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ProMosaik e.V. im Gespräch mit Susanne Anger von Gemeinsam für Afrika e.V.

Bild von Gemeinsam für Afrika

von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Anbei ein sehr schönes Interview mit Susanne Anger, Sprecherin des Vereins Gemeinsam für Afrika. Das Ziel dieses Interview besteht für ProMosaik e.V. darin, die Vielfalt Afrikas aufzuzeigen. Afrika gibt es an sich nicht. Afrika ist ein Raum unterschiedlicher Kulturen, Religionen und Traditionen. Kenntnisse über Afrika und seine Menschen unterstützen uns dabei, Toleranz in der Gesellschaft zu fördern. Wie es auf der Webseite des Vereins so schön heißt: Europa und Afrika finden sich durch die Musik.


Milena Rampoldi: Wie wichtig ist heute eine
differenzierte und kritische Auseinandersetzung mit dem so bunten und
diversifizierten Kontinenten Afrika und warum?
Susanne Anger: In der medialen Darstellung
unseres Nachbarkontinents Afrika dominiert noch immer das Bild des „verlorenen
Kontinents“. Der Großteil unserer Gesellschaft assoziiert negative Stichwörter
wie Hunger, Armut, Bürgerkriege, Krankheiten und Korruption mit Afrika. Doch
diese sind nur einige Wahrheiten des Kontinents. Die Vielfältigkeit wie auch
die Potenziale der unterschiedlichen afrikanischen Länder kommen in der
öffentlichen Diskussion oft nicht zur Sprache oder werden von Meldungen über
neue unmenschliche und grausame Gewalttaten übertönt. So zeichnet sich in der
Gesellschaft schnell das Bild eines nicht mehr zu rettenden Kontinents, bei dem
jegliche Versuche, den Menschen aus der Armut zu helfen und einen
grundsätzlichen Wandel auf dem Kontinent herbeizuführen, vergebens seien. Doch
auch in Ländern, die seit Jahren von Bürgerkriegen gezeichnet sind, gibt es
einen Alltag in dem die Menschen Beeindruckendes auf die Beine stellen.
Afrika ist genauso aufstrebend
und innovativ. So wird Nairobi mittlerweile als Afrikas „Silicon Valley“
bezeichnet, da hier viele High Tech Start-Ups angesiedelt sind, deren
zahlreiche App-Entwicklungen auch für Europa und die Industriestaaten äußerst
interessant sind. In Uganda wurde kürzlich der erste Solarbus Afrikas auf den
Markt gebracht. Ruanda hat in nur einem Jahr einen groß angelegten Solarpark
gebaut, der die Stromerzeugungsleistung des Landes um sechs Prozent gesteigert
hat. Dies sind nur einige Beispiele der Leistungen der Menschen in Afrika,
insbesondere angesichts der oft sehr schwierigen Lebensbedingungen, in denen
sie sich befinden.   

MR: Wie wichtig sind in der
Entwicklungshilfe die Vernetzung mit anderen Organisationen und die Hilfe zur
Selbsthilfe?
SA: Die Entwicklungszusammenarbeit
ist ein langwieriger und herausfordernder Prozess. Oft muss die Arbeit der
Hilfs- und Entwicklungsorganisationen unter äußert prekären Bedingungen und in
einem Umfeld geleistet werden, das sich plötzlich verändern und destabilisieren
kann. Hier ist es wichtig, dass die einzelnen Organisationen zusammenarbeiten
und sich über ihre Erfolge, aber auch Rückschläge sowie über aktuelle
Sicherheitsfragen austauschen.
Die einzelnen Felder der
Entwicklungszusammenarbeit hängen eng miteinander zusammen und bedingen sich
oft gegenseitig. So ist Bildung beispielsweise eine unverzichtbare
Voraussetzung, um  dem Teufelskreis der Armut zu durchbrechen. Doch ein
hungerndes oder krankes Kind kann nicht zur Schule gehen, selbst wenn sie da
ist. Medizinische Grundversorgung und Ernährungssicherung sind Voraussetzung,
aber nicht Mittel extremer Armut zu entkommen. Ein ganzheitlicher Ansatz ist
entscheidend.
Die Erfolge und Misserfolge der
Entwicklungszusammenarbeit über Jahre haben gezeigt, dass nur eine
eigenständige Entwicklung und Maßnahmen, mit denen sich die Menschen
identifizieren und die mit ihren Kulturen und Traditionen vereinbar sind,
Erfolg haben. Nur dann verhilft er den Menschen zu dauerhaft verbesserten
Lebensbedingungen.

Foto: Gemeinsam für Afrika

MR: Um welche Hauptbereiche
kümmert sich Ihr Verein in Afrika?
SA: Gemeinsam für Afrika ist ein Bündnis von über 20 Hilfs- und
Entwicklungsorganisationen. Der Verein selbst betreut keine Projekte in Afrika.
Es sind die Bündnisorganisationen, die sich in tausenden Projekten auf dem
gesamten afrikanischen Kontinent für verbesserte Lebensbedingungen der Menschen
einsetzen. Dabei liegt der Fokus auf einen nachhaltigen und eigenständigen
Ansatz. Durch eine partnerschaftliche Kooperation wird den Menschen in Afrika
die Möglichkeit gegeben, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Die
Projektbereich sind sehr vielfältig und umfassen Themen wie Bildung, Stärkung
der Kinder- und Frauenrechte, medizinische Versorgung, Ernährungssicherheit,
Klima, Umwelt, Notversorgung und verbesserte Landwirtschaft.
Die Kampagne Gemeinsam für
Afrika
hat es sich zum Ziel gemacht, hier in Deutschland dem Bild des
„verlorenen Kontinents“ entgegenzuwirken und auf die Potenziale und Chancen
sowie die Vielfältigkeit des afrikanischen Kontinents und seinen Menschen
aufmerksam zu machen.

MR: In welchen Ländern sind Sie
vor allem tätig?
SA: Die Mitgliedsorganisationen des
Bündnisses Gemeinsam für Afrika sind auf dem gesamten afrikanischen Kontinent
tätig, wobei die allermeisten Projekte in Subsahara-Afrika angesiedelt ist.

MR: Wie wichtig ist die Arbeit
im Bereich der Frauenrechte und welche Erfahrungen haben Sie in diesem Bereich
gemacht?
SA: Die rechtliche Situation der
Frauen ist in den verschiedenen afrikanischen Ländern natürlich sehr
unterschiedlich. In den meisten Ländern sind die Rechte der Frauen jedoch noch
immer stark eingeschränkt. Bestehende Gesetze und Strukturen verwehren ihnen
den Zugang zu Bildung, Eigentum und ökonomischen Ressourcen.
Dabei steckt in Frauen und
Mädchen ein erhebliches Entwicklungspotenzial. Sie sind es, die soziale und
wirtschaftliche Entwicklungen tragen. Sie sind die Haupternährerinnen und
–versorgerinnen ihrer Familien. Sie produzieren Nahrungsmittel, führen Unternehmen
und partizipieren zunehmend in politischen Entscheidungsprozessen. Mehrere
Studien belegen, dass Frauen weniger korrupt sind und Gelder gerechter und
uneigennütziger verwalten als Männer. Die Durchsetzung der Gleichberechtigung
von Frauen in armen Ländern würde aller Voraussicht nach dazu beitragen, die
extreme Armut sehr viel schneller abzuschaffen. Erfolgreiche und finanzstarke
Frauen würden ihre Familien und ihr soziales Umfeld positiv beeinflussen und
mit sich ziehen. Deshalb setzen unsere Bündnisorganisationen in einer Vielzahl
der Projekte auf Frauen. 

 Quelle: Heribert Ostwald von Gemeinsam für Afrika

MR: Berichten Sie uns von Ihrer
Schulkampagne.
SA: Die Schulkampagne hat es sich
zur Aufgabe gemacht, bei Grund- und Oberschüler_innen ein Bewusstsein für die
Vielfalt des afrikanischen Kontinents zu schaffen und dazu beizutragen, ein
differenziertes und realistisches Bild des Kontinents zu vermitteln. Dabei
bedient sich die Schulkampagne des Bildungskonzepts des so genannten „Globalen
Lernens“. Dieses Konzept versteht sich als Antwort auf die zunehmende
Globalisierung.
Das kostenfreie Angebot der
Schulkampagne besteht aus Unterrichtsmaterialien zu unterschiedlichen Themen
für Schulen, der Vermittlung von Referent_innen, der Bereitstellung von
Aktionsmaterialien, einem bundesweiten Schulwettbewerb sowie
Lehrkräftefortbildungen zu Afrika-bezogenen Themen.
Die Schulkampagne „Schulen –
Gemeinsam für Afrika
“ wurde 2006 ins Leben gerufen und kann mittlerweile
eine jährliche Teilnahme von über 1000 Schulen bundesweit verzeichnen.

  Quelle: Heribert Ostwald von Gemeinsam für Afrika