eine andere Welt engagieren, mithelfen, sie zu schaffen.
„Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten!“ Lange
hiess es und wird noch heute geglaubt: „Wer den Frieden will, muss den Krieg
vorbereiten – Civis pacem para bellum“. Wir aber sagen – nach all den
Erfahrungen in den letzten 100 Jahren – dass Kriegsvorbereitung zu Krieg führt
und so nie und nimmer Friede zu erreichen ist. Konflikte müssen gewaltfrei gelöst
werden. Der Krieg ist zu ächten, d.h. er ist etwas vollkommen Verwerfliches.
hiess es und wird noch heute geglaubt: „Wer den Frieden will, muss den Krieg
vorbereiten – Civis pacem para bellum“. Wir aber sagen – nach all den
Erfahrungen in den letzten 100 Jahren – dass Kriegsvorbereitung zu Krieg führt
und so nie und nimmer Friede zu erreichen ist. Konflikte müssen gewaltfrei gelöst
werden. Der Krieg ist zu ächten, d.h. er ist etwas vollkommen Verwerfliches.
Eine andere Welt ist möglich. Von dieser Realität gehe ich
aus. So wie es in einem Kanon heisst: „Wenn einer alleine träumt, ist es nur
ein Traum, wenn viele gemeinsam träumen, dann ist es der Beginn einer neuen
Wirklichkeit.“ Helder Camara rief uns einst in Erinnerung: Eine Minderheit kann
die Welt verändern.
aus. So wie es in einem Kanon heisst: „Wenn einer alleine träumt, ist es nur
ein Traum, wenn viele gemeinsam träumen, dann ist es der Beginn einer neuen
Wirklichkeit.“ Helder Camara rief uns einst in Erinnerung: Eine Minderheit kann
die Welt verändern.