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Weibliche Herrscherinnen im Islam: Turkan Hatun (7)


by Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Turkan Hatun[1] ist die nächste herrschende Frau, die die Autorin vorstellt. Sie regierte in Kerman, im Staat von Kutluk, im heutigen Iran. 
Turkan Hatun in
Kerman, im Staat von Kutluk. Auch dieser Teil enthält sehr viele historische Details. Wieder geht es um einen Machtkampf, der mit der Ermordung einer Frau endet, die die Herrschaft wahrscheinlich zu sehr liebte. Wie es bei allen anderen Frauen der Fall war, entriss ihr am Ende die Männerwelt ihren Thron. Und dann geriet ihre Person in Vergessenheit. Die Tatsache, dass sie nicht mal im Milione von Marco Polo zitiert wird, der gerade zu ihrer Zeit die Region durchreiste, beweist dies auch schon zu ihren Lebzeiten.
Der vierte Herrscher des Staates von Kutluk[2], der in Persien in der
Region von Kerman gegründet wurde, ist eine Frau namens „Turkan Hatun“. Um zu
verstehen, wie eine Frau in der Lage gewesen war, sich die höchste Macht in
einem muslimischen, türkischen Staat anzueignen, der gerade gegründet worden war
und dessen Organisation noch keine Korruption aufwies, lenken wir nun unser
Augenmerk auf die Geschichte seiner Gründung.
Als sich Barak
Hadjib
, einer der alten Emire der heidnischen Karahitaylilar, im Jahre
619/1222 die Länder von Kerman aneignete, gründete er einen Staat. Kurz danach
heiratete Djelaluddin Kharezmshah,
der durch diese Orte kam, die Tochter von Barak; dieser unterwarf sich dann
Djelaluddin. Aber die Invasion der Mongolen, die Djelaluddin Kharezmshah gezwungen hatte, sein Land zu verlassen,
hatte auch Barak Hadjib gezeigt,
dass die Macht nun in den Händen der Mongolen war; er zögerte auch nicht, Djengiz Khan seine Treue zu schwören.


Er hatte auch eine seiner Töchter, Sevintch
Turkan Tchagatay, mit dem Sohn von
Djengiz Khan verheiratet. Auf diese Weise erhielt Barak Hadjib von Djengiz Khan
den Titel „Kutluk Khan“. Barak, der die Länder von Kerman und Sistan[3] unter seiner Herrschaft
vereint hatte, setzte, im Gegensatz zu den politischen Tätigkeiten der
Kharezmshah, den Kalifen dessen in Kenntnis, dass er sich zum Islam bekehren
wollte und den Titel von Sultan
erhalten möchte. Sein Vorschlag wurde vom Kalifen
an-Nasir
angenommen, der ihm den Titel „Kutluk Sultan“ (119) verlieh.
Barak Hadjib hatte fünf Kinder,
wovon vier Töchter und einen Sohn. Nach seinem Zeitgenossen Munshi Nasiruddin (Simt ul-Ula, S. 25-6) waren diese: Sevintch Turkan (Schah), Khan Turkan (die Ehefrau des Neffen von
Barak, Kutbuddin Muhammed), Meryem Turkan (die Ehefrau des Regenten von
Yezd, Muhyiddin Sam) und Ruknuddin,
der den Übernamen Hodjadijk erhielt.
Barak Hadjib schätzte vor allem Kutbuddin,
den Sohn seines Bruders Hamitbur oder Djintimur
Tayangu
; er ernannte ihn zu seinem Thronfolger. Gleichzeitig hatte er ihn
seiner Tochter Khan Turkan als
Ehemann gegeben und ihn somit zu seinem Schwiegersohn gemacht (Simt ul-Ula, S. 26). Nach dem Tode von
Barak Hadjib im Jahre 6321/1234-5, wurde Kutbuddin mit der Genehmigung von
Ogedey (Oktay) Khan zu seinem Nachfolger; aber nach nicht einmal nach einem
Jahr musste Kutbuddin in die
Mongolei zurück. In diesem Moment befand sich Ruknuddin, der Sohn von Barak
Hadjib, in der Nähe von Kerman.
Kurze Zeit danach wurde Kutbuddin, der Göyük Khan
zum Zeitpunkt der Wahlen nützliche Dienste erwiesen hatte, zur Zeit von Monge
(650/1252-3)  zum Herrscher von Kerman
ernannt. Unter diesen Bedingungen wurde der Sohn von Barak zur Flucht und Abdankung gezwungen: er wandte sich an den
Kalifen und die Regenten von Lur und
Monge. Am Ende tötete ihn Kutbuddin. Dieser letzte unterdrückte
auch einen Aufstand, der von einem sogenannten Kutbuddin angeführt wurde, der
behauptete, er wäre Djelaluddin
Kharezmshah
. Kutbuddin, der 655/1257 verstarb, hatte auch andere Erfolge zu
verzeichnen, welche die Geschichte seinem Scharfsinn zuschreibt. Dieser
Scharfsinn war aber darauf zurückzuführen, dass er immer den Ratschlägen seiner
Ehefrau Kutluk Turkan (120) folgte. 654/1256 kehrte er von den Grenzkämpfen
zurück und fand zwei Kinder vor, die sie inzwischen geboren hatte: eine Tochter
Padishah Hatun“, die von Kutluk Turkan geboren war und einen
Sohn „Soyurgatmish Sultan“, der von
seiner anderen Frau geboren worden war (Simt
ul-Ula
, S. 35). Auf diese Weise erfahren wir von der Geburt von Padishah
Hatun, die später zur sechsten Herrscherin von Kerman werden wird.
1-   
Die Ernennung von
Turkan Hatun als Thronfolgerin von Kerman
A)     
Die Regentschaft: Zum Zeitpunkt des
Todes von Kutbuddin hatten sich die Prinzen und  Notabeln der Mongolei und die von Kerman (121)
versammelt; sie wählten einstimmig die Unterwerfung unter die höchste Autorität
von Turkan Hatun, und alle
gehorchten ihren Befehlen und Beschlüssen[4]. Aber als die Nachricht des
Todes von Kutbuddin Buyuk Khan eintraf,
äußerten einige die Meinung, man sollte das Land den Söhnen des Sultans
überlassen, bis sie das Alter erreicht hätten, um zu herrschen. Sie wären in
der Zwischenzeit bereit, die Regentschaften von Kutluk Turkan und seines Schwiegersohns Emir Hadji Leshkeri zu akzeptieren, die sie als die wahren Herrn
von Kerman bezeichneten. Aber die
Neuigkeit, dass der Emir Hadji sehr grausam und ein Trunkenbold war, hatte die
Notabeln von Kerman verstimmt. Sie begaben sich am selben Tag noch zu Hulagu
Khan, um ihn um seine Unterstützung zu bitten. Sie brachten ihre Anfragen vor
und trugen auch die moralischen Qualitäten vor, die Turkan Hatun besaß. Hulagu Khan gab den Anträgen der Emire
statt und wurde sich des Wertes von Turkan Hatun bewusst. Somit beschloss er,
dieser weitblickenden Frau die gesamten Angelegenheiten des Staates (123), ob
nun wichtiger oder von weniger Belang, anzuvertrauen (Simt ul-Ula, S. 38).
Da Kutbuddin
Sultan
sein Leben lang niemals die Zeremonie seines Treueeides gegenüber Hulagu vernachlässigt hatte, hatte der
letztere Kerman seinem Sohn anvertraut, aber gleichzeitig hatte er es als
sinnvoll angesehen, dass Kutluk Turkan,
die Ehefrau von Kutbuddin Sultan, da ihre Kinder noch jung waren, den Staat als
Regentin regieren sollte, um die öffentliche Ordnung im Lande zu wahren (124).
Diese Frau, welche die Gerechtigkeit und die Güte so sehr liebte, hatte
unermüdlich für den Wohlstand ihres Volkes, den Wiederaufbau der Städte, die
Versorgung der Gelehrten, die Ehrung der Weisen und das Wachstum der
wohltätigen Institutionen und Stiftungen Sorge getragen. Sie hatte auch den
Straßen- und Seetransport von Kerman
wiederhergestellt. Weltweit hat kein Herrscher es geschafft, ein Zehntel zu
machen, von dem was Kutluk Turkan mit so großer Bescheidenheit geleistet hatte,
berichtete Mirhond zu ihrer Person
(S. 129). Wenn man die Übertreibung berücksichtigt, ist dieser Satz aber von
Belang, um die konstruktive Persönlichkeit dieser Herrscherin aufzuzeigen. Im Werk
Simt ul-ula (S. 27-28) wird auch
angeführt, dass der Staat von Karahitay
(oder der Staat von Kutluk) dank der ehrenvollen Gefühle und der
Entschlossenheit dieser Herrscherin zur Zeit von Turkan Hatun seinen Frühling erlebte.  
B) Die Familie von Kutluk Turkan Hatun
Die Informationen üben den Stammbaum von Turkan
Hatun sind in den historischen Handbüchern abweichend. Hammer nennt zum
Beispiel unter den vier Töchtern der Gründerin des Staates von Kutluk auch Kutluk Turkan (Geschichte der Ilkhanen, II., S. 45); in Wirklichkeit aber handelt
es sich hierbei um „Khan Turkan“.
Wir sind sehr überrascht über diese Worte, die Hodja Nasiruddin, einem der Sekretäre von Turkan Hatun,
zugesprochen werden: „Barak gab
seine Tochter seinem Neffen Kutbuddin zur Frau und machte aus ihm seinen
Schwiegersohn“. Daraus kann man ableiten, dass, wenn Barak Hadjib seine Tochter Kutbuddin
gab und nach seinem Tode seine Frau Kutluk
Turkan
zur Herrscherin ernannt wurde, Turkan Hatun sehr wohl Baraks Tochter
Barak ist; im Simt ul-Ula (S. 25-26)
findet sich aber der Name von Kutluk
Turkan
in der Liste der vier Töchter von Barak nicht. Khan Turkan,
von der wir gesprochen haben, war eine von Baraks Töchtern und wird als die
Ehefrau von Kutbuddin vorgestellt. Wiederum nach Simt ul-Ula (S. 26) heiratet Kutbuddin
Mehmed
vier Monate nach seinem Aufstieg zum Thron Kutluk Turkan. Wenn dies der Wahrheit entspricht, kann Kutluk
Turkan nicht Khan Turkan, Baraks Tochter,
sein, da diese letztere schon zu Lebzeiten ihres Vaters mit Kutbuddin, dem Sohn des Onkels
väterlicherseits, verheiratet war. Im Tarih-i
Shebenkare
(oder im Tarih-i Muini,
S. 23) und im Tarih-i Guzide (I., S.
531) wird sie als Favoritin als Odaliske von Kutbuddin bezeichnet. Wenn man
Spuler (Geschichte der Mongolen des Iran,
S. 172) Glauben schenkt, war Kultuk
Turkan Hatun
Barak Hadjibs Ehefrau.
Da wir in diesem Buch keinen Anhaltspunkt mehr
für die These fanden, nach der Kutluk Khan Baraks Ehefrau war, haben wir aber
trotzdem die Gelegenheit gehabt, aufzuzeigen, dass es unmöglich war, dass sie
unter den zahlreichen Turkan Hatun
dieser Epoche auch wirklich die Baraks Tochter war. 
Es ist in der Tat verständlich, dass Turkan kein Name, sondern ein Titel
ist, der als „Terken“ gelesen werden muss, wie Melioranski und dann Barthold
bewiesen haben. Osman Turan hat es seinerseits bewiesen (vgl. hierzu Zeitschrift der Geschichte des türkischen
Rechts
, Band I). Daher haben wir es vorgezogen, dieses Wort in seiner
aktuellen Form „Turkan“ zu verwenden.
C)      
Der Kampf zwischen
Kutluk Turkan Hatun und dem Sultan Hadjdjadj und die Thronbesteigung der
ersteren
.
In den Tagen nach 655/1257 nutzte Turkan Hatun
die Gelegenheit, dass ihr Stiefsohn noch minderjährig war, und regierte selbst
das Land. Dem Schein nach war Sultan
Hadjdjadj
, ihr Stiefsohn, der Herrscher, aber in Wirklichkeit war es Turkan
Hatun, welche die Angelegenheiten des Staates (125) führte. Obwohl Turkan Hatun nur die Stiefmutter des
jungen Herrschers war, verstanden sich die beiden wunderbar; sie gingen
liebevoll miteinander um, lebten über Jahre zusammen und teilten sich den
Thron, wie eine Mutter und ihr Sohn es getan hätten. In der Zwischenzeit hatte
der Sultan Hadjdjadj das Alter der Pubertät erreicht. Zu jener Zeit hatten die
Heere von Tchaghatay und Barakoghul,
um Persien zu erobern, das Gebiet der Ilhaniden überquert. Turkan Hatun hatte daher eine große Armee, angeführt von Sultan Hadjdjadj, aufgestellt, die sich
mit der von Abaka Khan
zusammenschloss: diese Geste hatte dem letzteren sehr gefallen. Er überhäufte
Hadjdjadj mit Gefälligkeiten und schickte ihn dann wieder in sein Land zurück.
Die Angelegenheiten von Hadjdjadj folgten ihren Lauf, als einige Personen, denen er
vertraute, es darauf absahen, ihn zu provozieren. Eines Abends befahl Hadjdjadj während eines Treffens, an
dem alle Spaß hatten, betrunken Kutluk
Hatun
, sie solle vor den Eingeladenen tanzen. Sie aber, die in ihrem
Verhalten stets ihre Würde gewahrt hatte, und auch sehr abgeneigt gegen das
Tanzen war, überwand ihren Unwillen, weil sie sich der Trunkenheit ihres
Stiefsohnes bewusst war, und fing an zu tanzen, um Hadjdjadj nicht zu widersprechen. Sie hatte mit Widerwillen die
Arme in verschiedene Richtungen bewegt und Tanzbewegungen ausgeführt, während
die Männer des Gefolges von Hadjdjadj dieses Distichon rezitierten und sie das
Schoßteil ihres Rockes flattern ließ:
 

„Jung sind dein Schicksal und dein Stern, aber dein
Glück ist alt;
Es ist an der Zeit, dass das Alte den Jungen seinen Platz
lässt“ (124).
Dieses
unübliche Verhalten war das Indiz eines hinterlistigen Plans gegen Turkan Hatun. Nach diesem
unterhaltsamen Abend begab sich Turkan Hatun sehr betroffen zu ihrem
Schwiegersohn Abaka Khan und und bat
ihre Tochter Padishah Hatun um Unterstützung gegen den gegen sie geschmiedeten
Komplott.
Abaka Khan,
der Sohn von Hulagu Khan, zeigte keinerlei Toleranz für diese Leichtigkeit von Sultan Hadjdjadj gegenüber Kutluk
Turkan, seiner Schwiegermutter und Herrscherin von Kerman und veröffentlichte den folgenden Firman: „Ab jetzt soll Hadjdjadj von Kerman
fernbleiben und soll die Staatsangelegenheiten in jeglicher Hinsicht an Turkan
Hatun abgeben
“ (125). Nach der Rückkehr von Kutluk Turkan begab sich
Hadjdjadj geheim zu den Söhnen von Oghedey
Khan
, um seine Herrschaft wieder zu ergreifen. Kutluk Turkan wiederum
entsendete einen Boten zu Abaka Khan,
um ihn bezüglich der Situation in Kenntnis zu setzen. Abaka Khan befahl dann wütend in einem Firman, Hadjdjadj sollte
festgehalten und nach Ordu gebracht werden, wo er Herrscher war (128).
Hadjdjadj, der aber davon Beschied wusste, brach nach Sistan auf, bevor die Vertreter des Herrschers eintrafen. Sechs
Monate später (129) erfuhr er von den Vorbereitungen von Abaka Khan, um die Orte anzugreifen, in denen er sich befand; er
suchte also Zuflucht in Delhi, wo er
zehn Jahre lang in einem Pavillon eingesperrt blieb. Er begab sich nur einmal
pro Woche zum Palast des Herrschers. Als er den Thron von Indien bestieg, bot
ihm der Sultan Djelaluddin
Ebu’l-Muzaffer Haldji
seine Unterstützung an, um die Länder von Kerman
zurückzuerobern; die Vorbereitungen auf den Krieg waren pompös. Der Sultan
Djelaluddin organisierte auch eine Zeremonie, während deren er Hadjdjadj die
Insignen der Herrschaft wie das Szepter, den „Tzetr“, „Tabl“, den „Kus“ und den „Standart“ übergab. Hadjdjadj, der somit Kerman den Krieg erklärt
hatte, erkrankte sehr schwer in der sogenannten Ortschaft von Bekr und verstarb
an einem Donnerstag im Monat von Zilhadjdje (130).
Während
der zwölf Jahre, in denen Hadjdjadj
in Delhi lebte, wurde Kerman von Turkan
Hatun
unabhängig und in absoluter Ordnung (131) regiert. Zu einem Datum,
das im Simt ul-Ula nicht klar
definiert ist, aber im Tarih-i Sijistan
(S. 405) mit Sicherheit als das Jahr 675 angeführt ist, engagierte sich der
Bruder von Sultan Hadjdjadj, Djelaluddin Soyurgathmish, ein anderer
Stiefsohn von Turkan Hatun, als das Heer von Abaka Khan nach Khorassan kam, mit der Genehmigung seiner Mutter in
der Armee von Abaka und eignete sich alle Ländereien seines Bruders Hadjdjadj an. Man hatte ihm auch das
Emirat der Jagd und andere Emirate der Streitkräfte übergeben. Da ihm aber die
Genehmigung verwehrt wurde, zu herrschen, mischte er sich nun in die
Staatsangelegenheiten ein, die ausschließlich Kutluk Turkan betrafen und ließ
seinen Namen während des Freitagsgebet zusammen mit dem der Sultantin zu nennen
und leistete ihr keinen Gehorsam. Zur selben Zeit verweigerten einige Notabeln
von Kerman, worunter der Anzettler Muizzuddin Melik Shah, der Aufständische
Shah Melik, der Emir Tulak und andere, sich Turkan Hatun weiterhin zu
unterwerfen und erklärten Soyurgathmish
ihre Verfügbarkeit. Zu Beginn hielt Turkan Hatun die Situation aus, bis Soyurgathmish alle Grenzen überschritt;
dann erst sendete sie einen Vertreter zu Abaka
Khan
, um sich bei ihm über ihre Tochter Padishah Hatun zu beschweren. Diese letztere, mit der sich Ilkhan Abaka wegen ihrer Schönheit,
Anmut und ihrer Fähigkeiten als Dichterin verbunden fühlte, erhielt sehr bald
die erhoffte Anwort auf den von ihrer Mutter geäußerten Wunsch. Denn nach der
Verordnung von Abaka Khan sollte sich Soyurgathmish
ab jetzt nicht mehr in die Angelegenheiten von Kerman einmischen und auch nicht
in die des ihm von seinem Bruder übergebenen Emirates der Jagd und in die der
besonderen Besitztümer (132). Angesichts dieser Lage handelte Hadjdjadj nicht
wie sein Bruder; er begab sich hingegen erneut zu Abaka Khan, machte sich dort bekannt und holte seine besonderen
Ländereien unter der Voraussetzung zurück, er würde sich nie wieder in die
Angelegenheiten des Staates von Kerman einmischen. Dies hatte er vor allem der
Güte von Turkan Hatun zu verdanken.
Gegen
Ende des Jahres 680 (1282) kam die Neuigkeit des Todes von Abaka Khan; Ahmed Tekudar war
sein Nachfolger geworden. Turkan Hatun
organisierte bei dieser Gelegenheit in Kerman eine Trauerzeremonie von einem
noch unerreichten Prunk. Die freundschaftlichen Beziehungen, die den Sultan Ahmed und Suyurgathmish verbanden,
dauerten schon seit langer Zeit an und waren schon unter Abaka Khan vorhanden. Kutay (oder Kuti) Hatun, Ahmeds Mutter,
spielte eine große Rolle in der Absetzung von Turkan Hatun, um Soyurgathmish das Sultanat von Kerman
zuzusichern.
Djelaluddin Soyurgathmish hatte, da er ein glückliches Ergebnis erzielt hatte,
seine Armee verlassen. In der Ortschaft von Siyeh Kuh (Karabag) traf
er auf Turkan Hatun, die sich gerade
in Begleitung ihrer Tochter Padishah Hatun nach Ordu begab. Soyurgathmish las der Herrscherin die
Verordnung, die er bei der Hand hatte, vor (133), ohne dabei gar nicht daran zu
denken, Turkan Hatun darauf
vorzubereiten. Turkan Hatun, die seit Jahren an ein Leben in Unabhängigkeit und
in absoluter Ordnung in Kerman gewohnt war, fühlte sich aufgrund dieser
Neuigkeit, die sie so gewaltsam mitten auf dem Weg erhalten hatte, so
bekümmert, dass sie sich schlecht fühlte und das Bewusstsein verlor. Soyurgathmish schlug dann den Emiren
von Kerman, die Turkan Hatun
begleiteten, vor, sie sofort zu verlassen und mit ihm nach Kerman zu kommen.
Die Emire und einige Notabeln erfüllten den Wunsch des neuen Herrschers und
kehrten nach Kerman zurück.
2-  
Sultan Djelal ud-Dunya ve’d-Din Ebu’l-Muzaffer
Soyurgathmish.
Im
Monat Rebiulevvel des Jahres 681 (1282) bestieg Soyurgathmish den Thron von Kerman,
wohin er sich auch begeben hatte. Er war gütig und freigiebig mit den Notabeln und
Emiren von Turkan Hatun. Was diese
betraf, huldigte er ihnen wohl oder übel. Muizzuddin
Melik Schah
hingegen, der für seinen schlechten Charakter bekannt war,
hatte sich darauf vorbereitet, sich an Soyurgathmish
zu rächen. Kurch Melik hatte
vergebens versucht, das Feuer der Korruption zu löschen, das sich im Herzen von
Muizzuddin entfacht hatte und dem Volk Wohlstand und Ruhe zu versichern. Denn
er war nicht in der Lage, sich gegen einige Notabeln zu stellen, welche bereits
entschieden hatten, Soyurgathmish zu töten und den Enkel von Turkan Hatun, Suyuk Schah, auf den Thron zu bringen. Er erfuhr im Voraus vom
Komplott dieses letzteren und setzte seinen Onkel Soyurgathmish, um jegliche Möglichkeiten ins Auge zu fassen, dessen
in Kenntnis. Dieser versammelte die Notabeln auf einem öffentlichen Platz und
ließ sie schwören. Diejenigen, die ihre Verbrechen zugaben, wurden dann auf der
Stelle massakriert (134).
3-  
Kutluk Turkan Hatuns Tod.
Nachdem
sie mit Soyurgathmish
auseinandergegangen war, begab sich Turkan
Hatun
direkt zu Ahmet Khan. Wie es Brauch war, hatte sie wertvolle
Geschenke mitgebracht. Als er sie sah, erhob sich Sahib-i Divan Shemsuddin
(135) Guveyni respektvoll vor ihr.
Turkan Hatun hatte ihre Töchter Bibi
Turkan
und Padishah Hatun
mitgenommen.
Unter
den Notabeln von Kerman, hatten es Hodja
Zahiruddin Yemin ul-Mulk
und Tadjuddin
Satilmish
vorgezogen, im Dienste von Turkan Hatun zu bleiben, anstatt vom Sultan Soyurgathmish abzuhängen.
Während ihres Besuches erwies man Turkan Hatun sehr viel Ehre; auch die
Verordnung wurde ihr wie folgt vorgestellt: „Sultan Soyurgathmish und Turkan Hatun werden den Staat von Kutluk
(Karahitay) zusammen mit denselben Rechten regieren
“. Dieser schriftliche
Beschluss des Khans hatte das Missfallen seiner Mutter Kuti Hatun und von Soyondjak
Noyan
erregt, die Ahmed Khan
sagten: „Wenn du diese Verordnung umsetzt, wird dich Soyurgathmish hassen. Er
wird nach Khorassan zu Argun Oghul aufbrechen, um sich mit ihm zu verbünden. Es
wäre das Beste, wenn Turkan Hatun hierbleiben würde, um den Winter mit uns zu
verbringen und diese Angelegenheit dann im Sommer mit ihnen geregelt würde,
wenn Soyurgathmish uns besuchen wird“.
Turkan
bliebt in der Tat in diesem Winter in Zemistan
(besser gesagt in Berdaa). Sahib-i Divan
Shemsuddin überschüttete sie mit
Gesten der Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Bei Einbruch des Sommers brach sie
über Tebriz nach Tcherindab auf. Kurze Zeit danach starb
sie vor lauter Kummer (681/1282-3) (136).
Bibi Turkan, Turkan
Hatuns Tochter, befand sich damals in Ordu; sie begab sich somit nach Tcherindab; Padishah Hatun hatte ihrerseits die Richtung nach Kerman
eingeschlagen; der Leichnam von Turkan Hatun wurde von Bibi Turkan nach Kerman gebracht, wo Djelaluddin Soyurgathmish und die Notabeln der Stadt sich
hinbegaben, um sie zu treffen und Bibi Turkan ihr Beleid auszusprechen. Turkan Hatun wurde unter der Wölbung
einer Medrese beigesetzt, die sich am schönsten Ort der Stadt befand (137). Die
Gelehrten, die Tugendhaften und das Volk bedauerten ihren Tod, denn mit ihr
hatten sie auch den Schutz und das Wohlwollen verloren, das sie ihnen stets
versichert hatte.
Wir
können nicht sagen, ob Turkan Hatun Münzen mit ihrem Namen prägen ließ, aber
wenn man das Werk Simt ul-Ula (S. 51)
liest, versteht man klar, dass sie ihren Namen in den Freitagsgebeten erwähnen
ließ.
Turkan
Hatun, deren Herrschaft von 655/1257 bis zum Jahr der Verordnung 681/1282-3
gereicht hatte, ist eine der seltenen Frauen, von denen die Geschichte
berichtet. Obwohl der berühmte Reisende Marco
Polo
1072 durch Kerman reist[5],
berichtet er uns nicht von Kutluk Turkan.
Er spricht nur seine Reisen durch Kerman an.


[1] Sie herrschte vor ihrer Tochter Padishah Hatun von 1257
bis 1282 über Kerman. Zitiert wird sie z.B. neben anderen Herrscherinnen, die Bahriye
Üçok vorstellt, in: Francke A. in Asiatische
Studien,
„Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Asienkunde“,
Bände 21-22 (1967), S. 131.

[2] Dieser Staat wurde 1222 gegründet, als Kutluk Khan, der
erste Prinz dieser Dynastie, die Region eroberte. Vgl. hierzu: Le Strange G., The Land of the Eastern Caliphate: Mesopotamia,
Persia, and Central Asia from the Moslem Conquest to the Time of Timur
, Cosimo Classics, New York 2010, S. 305.

[3] Vgl. bezüglich der Region von Sistan im
Südosten des heutigen Iran die folgenden Artikel: Bosworth C.E., Sistan and
Its Local Histories,
in: Iranian Studies, Band 33, Nr. 1/2,
Winter–Frühjahr 2000, S. 31–43; Bosworth C.E., Sīstān, in: The Encyclopaedia of Islam, Band 9,
1997, S. 681–685.

[4] Hierzu schreibt Eric J. Hanne in Putting the Caliph in His Place: Power, Authority, and
the Late Abbaside Caliphate,
Fairleigh Dickinson
Univ Press
, Madison 2007, S. 127: “Turkan
Khatun’s actions immediately after the death of her husband, as well as during
the following year, highlight the important role that women could play in
ruling families”.

[5]
Hier bezieht sich die Autorin auf Marco Polos Werk Il Milione. Vgl. hierzu: Polo M., Il Milione, Da’ Torchi di Giuseppe
Pagani, Florenz 1827.