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„Die Regeln werden immer noch eingehalten“

Eine Umfrage zeigt, wie die Palästinenser als Außenseiter am
öffentlichen Leben in Israel teilnehmen. Die
Umfrage, in der israelische Juden und israelische Palästinenser befragt wurden, betont, dass Israel den großen Segen hat, eine Minderheit zu haben, die zwar unter ihrem Status leidet, sich aber nicht gegen ihren zweitklassigen Status auflehnt, was aber wiederum nicht bedeutet, dass die Palästinenser für immer auf die Gerechtigkeit warten werden.

Von Richard Silverstein  @richards1052 8. Dezember 2015,
deutsche Übersetzung von Milena
Rampoldi
von ProMosaik e.V.

Ein Palästinenser wird von einem
israelischen Polizisten geschubst. Samstag, den 10. Oktober 2015. (AP Foto/Nasser
Shiyoukhi)
SEATTLE — Während
Europa sich mit der syrischen Flüchtlingskrise auseinandersetzt und gleichzeitig
eine wachsende, islamfeindliche Tendenz erfährt, hat der Staat Israel mit einer
Angelegenheit zu kämpfen, die seine Existenz betrifft.
Vor der Gründung des Staates Israels im Jahre 1948 war
das Land, das nun Israel umfasst, die Heimat einer großen arabischen Mehrheit.
Fast eine Million einheimischer, arabischer Bewohner wurden vertrieben. Aber
250.000 blieben. Und heute sind sie mehr als 1 Million.
Sie sind keine Flüchtlinge, wie diejenigen, die aus
dem vom Krieg gebeutelten Libyen, Syrien und Irak nach Europa fliehen. Sie sind
Staatbürger, die innerhalb der Grenzen des Staates geboren wurden und somit
mindestens aus theoretischer Sicht das Recht haben, alle Rechte und Privilegien
zu genießen, die auch der jüdischen Mehrheit zugesprochen werden.
Dieser Gegensatz findet sich im Herzen des Staates
Israel. Er ist auf eine unglaubliche Angst, Schuld, Ignoranz und Feindseligkeit
der Juden gegen ihre palästinensischen Mitbürger zurückzuführen. Und wo es
Angst gibt, da gibt es auch Islamfeindlichkeit oder im Falle Israels „Arabophobie.“ Diese Einstellung ist sogar in den
Ansichten der liberalsten und „aufgeklärtesten“ israelischen Akademiker
präsent.
Prof. Sammy Smooha der Universität Haifa hat in seiner
Karriere die Identität der arabischen Minderheit in Israel studiert und ihre
Ansichten skizziert. Er veröffentlicht eine regelmäßige Umfrage über die
öffentliche Meinung der palästinensischen Israelis mit dem Titel „Die Regeln
werden immer noch eingehalten“ (eine wortwörtliche Übersetzung des hebräischen
Titels wäre „Die Teller werden immer noch nicht gebrochen“). Er teilte die
Ergebnisse seiner Umfrage von 2015 (in
hebräischer Sprache) mit MintPress News.
Die Titel der Umfrage von Smooha betonen klar die Lage
der Palästinenser als Außenseiter im israelischen Leben. Der englische Titel
versucht die Israelis darüber zu versichern, dass die Minderheit immer noch
gehorsam ist und sich an die Regeln hält, die von der jüdischen Mehrheit
festgelegt werden, während der hebräische Titel eher ein Bild von Häuslichkeit
vermittelt, in dem die „Araber“ zivilisiert und korrekt „in-house“ ausgebildet
worden sind.
Die Umfrage wirft Fragen über die Stabilität und die
„moderate“ Aussicht auf
[Anmerkung des Autors: Alle folgenden Bezugnahmen auf
„Palästinenser“ meint die palästinensischen Staatsbürger Israels. Der Begriff
„Araber“, der allgemein von den israelischen Juden verwendet wird, um die
israelischen Palästinenser zu beschreiben, wird nur angeführt, um seine
Verwendung im Rahmen der besprochenen Umfrage widerzuspiegeln.]
Die Umfrage von Smooha von 2015 wurde
von Givat Haviva, einer arabisch-jüdischen NRO für das
Zusammenleben gesponsert. Sie wurde letzte Woche veröffentlicht, obwohl die
gesamten Fragen der Umfrage und die Ergebnisse in der letzten Woche noch nicht
herausgegeben wurden. (Der vorliegende Bericht basiert auf einer hebräischen
Zusammenfassung, die Smooha MintPress zur Verfügung gestellt hat.)
Smooha, ein Mizrahi-Jude irakischer Abstammung, hat ein
entscheidendes Programm in seiner Umfrage. Seine Ergebnisse  untermauern konsistent ein Narrativ der
israelischen Palästinenser als gute, gehorsame Staatsbürger, die „sich an die
Regeln halten“. Sie sind vertrauenswürdige Mitglieder der israelischen
Gesellschaft und bedrohen nicht das vorherrschende zionistische Narrativ. Auch
wenn sie sie zum Abendessen einladen, werden sie nicht gegen die Regeln
verstoßen.
Es handelt sich hierbei um ein liberales,
zionistisches Standardnarrativ, das die „Araber“ als akzeptable Bürger
beschreibt, die nicht nur toleriert, sondern sogar in die jüdische Mehrheit
eingegliedert werden sollten. Dieses Narrativ muss den Extremismus, die
Ablehnung und jegliche radikale Analyse des Status der palästinensischen
Minderheit in der israelischen Gesellschaft abschwächen. Von der Rhetorik von
Smooha geht ein Geruch von Moderation aus. In der Einleitung zur Umfrage wird
folgende Erklärung angeführt:
„Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, zeigen
die repräsentativen Umfragen der jüdischen und arabischen Gemeinschaften, die
Prof. Smooha vorbereitet, auf, dass die entsprechenden Sichtweisen nicht im
Begriff sind, sich zu radikalisieren. Innerhalb der arabischen Gemeinschaft gab
es einen Prozess der Politisierung und Stärkung, der zur Zuspitzung von
Standpunkten führte und auch eine bestimmte Stufe einer zunehmenden
Radikalisierung erreichte. Diese Tendenz endete aber im Jahre 2013. Es blieb
aber trotz der entfremdenden Auswirkung der Operation Protective Edge und der
Wahlen von 2015 bei einer Unterbrechung dieses Prozesses.
Die langfristig durchgeführten Umfragen sprachen für
Stabilität und bis zu einem bestimmten Punkt sogar von Moderation der
Standpunkte der jüdischen Gemeinschaft gegenüber der arabischen Minderheit …
Diese Stabilität besteht trotz der Verschiebung der jüdischen Bevölkerung in
Richtung Religion und nach Rechts.“
Passagen wie diese werfen die Frage auf, ob Smooha
wirklich dieselbe Gesellschaft betrachtet wie wir alle. Smooha gibt zwar die
Radikalisierung der israelischen Juden zu, aber er erklärt gleichzeitig, dass
diese keine Verschlechterung ihrer Beziehungen zu den „Arabern“ mit sich
gebracht hat und auch keine Zunahme der feindseligen Ansichten ihnen gegenüber.
Auch wenn wir die Ereignisse der letzten zwei Monate ausklammern, ist es klar, dass
die Standpunkte der Juden gegenüber den Arabern nicht stabil geblieben sind.
Sie wurden viel gewalttätiger. Der Wille und sogar der
von den israelischen Regierungsmitgliedern geäußerte Eifer, zur Tötung palästinensischer
Demonstranten
aufzurufen, scheinen diese These ganz offensichtlich
zu untermauern.

Palästinensische Trauergäste tragen den
Leichnam von Malik Shaheen, 21, der am 8. Dezember 2015 von den israelischen
Truppen im Flüchtlingslager von Deheishe in der Nähe von Bethlehem im
Westjordanland getötet wurde. (AP Foto/Majdi Mohammed)
Der Standpunkt von Prof. Smooha erinnert an Dr.
Pangloss von Candide: „Alles für das Beste in dieser besten aller möglichen
Welten“. Während der Optimismus, vor allem angesichts der Verzweiflung, an sich
ja eine bewundernswerte Qualität ist, so unterstützt er aber nicht diejenigen,
die die Beziehungen zwischen Juden und Palästinensern gerne realistisch
betrachten möchten.
Die Fragen für diese Umfrage wurden zwischen Mai und
Juli gestellt, d.h. vor der aktuellen Welle der Gewalt und des Blutvergießens,
in der 90 Palästinenser und 19
Israelis ihr Leben ließen.
Obwohl Smooha behaupten könnte, dass die
Durchführung der Umfrage während dieser Revolte die Ergebnisse radikaler
gestalten könnte, so kann man auch darüber streiten, ob die palästinensische
Minderheit in Israel zu diesem Zeitpunkt die moderaten Standpunkte vertritt,
die er auf der Grundlage der aktuellen Datenergebnisse ankündigt.
Smooha und die israelischen Medien
missverstehen das Niveau der Unterstützung des Islamischen Staates
Der Titel auf Jerusalem Post zum Artikel über die
Umfrageergebnisse von Prof. Smooha lautete: „17% der israelischen Araber
unterstützen den Islamischen Staat, so ein Experte
.“ Smooha
schreibt, dass 82 Prozent der folgenden Behauptung zustimmten, dass der
Islamische Staat „eine extremistische Gruppe ist, für die sie sich schämen“.
Der Meinungsforscher fährt dann fort: „Diejenigen, die sich nicht ISIS
widersetzen, sind 16,9% der Araber.“ Somit sollte Smooha persönlich Schuld am
fragwürdigen Titel von Jerusalem Post sein.
Denn jemand, der meint: „Ich schäme mich nicht für
ISIS“, muss ja nicht automatisch ein ISIS-Unterstützer sein. Um festzustellen,
wie viel Unterstützung es für die terroristische Gruppe unter den Befragten
gab, hätte die Umfrage diese Frage explizit stellen sollen.
Im Rahmen der Überprüfung der Gültigkeit von Umfragen
ist es extrem wichtig, die Fragen ganz präzise zu stellen. Die ursprünglich
gestellte Frage, die so formuliert war, um die These zu untermauern, dass die
Palästinenser ISIS weitestgehend verabscheuen, spiegelt nicht legitim die
Auslegung wieder, die von Smooha und Jerusalem Post dargeboten wurde. Die
Verwendung des Begriffs „Scham“ in der Frage ist auch fragwürdig. Warum sollte
man eine moralische Kategorie nutzen, wenn eine einfache Behauptung der
Unterstützung oder Widersetzung reichen würde?
Es gibt andere Ergebnisse in der aktuellen Studie, die
der sonnigen Version des Zusammenlebens von Juden und Arabern widersprechen. Beispielsweise
rühmt sie, dass 52 Prozent der Juden dafür sind, dass Araber in der
Nachbarschaft von Juden leben. Ehrlich gesagt ist dies ein eher kraftloses Ergebnis.
Stellen Sie sich eine Umfrage vor, in der 50 Prozent der weißen Amerikaner
dafür sind, dass Schwarze in ihrer Nachbarschaft leben. Die Medien würden sich
händeringend darüber wundern, was wohl mit der amerikanischen Erziehung und ihren
Werten der Toleranz schief gelaufen ist.
Smooha stellt fest, dass 52 Prozent der Juden der
Ansicht sind, dass die breite palästinensische Koalition (mit einigen jüdischen
Mitgliedern), die als Joint List bekannt
ist, in die Regierungskoalition kommen sollte. Das ist in vielfacher Hinsicht
eine Ironie. Erstens hat noch nie ein israelisches Kabinett je eine
palästinensische Partei in eine Regierungskoalition gelassen, und dies nicht
einmal, als die Labour-Partei regierte. Des Weiteren würde die jetzige
Regierung, die eine von der Likud-Partei angeführte Koalition, die Israel seit
1977 (bis auf einen kurzen Zeitraum in den 1990er Jahren) stets regiert hat,
niemals erlauben, dass eine Partei palästinensischer Israelis ins Kabinett
kommt. Die Chancen, dass so etwas passiert, sind in der vorhersehbaren Zukunft
gleich Null.
Nur 45 Prozent der Juden waren der Meinung, dass die
letzten nationalen Wahlen die Kluft zwischen Juden und Palästinensern
vergrößert hatten. Nur 42 Prozent der Juden nahmen den Tag der bedrohlichen
Wahl von Premierminister Netanjahu als eine Lehre wahr, nach der die jüdischen
Wähler „rassistisch“ wären. In diesem Zusammenhang stachelte er die Juden an,
Likud zu wählen, indem er sie warnte, dass die „Ausländer“ (z.B. die Obama-Regierung)
die Araber zahlten
, damit sie in Massen zur Wahl strömten, um
die Juden (d.h. Likud) von der Bühne der Macht zu vertreiben.
Es gibt noch mehr Ergebnisse, die Stimmungen verraten,
die liberale Zionisten wie Smooha irritieren sollten: Nur 51 Prozent der
israelischen Palästinenser akzeptieren Israel als „einen jüdischen
demokratischen Staat“. 42 Prozent akzeptieren das Recht Israels, eine jüdische
Mehrheit beizubehalten. Dieses Ergebnis erscheint widersinnig – mit 2 von 5,
die offensichtlich ihren Status als Bürger zweiter Klasse akzeptieren.
Smooha warf auch eine andere geladene Frage in die
Umfrage, die ihm ein Ergebnis lieferte, das einen liberalen Zionist stolz
machen würde. Die Teilnehmer der Umfrage wurden gefragt: „Wenn Sie sich die
Unruhe und Instabilität in der arabischen Welt ansehen, seit der Arabische
Frühling begonnen hat, denken Sie dann, dass es gut ist, in Israel zu leben?“
Anstatt raffiniertere, tiefgreifendere Fragen über die
Einstellungen der israelischen Palästinenser gegenüber den Werten und
Ergebnissen des Arabischen Frühlings zu stellen, fokussiert Smooha auf den
negativen Aspekten des Phänomens und fragt dann, ob die Befragten zufrieden
sind, in einem vermutlich ruhigeren, stabileren Israel zu leben. Im
Wesentlichen hat der Meinungsforscher eine Leitfrage gestellt und das erwünschte
Ergebnis erhalten.
In den Fragen an die israelischen Juden hat der
Meinungsforscher  Leitfragen gestellt,
die eine Märchenversion von Israel ergeben haben, die nicht existiert. Drei
Viertel der Juden erkannten das Recht der „Araber“ an, „als Minderheit“ in
einem Israel zu leben, in dem sie „volle Bürgerrechte genießen“, während 70
Prozent der israelischen Juden diese Minderheit als „volle Mitglieder“ der
israelischen Gesellschaft akzeptieren. In der Tat genießen die Palästinenser
nicht die vollen Bürgerrechte und sind somit keine gleichberechtigten
Mitglieder der Gesellschaft. So beschwört Smooha eine Gesellschaft herauf, die
nur auf dem Papier in der israelischen Unabhängigkeitserklärung und sonst
nirgendwo existiert.
Warum sollte man den Juden die Ehre verleihen,
aufgeklärte Ansichten über die Integration der Palästinenser in die israelische
Gesellschaft geben, wenn jene Gesellschaft so wenig getan hat, um diese Vision
auch umzusetzen?  
Die Studie dokumentiert das israelische
Apartheidsystem sich selbst zum Trotz

Die israelische Grenzpolizei überprüft
palästinensische Personalausweise bei einem Kontrollpunkt in Jerusalem, am
Donnerstag, den 22. Oktober 2015. (AP Foto/Oded Balilty)
Trotz dieser Schwächen enthält die Umfrage von Smooha
nützliche Daten, die manchmal sich selbst zum Trotz das Apartheidsystem, unter
dem die nicht-jüdische Minderheit lebt, dokumentieren.
Zum Beispiel glauben 67 Prozent der Juden, dass Israel
vorrangig und vor allem ein „jüdischer Staat“ sein sollte und nur an zweiter Stelle
ein „demokratischer Staat“. Und 67 Prozent von ihnen befürworten ein „jüdisches
Nationalgesetz“, das gewährleistet, dass die Demokratie der jüdischen Natur des
Staates nicht „schadet“.
Die palästinensischen Befragten im Rahmen der Umfrage
von Smooha schienen auch dem ruhigen Portrait zu widersprechen, das er von
ihnen malte: 55 Prozent sind der Ansicht, dass die israelischen Juden
„ausländische Siedler sind, die sich nicht in der Region integriert haben und
deren Schicksal es ist, [Israel] zu verlassen, das dann wieder an die
Palästinenser fallen wird.“ 62 Prozent der Juden unterstützen die Ansicht, dass
die Palästinenser Araber sind, die „sich in einem Land niedergelassen haben,
das dem jüdischen Volk gehört“, und 54 Prozent der Juden glauben nicht an die Nakba,
d.h. nicht daran, dass die palästinensischen Einwohner zu Flüchtlingen wurden
und ihre Dörfer zerstört wurden.
Von den befragten Palästinensern, bezeichneten 63
Prozent deren eigene Identität als eine teilweise oder vollständig
palästinensische Identität (36 Prozent sahen sich hinsichtlich der eigenen
Identität als „Araber“). 66 Prozent der Juden glaubten, dass jeder Araber, der
sich als „Palästinenser“ ansieht, nicht „loyal gegenüber dem Staat Israel und
seinen Gesetzen“ sein kann. Dieser Umfrage zufolge definieren diese Juden die
palästinensische Identität als eine Art von illegitimer und „subversiver“
Identität im Verhältnis zu Israel.
Während 60 Prozent der Palästinenser dem zustimmen,
dass deren gemeinschaftliche Organisationen und Dorfräte sie zuverlässig und
legitim vertreten, und dies einschließlich der Islamischen Bewegung, die von der israelischen
Regierung verboten wurde, stimmten nur 35 Prozent der Juden dieser Perspektive
zu. Fast 40 Prozent der Palästinenser brachten verschiedene Niveaus der
Unterstützung der islamischen Bewegung zum Ausdruck. Diese spielte eine
Schlüsselrolle im Aufruf der Palästinenser zur Verteidigung von Haram al-Sharif
(der Heiligen Stätte, die die Juden als Tempelberg kennen), nachdem
die israelische Regierung den muslimischen Zutritt zur Heiligen Stätte eingeschränkt hatte. Dies
führte zur oben beschriebenen Revolte.
80 Prozent der Juden vertrauen nicht einer
palästinensischen, politischen Führung in der Israelischen Knesset, und 30
Prozent sind der Meinung, dass der Joint List keine politische Teilnahme
gewährt werden darf.
32 Prozent der Palästinenser unterstützen die
Boykottierung der Knesset-Wahlen, und 19 Prozent würden sogar die Anwendung von
Gewalt rechtfertigen, um der Unterdrückung zu widerstehen, die sie in der
israelischen Gesellschaft erfahren. Und 54 Prozent würden einer inländischen
Intifada oder einem Volksaufstand zustimmen, wenn diese die Möglichkeit böten,
ihre Lebensbedingungen und Rechte wesentlich zu verbessern. Während 67 Prozent
der Palästinenser der Ansicht sind, dass sie als Bürger zweiter Klasse oder als
Staatsfeinde behandelt werden, sehen nur 29 Prozent der Juden den Status dieser
letzteren so.
Aus der Lektüre dieser Studie kann man ableiten, dass
Israel den Segen einer Minderheit genießt, die ihren Status als Bürger zweiter
Klasse zwar ablehnt, aber nicht dagegen rebelliert. Die Palästinenser haben
Reife und Geduld gezeigt und haben sich eine Veränderung erhofft und sich in
diesem Sinne engagiert. Aber ihre Geduld ist nicht unendlich.
Israel irrt sich gewaltig, wenn es davon ausgeht, dass
das Modell der „aufgeschobenen Gerechtigkeit
eine akzeptable, langfristige Lösung für die Palästinenser sein kann. Die
Palästinenser werden nicht akzeptieren, dass ihnen die Gerechtigkeit definitiv
und für immer vorenthalten wird. Und gerade darin besteht ein unausgesprochenes
Ziel der jüdischen Mehrheit.