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Berichte über Katastrophe im Mittelmeer bestätigt UNHCR spricht von 500 Toten nach Schiffsunglück

Von Tilmann Kleinjung, ARD-Studio Rom, Tagesschau.de, 20. April 2016.

Nach dem Schiffsunglück im Mittelmeer in
der vergangenen Woche werden bis zu 500 Tote befürchtet. Das berichtet
das UN-Flüchtlingshilfswerk unter Berufung auf Überlebende. Die
Flüchtlinge waren von Libyen aus in Richtung Europa unterwegs.




Noch gibt es Zweifel, jede Menge ungeklärte
Fragen – doch die Meldungen, wonach es am Wochenende im Mittelmeer zu
einem schweren Unglück gekommen ist, scheinen sich zu bestätigen.
Bereits gestern hatte Carlotta Sami vom UN-Flüchtlingshilfswerk in Rom
bestätigt, dass das UNHCR versuche, Kontakt zu Flüchtlingen aufzunehmen,
die sich aktuell in einer Aufnahmeeinrichtung in Kalamata in
Griechenland befinden:


“Es sind etwa 40 Menschen, die im Ägäischen Meer gerettet wurden. Wir
wollen verstehen, ob die irgend etwas mit diesem Schiffsunglück zu tun
haben, von dem es ja sehr konfuse Nachrichten gibt. Denn weder die
ägyptische noch die griechische und italienische Küstenwache haben das
bestätigen können.”


“Schlimmste Tragödie” der vergangenen zwölf Monate


Nun scheint es mehr Klarheit zu geben. Das UNHCR
spricht nach den Interviews mit den Überlebenden in Griechenland von der
“schlimmsten Tragödie”, die sich in den vergangenen zwölf Monaten
zugetragen hat. Bis zu 500 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen
sein. Nur 37 Männer, drei Frauen und ein Kind haben überlebt. Sie
stammen aus Äthiopien, Somalia, Sudan und Ägypten und sind Ende
vergangener Woche von der libyschen Küstenstadt Tobruk aufgebrochen.


Die Überlebenden sprechen von bis zu 200
Passagieren auf einem etwa 30 Meter langen Boot. Auf hoher See wurden
sie von den Schleppern in ein größeres Holzboot umgeladen, das ebenfalls
bereits mehrere Hundert Menschen an Bord hatte und das während des
Verladens kenterte. Ein Reporter der BBC konnte mit einem der
Überlebenden in Kalamata sprechen. Dieser berichtete:


“Als ich sah, dass das Boot sich mit Wasser füllt, bin ich wieder
herausgesprungen und geschwommen. Und dann habe ich das kleinere Boot
wieder erreicht und ein Freund hat mir ein Seil zugeworfen und meine
Hand ergriffen. Und in diesem Moment sah ich viele Freunde und Familien
schreien: ‘Wir brauchen Hilfe’.”


Somalische Regierung bestätigt Tod von Hunderten Landsleuten


Die Überlebenden wissen offenbar nicht, woher das größere Boot kam, auf das sie umgeladen werden sollte. Eine Theorie: Es könnte sich dabei um das Boot handeln, das von Ägypten aus gestartet ist und zu Wochenbeginn vermisst gemeldet wurde. Auf
diesem sollen sich vor allem Somalier und Eritreer befunden haben. Die
somalische Regierung hatte den Tod von mehreren Hundert Somaliern
bestätigt und den Angehörigen ihr Mitgefühl ausgedrückt. Die wenigen
Überlebenden wurden am Samstag von einem Handelsschiff aufgenommen und
an Land gebracht.