General

72% der Palästinahilfe landet am Ende bei Israel


Von Kit O’Connell, MintPress
News
, 14. März 2016, deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik
e.V. Dem Verfasser des Berichtes zufolge wirft dieser gewaltige „moralische
Fragen“ auf, die darauf hinweisen, dass die Menschen, die für Palästina
spenden, unwissentlich zu Komplizen der israelischen Verbrechen werden. 
Palästinensische
Kinder spielen nach einem Regensturm in den Pfützen von Beit Lahiya im
nördlichen Gazastreifen am Dienstag, den 27. Oktober 2015. Die Infrastruktur
der Abwässer und andere Infrastrukturen wurden nach Jahrzehnten israelischer
Bombenangriffe außer Gefecht gesetzt. (AP Photo/Adel Hana)
RAMALLAH
— 
Die finanzielle Unterstützung für Palästina kommt am
Ende der israelischen Wirtschaft zugute und könnte sogar die Verewigung der
Besatzung fördern, diese die Schlussfolgerung einer im letzten Jahr
veröffentlichten Studie.
Die im September 2015 veröffentlichte Studie von Shir Hever von Aid Watch Palestine, einer palästinensischen NRO, die
die ausländischen Spenden untersucht, weist darauf hin, dass mindestens 72
Prozent der ausländischen Spenden schließlich in israelische Hände gelangen.
Die
palästinensische
Wirtschaft ist von der ausländischen Entwicklungshilfe abhängig, obwohl ausländische Länder oft mehr versprechen als sie
dann auch wirklich geben. Die
Weltbank berichtete, dass von den $3,5 Milliarden,
die 2015 Palästina versprochen wurden, im September nur „35 Prozent tatsächlich
geschickt wurden, somit $881 Millionen weniger als vorausgesehen“.
„Trotz
der nachhaltigen Unterstützung über zwei Jahrzehnte wurde der Besatzung kein
Ende bereitet. Und die Palästinenser sind in ihrem Land immer noch nicht
souverän“, bemerkte Hever im Bericht. „Hier stellt sich vor allem die Frage, ob
die Hilfe wirklich was bringt oder nicht eher schadet.“
Mehr
als eine langfristige Unterstützung zu bieten, weist der Bericht darauf hin,
dass der Großteil der Spenden „umgeleitet“ und somit wegen der „Steuern,
Transportkosten, usw.“ nie ans Ziel kommt oder „subvertiert“ wird. Dies heißt
wiederum, dass, obwohl die Mittel in die Hände der Palästinensischen
Autonomiebehörde gelangen, dann so ausgegeben werden, dass sie letzten Endes
Israel zugutekommen, beispielsweise durch den Erwerb israelischer Güter, um
Reparaturarbeiten zu finanzieren und die Infrastruktur wieder aufzubauen.
In
einer E-Mail teilte Hever am letzten Dienstag MintPress News mit, dass er nicht
das Ziel verfolgte, Spenderländer dazu aufzurufen, ihre Unterstützung an
Palästina einzustellen. Der Bericht verfolgte wohl eher das Ziel, die Leser „darauf
aufmerksam zu machen, die Hilfe von der Politik zu trennen“. Die Spender müssen
„Verantwortung für ihre Projekte“ übernehmen und über wie das Geld ausgegeben
wird.
„Ich
glaube, wir sollten alle auf die Bewegung der Freedom Flotilla sehen, die Hilfe
nach Gaza schickt und sich dabei an die Anforderungen der Bevölkerung vor Ort
richtet, ohne über den israelischen Zoll zu gehen, ohne israelische Währung zu
verwenden und, was noch wichtiger ist, indem sie eine starke und klare
politische Botschaft sendet“, meinte er. „Die großen Hilfsorganisationen können
natürlich nicht dieselben Methoden der Freedom Flotilla anwenden, aber sie
können von dieser Bewegung sehr viel lernen.“
Im
Bericht gab Hever zu, dass es keine Zahlen über die Menge der umgeleiteten oder
subvertierten Hilfsmittel gibt. So erarbeitete der Verfasser seine eigene
Schätzung, indem er die israelische und palästinensische Wirtschaft miteinander
verglich.
„Das anhaltende
Handelsungleichgewicht zwischen Israel und den besetzten palästinensischen
Gebieten ist ein Beweis für die wirtschaftliche Abhängigkeit der Palästinenser
von der israelischen Wirtschaft und stellt vor ein wirtschaftliches Rätsel“, schrieb
er. Nach der Beseitigung der typischen Ursachen des Handelsungleichgewichtes,
wie Schulden oder ausländisches Investment, kommt Hever zum folgenden Schluss:
„Die hier
geäußerte Argumentation sagt aus, dass die internationale Hilfe zu Beginn der
Finanzierung des Handels- und Zahlungsbilanzendefizits darstellt. Somit
ermöglich die Hilfe ein wesentliches Handelsungleichgewicht, das sei es die
palästinensische als auch die israelische Wirtschaft wesentlich beeinflusst.“
Infolge
der jahrelangen
Angriffe gegen die palästinensische Infrastruktur und der andauernden Blockade wesentlicher Werkzeuge und Materialien, so Hever, „sind zahlreiche Güter und Dienstleistungen, die für
die Hilfsprojekte erforderlich sind, auf dem palästinensischen Markt einfach
nicht auffindbar, was wiederum bedeutet, dass man sich diese von den
israelischen Unternehmen beschaffen muss“, was zur Subversion wesentlicher Mengen
von Spendengeldern führt.
Da die
ausländische Hilfe Palästina in einen „effizienten Exportbereich für die
israelische Wirtschaft verwandelt“, geht Hever davon aus, dass die finanzielle
Unterstützung am Ende die Besatzung Palästinas verlängern könnte. „Die
internationalen Hilfsbemühungen verstärken somit die israelische Wirtschaft und
subventionieren die israelische Regierung, um wiederum die Besatzung zu
finanzieren.“
In
einer
Antwort vom Oktober 2015 auf den Bericht von
Hever, der auch von Aid Watch Palestine, veröffentlicht wurde, riet Peter Falk,
ein Experte für internationales Recht, der auch sehr viel über Palästina
geschrieben hat, an: „Die Spender sollten dazu aufgefordert werden,
aufmerksamer zu arbeiten und sich dieser Umstände bewusster zu werden.“
Die Vorteile
der Hilfe an eine bedürftige Bevölkerung muss aufmerksam gegen die Art und
Weise abgewogen werden, auf die sie im Endeffekt auch Israel unterstützt,
meinte er und fügte hinzu, dass der „Druck, der in den Medien gegen die
israelischen Handlungsweisen ausgeübt wird“, auch den Palästinensern zugutekommen
könnte.
Hever
stellt in seinem Bericht dennoch die Frage: „Würde die israelische Regierung bei
fehlenden Spenden die Besatzung beenden? Oder würde sie gleichgültig auf eine
humanitäre Massenkatastrophe blicken, die Tausenden von Palästinensern das
Leben kosten würde?“
Und er
betonte, wie seine Analyse den Spendern eine große moralische Verantwortung
auferlegt:
„Sie
sind nicht selbst die Besatzer Palästinas… Aber das jahrzehntelange Hinnehmen
israelischer Forderungen und Bedingungen über die Auszahlung der Hilfen haben
sie zu Mittätern der israelischen Verbrechen gemacht.“
Um den
vollständigen englischen Bericht zu lesen, klicken Sie auf diesen Link: How
Much International Aid to Palestinians Ends Up in the Israeli Economy