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Wir müssen schreien gegen israelisches Unrecht!

von Abi Melzer, Der Semit, 25. März 2016. 

Nein, wir Juden sollten Israel nicht kritisieren. Damit bin ich sogar mit dem Zentralrat der Juden einverstanden. Israel ist gegen jede Art von Kritik blind und taub, und die israelische Selbstgerechtigkeit stinkt bis zum Himmel. Ich bin aber mit der Konsequenz, die der „Zentralrat der Juden“ daraus ableitet, nämlich zu schweigen, ganz und gar nicht einverstanden. Nein, wir sollten nicht schweigen, sondern schreien, jeden Tag, jede Woche, jeden Monat und immer wieder, solange diese unsägliche Besatzung Palästinas und damit das Unrecht fortdauert. Wir sollten mit ganzer Kraft „J’accuse“ schreien, das berühmte „Ich klage an“ des nichtjüdischen französischen Schriftstellers und Journalisten Emil Zola angesichts des Unrechts, das man dem jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfuss angetan hat, und zwar aus rein antisemitischen Motiven.

Wir sind heute aber Zeugen eines viel größeren und bedeutenderen Unrechts, das Juden, oder besser gesagt, Israelis, einem anderen Volk antun. Was wir dieser Tage erlebt haben, dass ein israelischer Soldat einen verwundeten und wehrlosen Palästinenser durch einen gezielten Schuss im den Kopf tötet bzw. ermordet, ist nicht neu. Es ist nur deshalb neu, weil es zum ersten Mal so deutlich und klar und unleugbar dokumentiert wurde und weil derjenige, der es gefilmt hat, die Daten sofort an die israelische Organisation „B’Tselem“ weitergereicht hat, bevor die israelischen Behörden, insbesondere das Militär, ihm die Daten wegnehmen und vernichten konnte.

Israelis sind Täter, das hat schon Henryk Broder vor Jahren geschrieben und das hat schon die Jüdische Allgemeine, das Zentralorgan des Zentralrats der Juden in Deutschland, veröffentlicht. Und in diesem Fall muss ich sogar gestehen, dass Broder Recht hatte.
Es ist endlich an der Zeit für uns alle zu begreifen, dass Israelis Täter sind, diejenigen, die tatsächlich morden und diejenigen, die dazu schweigen. Wir Juden sind zu einem Volk der Täter geworden und stehen somit den Nazis sehr nah.

Eine weitere ekelhafte und widerliche Tatsache ist die Reaktion vieler, leider sehr vieler Israelis auf die Attentate in Brüssel. Viele schrieben in Zeitungsblogs, sie freuen sich, wenn die Belgier (gemeint sind wir alle, die Europäer) jetzt auch wissen, was Terror ist. Sie verglichen die absolut unschuldigen Belgier mit den schuldigen Israelis und meinten, jetzt würden die Belgier (Europäer) Israel besser verstehen. Ja, wir verstehen Israel, das schlechte Gewissen der Israelis zwingt sie, sich zu freuen, wenn Europäer als Opfer betroffen sind, weil sie sich dann mit den Europäern gleichstellen können und behaupten können, sie sind genauso Opfer wie die Toten in Brüssel oder Paris, in der Hoffnung, die Europäer würden sich mit ihnen solidarisieren. Aber so dumm sind die Europäer nicht.

Damit leben sie in einem totalen Irrtum, der zwar ihrer Selbstgerechtigkeit entspricht, aber nicht der real existierenden Wirklichkeit. In der Realität unterdrücken die Israelis seit bald 100 Jahren ein anderes Volk, vor 70 Jahren haben sie hunderttausende Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben, die sie mit Gewalt erobert haben und vor 50 Jahren haben sie wieder Gewalt angewendet und den Rest Palästinas erobert und besetzt. Seitdem führen sie dort ein Terrorregime über dessen Verbrechen permanent in der Weltpresse aber auch in der israelischen Presse berichtet wird.

Nein, deswegen soll Israel nicht kritisiert werden, denn die Israelis sind resistent gegen Kritik, zumindest die zionistischen Israelis und ihre Helfer und Helfershelfer im Ausland.
Kritisiert werden muss und soll, unsere deutsche Regierung, unsere Politiker und die Regierungen derjenigen Staaten, die am meisten für diese Katastrophe, die im 20. Jahrhundert begann, verantwortlich sind, nämlich die USA und vor allem England und Frankreich, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in bester kolonialer und nationaler Politik den Nahen Orient unter sich aufgeteilt, nachdem sie vorher den Arabern Freiheit und Unabhängigkeit versprochen haben, falls sie die Alliierten im Ersten Weltkrieg, im Kampf gegen Deutschland und das Osmanische Reich unterstützen würden. Die Araber haben ihren Teil des Abkommens erfüllt, aber England und Frankreich fühlten sich mehr den Zionisten verpflichtet. Diese falsche Entscheidung aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bestimmt heute noch die Politik im Nahen Osten und eigentlich in der ganzen Welt.

Palästina mag, gemessen an Europa, rückständig gewesen sein, aber unbewohnt, ungenutzt, unbebaut und unzivilisiert, das war Palästina nicht.
Das ist das Märchen der zionistischen Propaganda, das leider von immer noch zu vielen Menschen geglaubt wird. Die zionistische Propaganda prägte den Slogan: „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land.“ Als sich aber sehr bald herausstellte, und zwar durch aufgeklärte und aufgeschlossene Zionisten, dass das Land nicht „ohne Volk“ ist, änderten die Zionisten ihre Taktik und Propaganda und nannten die Einheimischen, die seit Generationen dort lebten, „Spätankömmlinge“, also Araber, die sich durch die zionistische Entwicklung des Landes angezogen fühlten und aus noch rückständigeren Gegenden wie Irak, Syrien oder Ägypten eingewandert sind. Dabei waren nur sehr wenige zionistische Einwanderer Nachkommen der alten Israeliten. Die allermeisten hatten von ihrer Geschichte und Abstammung her nichts mit dem Land zu tun.
Die Vorfahren der Juden Europas waren im Wesentlichen die zum Judentum konvertierten Khazaren.

Wir müssen endlich lernen zwischen zionistischer Legende und historischer Wahrheit zu unterscheiden. Leider gibt es bei uns viel zu viel Ignoranz gegenüber der historischen Wahrheit und fast überhaupt kein Verständnis für den Zorn der arabischen und besonders der palästinensischen Welt.

Wir müssen das immer wieder laut sagen, aber besser noch laut schreien. Es war ein riesengroßes Unrecht, was man den Arabern angetan hat und insbesondere den Palästinensern.