General

Spanien als Speerspitze für Militärinterventionen in Afrika

von Andreas Speck, http://andreasspeck.info/es/contenido/espana-como-punta-de-lanza-para-las-intervenciones-en-africa, 13. August 2015. 




Andreas Speck


Während des NATO-Manövers Trident Juncture 2015 wird die Allianz Militärinterventionen im Norden Afrikas üben

http://tlaxcala-int.org/upload/gal_10634.jpg

Die NATO-Übung Trident Juncture 2015 wird im Oktober und Anfang
November 2015 in Italien, Portugal und dem spanischen Staat stattfinden.
Nach verschiedenen Quellen handelt es sich dabei um “die größte Übung
der NATO seit Ende des Kalten Krieges”1, “die größte von der Allianz seit 2002 durchgeführte Übung” (…) und “die wichtigste Übung der Allianz in 2015”2,
oder um “den größten Einsatz der Allianz seit mehr als einem
Jahrzehnt”3. Die Übung besteht aus zwei klar unterschiedenen Phasen,
einer Kommando-Übung (Command Post Exercise – CPX, 3.-16. Oktober) und
einer realen Aktionsphase (Live Exercise, LIVEX, 21. Oktober-6.
November).

Das spanische Verteidigungsministerium schreibt: “Während der
CPX-Phase … erwarten wir die Kommandostruktur der NRF 2016 zu bewerten
und zu zertifizieren. Sie wird in Installationen in Deutschland,
Belgien, Kanada, Spanien, den Niederlanden, Italien, Portugal und dem
Vereinigten Königreich sowie in den Gewässern des atlantischen Ozeans
und des Mittelmeers stattfinden.

Während LIVEX … werden verschiedene offensive Wasser-, Luft- und
Landoperationen, amphibische Landungen, Fallschirmjäger-Einsätze,
Operationen in städtischer Umgebung sowie einer CRBN [chemisch,
radiologisch, biologisch und nuklear – der Autor] Umgebung und Einsätze
von Spezialkräften geübt werden.“4

Das bedeutet, dass während der CPX-Phase die Militärs in ihren
Kasernen (oder Kommandozentren) spielen werden, und während LIVEX kommen
sie raus und werden mit ihren Panzern, Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen
in unserer Umgebung üben; 36.000 Soldat_innen aus mehr als 30 Ländern
werden in Italien, Portugal und Spanien an der Übung teilnehmen, mehr
als die Hälfte – 20.000 Soldat_innen – in Spanien. Zusätzlich werden
Teile des Manövers in anderen Ländern abgehalten werden: Belgien,
Kanada, Deutschland, die Niederlande und Norwegen, sowie die Seeübungen
im atlantischen Ozean und im Mittelmeer.

Nach Informationen des spanischen Verteidigungsministeriums werden
“von den teilnehmenden Soldat_innnen 20.000 in den nationalen
Übungszentren von San Gregorio (Zaragoza) und Chinchilla (Albacete),
auf dem Truppenübungs- und Schiessplatz ‘Álvarez de Sotomayor’
(Almería), dem amphibischen Truppenübungsplatz Sierra del Retín (Cádiz)
und auch in den Militärbasen von Albacete, Son San Joan (Palma de
Mallorca), Torrejón und Zaragoza stationiert werden.”5
Wir wissen auch, dass die US Marines von der Basis in Morón de la
Frontera (Sevilla) am Manöver teilnehmen werden um “die
Interoperabilität der MV-22 Osprey-Flugzeuge zu testen: starten, landen,
und die Möglichkeit diese zu transportieren”6 auf dem spanischen Flugzeugträger Juan Carlos I, mit Heimathafen in Rota.

In Andalusien allein gibt es drei Orte, an denen das Manöver
stattfinden wird: der Truppenübungs- und Schiessplatz ‘Álvarez de
Sotomayor’ (Almería), der amphibische Truppenübungsplatz Sierra del
Retín (Cádiz), und die US-Luftwaffenbasis von Morón de la Frontera
(Sevilla). Zusätzlich werden sich zahlreiche Einheiten, die
normalerweise in Andalusien stationiert sind, an dem Manöver beteiligen.

Auch wenn innerhalb des spanischen Staates der wesentliche Teil der
Soldat_innen in San Gregorio (Zaragoza) üben werden, so wird Andalusien
doch während des Manövers eine wichtige Rolle spielen, insbesondere im
Zusammenhang mit der Interoperabilität der verschiedenen Luft-, Land-
und Seestreitkräfte der teilnehmenden Länder. In Andalusien gibt es
gleich zwei Orte, um Invasionen vom Wasser aus zu üben: der
Truppenübungs- und Schiessplatz ‘Álvarez de Sotomayor’ (Almería), und
der amphibische Truppenübungsplatz Sierra del Retín (Cádiz),

Trident Juncture 2015: Was „üben“ die Militärs eigentlich?

Entsprechend der Presseerklärung des spanischen
Verteidigungsministeriums ist “‘Trident Juncture 2015’ eine sehr
sichtbare Übung der Connected Forces Initiative der Atlantischen
Allianz an der mehr als 30.000 Soldat_innen aus mehr als 30 Ländern
teilnehmen werden“.

Die “Connected Forces Initiative” (CFI) wurde auf dem NATO-Gipfel in
Chicago 2012 verabschiedet. Sie ist eines der Schlüsselprogramme, um
das Ziel „NATO-Streitkräfte 2020“ zu erreichen. Auf dem NATO-Gipfel in
Wales 2014 unter dem Eindruck der eskalierten Krise zwischen der
Ukraine und Russland und den gestiegenen Herausforderungen an
kollektive Sicherheit im Mittleren Osten und im Norden Afrikas
verabschiedete die NATO den “Readiness Action Plan (RAP)” und
zusätzlich sechs weitere Schlüsselmaßnahmen als Teil der Connected
Forces Initiative – eine davon das Manöver Trident Juncture 2015 und
ein intensiveres Übungsprogramm ab 2016.

Während Trident Juncture 2015 wird die NATO auch zum ersten Mal den
Einsatz der neuen Very High Readiness Joint Task Force üben, die auf dem
NATO-Gipfel in Wales beschlossen wurde, und deren Kommando im Jahr 2016
der Spanische Staat übernehmen wird.

Wie für jede Übung hat die NATO auch für Trident Juncture ein
Szenario, das “SOROTAN Szenario”. Das Szenario “beruht auf einer
hochkomplexen Bedrohungslage in einer fiktiven Region und stellt die
Soldaten mit verschiedenen Bedrohungen wie hybrider Kriegsführung vor
vielfältige Herausforderungen.”7
Konkret geht es bei dem Szenario um einen Konflikt zwischen zwei
Staaten – Kamon und Lakuta – um Wasser. “Der Kampf um Trinkwasser facht
den Konflikt in der Region Cerasia an. Diese leidet unter
Wüstenbildung, Bodenaustrocknung und Streit um Gewässergrenzen. Der
Staat Kamon tritt als Aggressor in der Region auf und verweigert ein
internationales Schlichtungsverfahren. Um wichtige Staudämme in Lakuta
einzunehmen, ist Kamon nach Süden in das Land eingerückt. Lakuta war
auf diese Invasion nicht vorbereitet.”8 Und so, wenn es nach der Logik der NATO geht, braucht es jetzt eine militärische Intervention.

Die NATO betont das während Trident Juncture die Lektionen, die aus
dem Krieg in Afghanistan gelernt wurden, in die Praxis umgesetzt werden.
Ein NATO-Vertreter, der mit der Übung befasst ist, erklärt, dass
Trident Juncture bewusst „als Schlüsselereignis der NATO“ geplant wurde,
„zu einer Zeit in der die NATO nach mehr als einer Dekade sehr
intensiver Aufstandbekämpfung ihre Ausrichtung verschiebt; wir beginnen
damit, unsere Ausrichtung für die derzeitige Sicherheitslage neu zu
kalibrieren.”9
Und wo ist SOROTAN? General Hans-Lothar Domröse sagt: “Es handelt sich
um ein künstliches fiktives Szenario, das in SOROTAN stattfindet, und
das ist so eine Art von Teilen Afrikas.“10

In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die NATO in der Einleitung eines anderen Dokumentes über das SOROTAN Szenario11
auf eine Studie des Think Tank “Strategic Foresight Group“ mit Sitz in
Indien hinweist, in der es um Wasser-Kooperation und Konflikt geht12.
Ist es nur ein Zufall, dass die Debatte um die Rolle des Klimawandels
in derzeitigen (und zukünftigen) bewaffneten Konflikten immer
intensiver wird13, und dass eine Studie Trockenheit und Klimawandel mit dem Krieg in Syrien in Zusammenhang bringt14?

Dass die NATO den Klimawandel – oder, richtiger, durch den
Klimawandel verursachte Konflikte – als eine Herausforderung ansieht ist
nicht neu. Das Strategische Konzept der NATO, das auf dem NATO-Gipfel
in Lissabon 2010 verabschiedet wurde15,
sowie die strategischen Konzepte der USA, der Europäischen Union oder
des Spanischen Staates erwähnen den Klimawandel als eine zukünftige
„Herausforderung“ für „kollektive Sicherheit“. Jetzt wird mit dem
Manöver Trident Juncture diese Analyse bei einer militärischen Übung in
die Praxis umgesetzt.

Afrika: mehr als bewaffnete Konflikte und Klimawandel

Doch die NATO (und andere Staaten) interessieren sich nicht nur für
Afrika aufgrund des Konfliktpotentials als Folge des Klimawandels.
Zusätzlich – und wichtiger: der Kontinent ist reich an Bodenschätzen.
Zum Beispiel ist der Kontinent reich an Mineralien, die etwa einem
Drittel der weltweiten Reserven entsprechen, und bei einigen wichtigen
Mineralien sogar wesentlich mehr: 89% der Platinum-Reserven, 81% Chrom,
61% Magnesium, 60% Kobalt, unter anderen16.

Und zusätzlich, so Didier Lluch, Direktor für Erkundungen in Afrika
des spanischen multinationalen Konzerns Repsol, auch wenn die Länder
Afrikas nur 10% zur globalen Erdölproduktion beitragen, so “ist das doch
ein Kontinent, auf dem es noch viel zu tun gibt”. Lluch fährt fort,
dass “nur 12 der 54 afrikanischen Nationen haben Öl oder Gas in ihrem
Territorium. Es gibt noch immer große Gebiete die fast komplett
unerkundet sind, so z.B. der Osten Afrikas”, doch auch Länder die als
entwickelt angesehen werden, die z.B. Algerien “sind groß und verbergen
noch immer viele Bodenschätze”17.

Auf dem Kontinent ist der Zusammenhang zwischen Bodenschätzen und
sozialen sowie bewaffneten Konflikten sehr klar – zusätzlich zu
schwerwiegenden Umweltschäden, die wiederum auch Konflikte auslösen
können. Jesús García-Luengos schreibt in dem Bericht Ausbeutung von
Bodenschätzen in Afrika: die extraktive Industrie. Hidrokarburate und
Mineralien: “Die Auswirkungen der Ausbeutung dieser Bodenschätze auf
die Gesellschaft und die Gesundheit lokaler Gemeinschaften und auf die
Umwelt sind sehr bedeutsam …. Zusätzlich trägt die Kontrolle über
Bodenschätze auch weiterhin zu einem Ansteigen der Instabilität in
weiten Teilen Afrikas südlich der Sahara bei, und verschärft und
verlängert Konflikte. Andere Ressourcen wie z.B. Fischbestände, Wälder
oder landwirtschaftliche Ressourcen – mit Landraub auf einem hohen
Niveau – sind ebenso über-ausgebeutet und erschöpft.”18

NATO gemeinsam mit der Zivilgesellschaft? Die neuen “totalen Kriege” der NATO

Eine der Lektionen die die NATO aus den Kriegen in Afghanistan und
Irak gelernt hat ist, das was die NATO mit militärischer Macht erreichen
kann, begrenzt ist. Und sie sagen das mittlerweile offen. Der “hybride
Krieg” von dem die NATO spricht, ist in Wirklichkeit ein “totaler
Krieg”, der alle Aspekte der Gesellschaft mit einbezieht. Auf
militärischer Ebene beinhaltet „hybrid“ “kybernetische Kriege”, mehr
“militaristische Aufklärung”, den Einsatz neuer Technologien wie z.B.
Dronen für die Aufklärung und für das Töten der vermeintlichen
Gegner_Innen – mit zahlreichen “kollateralen Opfern”, wie wir seit
Jahren in Afghanistan, Pakistan, Yemen und in zahlreichen anderen
Ländern, in denen im wesentlichen die USA ihre Dronen einsetzen,
beobachten können.

Nach dem SOROTAN-Szenario für die Übung Trident Juncture 2015 ist
Teil der Übung über den “Kampf um die Narrative” oder “das Arbeiten
innerhalb einer Informationsumgebung die risikoreich ist, sowohl in den
Heimatländern als auch in der Region in der die Intervention
stattfindet.”19.
Propaganda ist ein integraler Teil der Kriegsführung – das ist nicht
neu, doch immer wichtiger. Sowohl der Konflikt in der Ukraine als auch
der Krieg in Syrien zeigen, dass es in einem Kontext mit massiver
Propaganda von verschiedenen Konfliktakteuren es auch für
Antimilitarist_innen schwieriger wird, eine unabhängige Perspektive zu
entwickeln. Die NATO arbeitet daran, dies in der Zukunft noch schwerer
zu machen, und nicht mittels des alten Werkzeugs der Zensur, sondern
mittels massiver Propaganda und Desinformation.

Heutzutage gibt die NATO zu, dass sie mit militärischen Mitteln
keinen Frieden schaffen kann. Im Juli 2015 betonte General Hans-Lothar
Domröse, Kommandant der Übung, dass die Schaffung von Frieden “und das
wissen wir im Schlaf … nur möglich ist mit internationalen
Organisationen und mit großen Organisationen wie dem Roten Kreuz,
humanitärer Hilfe, und mit einer wirklich einflussreichen EU”20.
Und daher haben bei den neuen Arten der Kriegsführung der NATO die
zivilen Institutionen eine Schlüsselrolle. In einer ersten Version der
Information zu Trident Juncture, die auf der Webseite der NATO
veröffentlicht war, hieß es “Ziel der Beteiligung von Internationalen
Organisationen/NGO/Regierungsorganisationen an der Übung ist die
Fähigkeit der NATO mit wichtigen zivilen Akteuren zu interagieren zu
verbessern” Die Liste der Organisationen, die ursprünglich öffentlich
war, beinhaltete die Europäische Union, das Internationale Komitee des
Roten Kreuzes und zahlreiche UN-Agenturen21,
sowie eine Liste von NGO und staatlichen humanitären Agenturen: “Save
the Children, Assistência Médica Internacional Foundation (AMI), Human
Rights Watch (HRW), Médecins Sans Frontières (MSF), United States Agency
for International Development (USAID), Department for International
Development (DFID), Deutsche Gesellschaft für internationale
Zusammenarbeit (GIZ), Agencia Española de Cooperación Internacional para
el Desarrollo (AECID – SPA) und World Vision (WV) wurden für die
Teilnahme in der Weißen Zelle der Übung akzeptiert, die Afrikanische
Union (AU) wurde als Beobachter akzeptiert.”22

Die Beteiligung zahlreicher UN-Einrichtungen, der Europäischen Union
oder staatlicher Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit
überrascht nicht, ebenso wenig die Teilnahme des Roten Kreuzes. Doch
die Teilnahme von einigen der NGO überrascht. Tatsächlich ist die
Vereinnahmung von NGO und der „Zivilgesellschaft“ durch die NATO extrem
beunruhigend. Glücklicherweise informierten Ärzte ohne Grenzen
(Médecins Sans Frontières) einen ihrer Unterstützer per email, dass
„alles ein Fehler der NATO auf deren Webseite ist, und wir erfuhren
davon nur durch zahlreiche Nachrichten von unseren Unterstützer_innen
wie die ihre”23.
Tatsächlich war die Erwähnung von Ärzten ohne Grenzen eine
Überraschung; die Organisation hat die Versuche der NATO, humanitäre NGO
in ihre Strategie in Afghanistan einzubeziehen, scharf kritisiert. Und
was sagen Human Rights Watch oder Save the Children? Wie rechtfertigen
sie ihre Teilnahme an einer Militärübung?

General Hans-Lothar Domröse bestätigte die Teilnahme von “mehr als
einem Dutzend NGO” und sagte: “Darunter gibt es einige die sagen: ‘Wir
freuen uns auf unsere Teilnahme; doch bitte erwähne unseren Namen
nicht’. Ich respektiere das.”24
Das ist wahrscheinlich der Grund warum die NATO die Information zu den
NGO und internationalen Organisationen die sich an dem Manöver
beteiligen von ihrer Webseite entfernt hat.

Für Antimilitarist_innen ist es nicht schwer zu verstehen, dass man
mit den Mitteln des Krieges keinen Frieden schaffen kann. Wir könnten
sagen das es gut ist, dass jetzt auch die NATO diese Lektion lernt. Doch
wenn die NATO dies so sagt, dann sollten wir uns Sorgen machen. Das
bedeutet nicht, dass die NATO jetzt einen Weg der Abrüstung einschlagen
wird und die Führungsrolle den zivilen Institutionen überlassen wird.
Ganz im Gegenteil: die NATO bemüht sich um eine Vereinnahmung der
zivilen Institutionen und der NGO um sie in ihre Strategie zu
integrieren, und diese ist zu aller erst eine militärische Strategie die
einer militärischen Logik folgt, die die NATO dann auch auf die Arbeit
der zivilen Institutionen und der NGO anwenden will, wie verschiedene
NGO bereits während des Krieges in Afghanistan kritisierten25.

Und Russland?

Es ist ziemlich klar, dass das größte NATO-Manöver seit mehr als
einem Jahrzehnt auch geplant wurde, um eine Nachricht an Russland zu
schicken. Es ist auch wahrscheinlich, dass die Ausweitung der Zahl der
beteiligten Truppen von den ursprünglich geplanten 20-25.000
Soldat_innen auf mehr als 36.000 Soldat_innen mit der Krise in der
Ukraine und Aufheizen des Konfliktes zwischen der NATO und Russland
zusammen hängt. In diesem Zusammenhang ist die Teilnahme der Ukraine –
die formal kein Mitgliedsstaat der Allianz ist – bedeutsam. Trident
Juncture dient nicht nur dazu, Russland die militärische Stärke (und den
Willen) der NATO zu demonstrieren, es dient auch dazu, die
Zusammenarbeit mit den Streitkräften der Ukraine zu trainieren.

Trotzdem, die zentrale Nachricht ist nicht für Russland, und noch
viel weniger für den Islamischen Staat, Al-Kaida oder Boko Haram. Es ist
eher wahrscheinlich, dass die zentrale Nachricht an China gerichtet
ist, ein Land, das starke wirtschaftliche und geostrategische Interessen
in Afrika hat. China investiert stark in Ländern Afrikas, und
konstruiert Infrastruktur um sich selbst die natürlichen Ressourcen –
vor allem Mineralien – des Kontinentes zu sichern. Die National
Petroleum Corporation of China, eines der Ölunternehmen des asiatischen
Landes, bezieht fast alles Öl aus Ölfeldern im Sudan und im Südsudan26.
China beteiligt sich auch mit Militärs an der Mission der Vereinten
Nationen im Südsudan. Das ist das erste Mal, dass sich China mit
Militäreinheiten – und nicht mit einer Kleinigkeit: 700 Soldat_innen mit
Dronen, Anti-Panzer-Raketen und anderen Waffen – an einer
Militärintervention in Afrika beteiligt27.
Und auch wenn China der Staat ist, der am meisten zu den
Friedensmissionen der Vereinten Nationen beiträgt, “so handelt es sich
dabei im wesentlichen um Ingenieure, medizinisches Personal, Transport-
und Wachpersonal”, sagt Chema Caballero in einem Blogbeitrag in El Pais.
“Niemals vorher hat China bewaffnete Kräfte entsandt, wenn wir das
eine oder andere Elitebatallion in Mali oder Südsudan zum Schutz des
eigenen Personals ausschließen. Seltsamerweise ist das erste Mal, das
China dies tut im Südsudan, und wir müssen uns fragen warum.”28 Und jetzt verhandelt das Land über eine Militärbasis in der Stadt Obeck in Djibouti29.

Chema Caballero fasst das so zusammen: “Es wäre auch nicht
überraschend wenn wir in den kommenden Jahren Zeugen einer
größeren militärischen Präsenz des asiatischen Giganten in Afrika werden
würden, mit der Begründung der Unterstützung von UN-Missionen, zum
Beispiel”30.

Bereits heute haben zahlreiche der bewaffneten Konflikte in Afrika
zumindest als einen wichtigen Aspekt die Kontrolle über natürliche
Ressourcen – Wasser, Mineralien, Öl und Gas. Das ist z.B. der Fall in
der Demokratischen Republik Kongo (DRC), im Sudan und Südsudan (Öl), in
Nigeria (Öl), und in zahlreichen anderen afrikanischen Ländern.

Gleichzeitig ist Afrika ein Kontinent, auf dem noch nicht alle
Ressourcen zwischen den Hauptakteuren der globalisierten Welt aufgeteilt
wurden. Auf dem Kontinent findet eine heftige Konkurrenz um den Zugang
zu und die Kontrolle von natürlichen Ressourcen statt, mit China als
einem der wichtigsten Akteure die mit den US-amerikanischen und
europäischen multinationalen Konzernen konkurrieren. Auch wenn die
militaristische Präsenz Chinas im Vergleich zu den USA oder den alten
Kolonialmächten Frankreich und Vereinigtes Königreich noch eher klein
ist, so kann doch das NATO-Manöver als eine Nachricht an China
verstanden werden, dass die NATO es nicht akzeptieren wird, dass sich
China in Afrika als Militärmacht etabliert.

Der spanische Staat: Speerspitze der NATO

In den Machtspielen im Zusammenhang mit Afrika hat der Spanische
Staat eine wichtige Rolle, und zusätzlich hat er seine eigenen
militärischen und wirtschaftlichen Interessen. Tatsächlich ist der
Spanische Staat auf dem Kontinent mit den eigenen Streitkräften sehr
aktiv, sowohl in UN-Missionen, in Interventionen der Europäischen Union,
sowie in bilateralen Kooperationen mit afrikanischen Staaten wie z.B.
Mauretanien31.

Militärpräsenz des Spanisches Staates in Afrika und im Nahen Osten

Quelle: http://www.defensa.gob.es/misiones/en_exterior/, Zugriff am 10. August 2015

In Wirklichkeit fanden und finden die große Mehrheit der spanischen
Militärinterventionen auf dem afrikanischen Kontinent oder im Nahen
Osten statt32.
Das zentrale Thema vieler dieser Missionen ist der „Kampf gegen den
Jihadismus“ oder die Kontrolle illegaler Einwanderung sowie – weniger
offen – der Zugang zu natürlichen Ressourcen, entweder direkt oder
indirekt über die Sicherung von Transportrouten dieser Ressourcen (Rotes
Meer und das Horn von Afrika).

Doch der Spanische Staat ist auch Speerspitze aufgrund der Nähe zum
Kontinent, und aufgrund seiner militärischen und zivilen Infrastruktur.
Zum Beispiel hat sich der Hafen von Las Palmas auf den Kanarischen
Inseln in „eine strategische Basis für humanitäre Hilfe“ für Afrika
durch das Rote Kreuz, der Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen
und von USAID verwandelt33. Zwei dieser drei Einrichtungen beteiligen sich an der NATO-Übung Trident Juncture 2015.


US Marines von der US-Basis in Morón de la Frontera üben in der Sierra
del Retín (Barbate), U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist
3rd Class Erin Lea Boyce

Eine Schlüsselrolle in der militärischen Strategie für Afrika spielt
die US-Basis in Morón de la Frontera in Andalusien, wo Spezialkräfte
der US-Marines unter dem Kommando von AFRICOM stationiert sind34.
Nur vor wenigen Monaten haben der Spanische Staat und die USA ein
Abkommen über die Aufstockung des Personals der Basis auf bis zu 3.000
Soldat_innen unterzeichnet35.
Es überrascht nicht, dass die Marines von Morón auch an der NATO-Übung
teilnehmen werden, und dass sie daran interessiert sind, den
spanischen Flugzeugträger mit ihren MV-22B Osprey Kampfflugzeugen zu
nutzen. Die Marinebasis Rota ist eine andere wichtige Basis. Nach den
offiziellen Informationen der US-Navy dient Rota als
Unterstützungsbasis für alle US-Navy-Einheiten in Europa und Afrika,
und vor allem für die 6. Flotte. Zusätzlich bietet die Basis
logistische und Notfallunterstützung für alle US- und NATO-Streitkräfte36.
Und als Hauptquartier der spanischen Marine dient Rota im Jahr 2015
als Hauptquartier der Marinekomponente der NATO-Eingreiftruppe.

Andere wichtige Infrastruktureinrichtugnen beinhalten die Marinebasis
des Vereinigten Königreichs in Gibraltar sowie verschiedene
Militärbasen und Militäreinheiten der spanischen Streitkräfte. Der
Spanische Staat beheimatet auch ein High Readiness Force Land
Headquarters der NATO in Betera (Valencia) – dieses Hauptquartier wird
während der NATO-Übung Trident Juncture 2015 die Zertifizierung als
Hauptquartier der neuen Very High Readiness Forces der NATO erhalten,
und wird diese Einheiten mi Jahr 2016 kommandieren.

Widerstand!

Aufgrund der hohen Bedeutung des Manövers Trident Juncture 2015
bereiten eine Reihe von Gruppen Protest- und Widerstandsaktionen vor.
Aus den Reihen der pazifistischen und antimilitaristischen Bewegung
Andalusiens gibt es Initiativen, Aktionen Zivilen Ungehorsams in Barbate
(Amphibischer Truppenübungsplatz Sierra del Retín) zu organisieren,
mit Unterstützung von Alternativa Antimilitarista.MOC auf der Ebene des
Spanischen Staates und des Europäischen Antimilitaristischen
Netzwerks. Andere Gruppen organisieren Protestaktionen in Zaragoza
(Nationales Übungszentrum San Gregorio) und in Barcelona.

Es ist wahrscheinlich, dass im September und Oktober noch weitere
Protestaktionen und Aktionen Zivilen Ungehorsams geplant und angekündigt
werden. Mit einem so wichtigen und bedrohenden NATO-Manöver vor
unserer Haustür muss sich die antimilitaristische Bewegung wieder
organisieren.

Anmerkungen




3Ministerio de Defensa: Morenés presenta el ejercicio de la OTAN ‘Trident Juncture 2015’, Nota de prensa, 2. Juli 2015, http://www.defensa.gob.es/gabinete/notasPrensa/2015/07/DGC-150702-ejercicio-trident-juncture.html


4Ministerio de Defensa: Morenés presenta el ejercicio de la OTAN ‘Trident Juncture 2015’, Nota de prensa, 2. Jull 2015, http://www.defensa.gob.es/gabinete/notasPrensa/2015/07/DGC-150702-ejercicio-trident-juncture.html


5Ministerio de Defensa: Morenés presenta el ejercicio de la OTAN ‘Trident Juncture 2015’, Nota de prensa, 2. Juli 2015, http://www.defensa.gob.es/gabinete/notasPrensa/2015/07/DGC-150702-ejercicio-trident-juncture.html


6Esteban
Villarejo: Los «marines de Morón», interesados en usar el «Juan Carlos
I» en sus misiones, Por Tierra, Mar y Aire, 5. Juli 2015,
http://abcblogs.abc.es/tierra-mar-aire/public/post/marines-moron-juan-carlo-18841.asp/




9General
Phil Jones (Chief of Staff Allied Command Transformation on NATO
exercise Trident Juncture 2015), Press briefing on NATO exercise Trident
Juncture 2015, 15. Juli 2015,
http://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_121821.htm


10General Hans-Lothar Domröse (Kommandant JFC Brunssum): Press briefing on NATO exercise Trident Juncture 2015, 15. Juli 2015, http://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_121821.htm


11CDR Tristan Lovering MBE: SOROTAN War-Gaming, NATO Joint Warfare Center, 17. Dezember 2014, http://www.jwc.nato.int/images/stories/threeswords/NOV_SOROTAN.pdf


12Strategic Foresight Group: Water Cooperation for a Secure World – Focus on the Middle East, 2013, http://www.strategicforesight.com/publications_inner.php?id=31



14Un estudio relaciona la sequía y el cambio climático con la guerra en Siria, La Vanguardia, 3. März 2015, http://www.lavanguardia.com/natural/20150303/54427846243/estudio-relaciona-sequia-cambio-climatico-guerra-siria.html


15NATO:
Active Engagement, Modern Defence. Strategic Concept for the Defence
and Security of the Members of the North Atlantic Treaty Organisation
adopted by Heads of State and Government in Lisbon, 19. November 2010,
http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_68580.htm


16Fundación Sur: Recursos mineros en África, 12. April 2011, http://www.otromundoesposible.net/live-africa/recursos-mineros-en-africa


17Repsol: África: la nueva frontera del petróleo, 13. Juni 2014, http://www.repsol.com/es_es/corporacion/prensa/newsletter/9-africa-nueva-frontera-petroleo.aspx


18Jesús
García-Luengos: Explotación de los recursos naturales en África: La
Industria Extractiva. Hidrocarburos y minerales, Januar 2014,
www.africacuestiondevida.org/wp-content/uploads/2014/01/ExplotacionRecursosNaturales.pdf


19SOROTAN will challenge NATO against hybrid threats , 2. März 2015, http://www.jwc.nato.int/media/news-archive/519-sorotan-will-challenge-nato-against-hybrid-threats


20General Hans-Lothar Domröse (Comandante JFC Brunssum): Press briefing on NATO exercise Trident Juncture 2015, 15. Juli 2015, http://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_121821.htm


21United
Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (UNOCHA),
United Nations Development Programme (UNDP), United Nations Department
of Safety and Security (UNDSS), United Nations Children’s Fund
(UNICEF), World Food Programme (WFP), International Organization for
Migration (IOM)


22NATO: http://www.act.nato.int/trident-juncture-15, Zugriff am 12. Juni 2015


23Médicos sin Fronteras: Email an einen Unterstützer, aa.moc, 19. Juni 2015


24General Hans-Lothar Domröse (Comandante JFC Brunssum): Press briefing on NATO exercise Trident Juncture 2015, 15. Juli 2015, http://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_121821.htm


25Zum
Beispiel: Aid Groups Urge NATO to Separate Military and Humanitarian
Activities to Protect Civilians in Afghanistan, International Rescue
Committee, 19. November 2010,
http://www.rescue.org/news/aid-groups-urge-nato-separate-military-and-humanitarian-activities-protect-civilians-afghanista-4463; Afghanistan aid groups say NATO threatens their neutrality, PANOS London, 21. April 2010, http://panos.org.uk/features/afghanistan-aid-groups-say-nato-threatens-their-neutrality/


26China, en expansión: el poder militar de Pekín alcanza el Cuerno de África, La Nación, 9. Juni 2015, http://www.lanacion.com.ar/1800031-china-en-expansion-el-poder-militar-de-pekin-alcanza-el-cuerno-de-africa


27China inicia primera misión de tropas para la ONU en Sudán del Sur, BBC Mundo, 27. Februar 2015, http://www.bbc.com/mundo/ultimas_noticias/2015/02/150227_ultnot_china_onu_tropas_mantenimiento_paz_wbm


28Chema Caballero: China la está armando, África no es un país, blogs.elpais.com, 7. Mai 2015, http://blogs.elpais.com/africa-no-es-un-pais/2015/05/china-la-esta-armando.html


29China, en expansión: el poder militar de Pekín alcanza el Cuerno de África, La Nación, 9. Juni 2015, http://www.lanacion.com.ar/1800031-china-en-expansion-el-poder-militar-de-pekin-alcanza-el-cuerno-de-africa


30Chema Caballero: China la está armando, África no es un país, blogs.elpais.com, 7. Mai 2015, http://blogs.elpais.com/africa-no-es-un-pais/2015/05/china-la-esta-armando.html


31La
Guardia Civil patrullará también en tierra en Mauritania con la
Gendarmería para combatir la inmigración ilegal, abc.es, 29. März 2014,
http://www.abc.es/espana/20140329/abci-guardia-civil-patrullara-tambien-201403282046.html;
Also: Guardia Civil: La “intensa y vital” colaboración entre España y
Mauritania se “eleva a un nivel superior” con la firma de un convenio
de lucha contra la criminalidad, nota de prensa, 26. Mai 2015,
https://www.guardiacivil.es/es/prensa/noticias/5357.html


32Ministerio de Defensa: http://www.defensa.gob.es/misiones/en_exterior/actuales/, Zugriff am 11. August 2015



34Base Aérea de Morón, la “joya oculta” del despliegue mundial del Pentágono, defensa.com, http://www.defensa.com/index.php?option=com_content&view=article&id=9978:base-aerea-de-moron-la-joya-oculta-del-despliegue-mundial-del-pentagono&catid=69:reportajes&Itemid=199, Zugriff am 11. August 2015