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Feminismus und Migration: ProMosaik interviewt die italienische Autorin und Feministin Lisa Mazzi


Von Milena
Rampoldi, ProMosaik e.V., Deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Hier im Folgenden möchte ich Ihnen das Interview mit
der italienischen Autorin und Feministin Lisa Mazzi, die seit Jahren in Deutschand lebt, auch in deutscher Übersetzung vorstellen. Wir haben bereits die italienische Rezension ihres Buches “Donne
mobili
” über die Migration der italienischen Frauen zwischen 1890 und
2010 nach Deutschland veröffentlicht. Das Buch ist auch in deutscher
Übersetzung verfügbar. Lisa Mazzi liebt nun in Berlin. Sie hatte über Jahre am
Institut für Angewandte Linguistik an der Universität Saarbrücken gearbeitet.
In Berlin ist sie als Vorstandsvorsitzende des Frauenvereins Rete Donne tätig.
Weitere Informationen über Rete Donne finden Sie u.a. auf dem Blog des Vereins unter https://retedonneberlino.wordpress.com/

Milena Rampoldi: Was heißt Feminismus für Sie?

Lisa Mazzi: Unter Feminismus verstehe ich das konstante Bewusstsein, Frau in einer
Gesellschaft zu sein, die von der Harmonie zwischen den Geschlechtern und der Chancengleichheit
noch weit entfernt ist. Ich gehöre der historischen Tradition des
Feminismus der anglosächsischen Schule an und gelangte nach den
Studentenkämpfen von 1968 und den historischen Forderungen des
Scheidungsrechts, der Entkriminalisierung der Abtreibung, des Gesetzes 194 für
die Legalisierung der Abtreibung, zum neuen italienischen Familienrecht und zur
Anerkennung der häuslichen Gewalt als strafrechtliches Vergehen, während es in
der Vergangenheit als „moralisches Vergehen“ galt. Am Ende schloss ich mich der feministischen Bewegung Se non ora quando an. Meiner Meinung nach stellt die italienische Frauenbewegung
von der Zeit der “Resistenza” bis heute ein wahres und äußerst wichtiges  Beispiel des Kampfes
und des sozio-politischen Engagements auf allen Ebenen dar. Diese Aspekte finden sich
in anderen Ländern und vor allem in Deutschland nicht wieder, was auf den historisch-politischen
und ideologischen Kontext des Landes zurückzuführen ist.
MR: Erzählen Sie uns von den wichtigsten Themen Ihres Buches „Donne mobili.“
Was können die anderen Frauen von den Migrantinnen lernen?

LM: Mein Buch will alle in Deutschland lebenden italienischen Frauen würdigen. Die Hauptthese des Buches lautet, dass das deutsche Wirtschaftswunder
durch den Beitrag der Migrantinnen erst möglich wurde. Denn die Migrantinnen übten einfache
Arbeiten gegen Stücklohn und viel niedrigere Löhne als ihre männlichen Kollegen aus.
MR: Für mich sind die Frauen das Rückgrat aller Gesellschaften. Was denken
Sie darüber?
LM: Ich stimme Ihrer Meinung zu, dass die Frauen das Rückgrat aller Gesellschaften
sind. Dies hat schon intrinsisch damit zu tun, dass die Frau Leben gebärt.  
MR: Für mich muss der Feminismus eine Bewegung innerhalb jeder Kultur und
Religion sein. Was denken Sie über diesen Ansatz eines diversifizierten
Feminismus im Plural?

LM: Über das Zusammenleben zwischen Feminismus und Religion hege ich so
meine Zweifel. Es wäre natürlich wünschenswert, da es eine
tiefgründige Toleranz innerhalb der Religionen bedeuten würde. Aber mir scheint, dass
wir, trotz einiger Bemühungen, noch sehr weit davon entfernt sind.
Einen interessanten Aufsatz über Lisa Mazzi und ihre Werke und Themen
finden Sie hier: