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Weibliche Herrscherinnen im Islam (2): Die Regentin Dayfa Hatun in Aleppo


by
Milena Rampoldi, ProMosaik e.V., aus dem Werk der türkischen
Historikerin, Feministin und Islamgelehrten Bahriye Üçok (1919-1990) mit
dem Titel „Islam Devletlerinde Türk Naibeler ve Kadın Hükümdarlar“
(Türkische Regentinnen und Herrscherinnen in den islamischen Ländern) –
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by Milena
Rampoldi, ProMosaik e.V., aus dem Werk der türkischen Historikerin, Feministin
und Islamgelehrten Bahriye Üçok (1919-1990) mit dem Titel „Islam Devletlerinde
Türk Naibeler ve Kadın Hükümdarlar“ (Türkische Regentinnen und Herrscherinnen
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Milena Rampoldi, ProMosaik e.V., aus dem Werk der türkischen
Historikerin, Feministin und Islamgelehrten Bahriye Üçok (1919-1990) mit
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Die Regentin Dayfa
Hatun[1]
(in Aleppo)[2]
Die Tochter von Melik Adil[3], dem Nachfahren der
Ayyubiden, wurde 582/1168-7 in der Zitadelle von Aleppo geboren, als ihr Vater
über die Stadt herrschte. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt gab es Besucher in der
Zitadelle. Ihr Vater gab ihr daher den Namen Dayfa, was Gast bedeutet. So
berichten Kemaluddin Ibn el-Adim und Munedjdjimbashi (der Hauptastrologe) (26).
Der erste setzt uns auch dessen in Kenntnis, dass Melik Zahir, der Nachfolger
von Melik Adil Sayfuddin Abu Bekr Ahmed zu Beginn Gaziye Hatun, die Schwester
von Dayfa Hatun und dann diese letztere geheiratet hatte[4].
Melik Aziz, einer der Herrscher der Ayyubiden-Dynastie,
ist Dayfas Sohn. Obwohl der Bruder von Melik Aziz, Salih, das reife Alter für
die Herrschaft erreicht hatte, konnte er die Herrschaft nicht antreten, weil er
der Sohn einer Sklavin war. Melik Aziz hingegen wurde von Dayfa, einer
Prinzessin, zur Welt gebracht, die ihrerseits die Tochter von Melik Adil (27)
war.

Vor seinem Tod hatte Melik Aziz die Emire dazu
aufgefordert, seinem Sohn Nasir Yussuf die Treue zu schwören. 634/1236-7[5] hatte Dayfa Hatun in den
Tagen nach seinem Tode bereits begonnen, das Land im Namen ihres kleinen Sohnes
Nasir Yussuf zu regieren[6]. Im Laufe des Jahres
635-1237-8 trug sie Sorge für die Friedenschließung zwischen den Fürstentümern
von Aleppo und Homs; sie hatte Kemaluddin Bin el-Adim diese Aufgabe
aufgetragen. Dayfa Hatun ließ ihre Befehle über einen Vermittler der beiden
Emire ausführen. Allerdings mussten alle offiziellen Dokumente des Fürstentums
über sie laufen und ihre Unterschrift tragen, bevor sie an die zuständigen
Ämter weitergeleitet wurden. Während ihrer Herrschaft von sechs Jahren regierte
sie ihr Land mit großer Kompetenz. Dayfa Hatun verstarb am II Djumada I. 640/6.
November 1242[7].
Ihr Grab befindet sich in der Zitadelle von Aleppo. Da ihr kleiner Sohn am Tage
ihres Todes erst dreizehn Jahre alt war, bezeugten die Zeugen, dass er erst
tatsächlicher und rechtlicher Herrscher des Staates werden könne, sobald er die
Volljährigkeit erreicht hatte. So wurde sie die Herrscherin des Fürstentums,
ohne dass dieses einer anderen Autorität unterworfen wurde[8].


[1] Über ihr Leben und Werk habe ich sehr
spärliche Quellen gefunden. Zitiert wird sie u.a. in Yasser Tabbaa, Constrictions of power and piety in Medieval
Aleppo,
The Pennsylvania University
Press, 1997.
In diese Zeit der
Ayyubidenherrscher fallen auch die berühmten architektonischen Werke der
Zitadelle, die Entwicklung des Handels und der Aufbau einer großen Anzahl
religiöser und Wohlfahrtsinstitutionen. Vgl. hierzu: Dr. Fairchild Ruggles
(Herausgeber), Women, Patronage and
Self-Representation in Islamic Societies,
State University of New York, New
York 2000.
Ein politisches
Paradoxon kommt in diesem Gegensatz zwischen der Entmachtung der Frau und der
Macht der Frau in den öffentlichen Bauten zum Ausdruck. Vgl. S. Dr. Fairchild, op. cit., S.
6: “On the other, the paradox between political disempowerment and women’s
patronage asks that we explore more critically the term „power“ and what is
means”.
Der Begriff der „Macht“
(sulta) bezeichnet im islamischen
Verständnis, im Unterschied zur Herrschaft Allahs, das Prinzip der
realpolitischen Auslegung und Umsetzung der politischen Realität.       
[2] Die Geschichte dieser Frau fällt in
die Zeit der Ayyubiden-Herrschaft über Aleppo von 1183 bis 1260, als die
Mongolen die Stadt dem Erdboden gleichmachten. In diesem Zeitraum von ungefähr
80 Jahren herrschten vier Emire nachfolgend über Aleppo: al-Adil I.
(1183-1186), az-Zahir Ghazi (1186-1216), al-Aziz (1216-1236) und an-Nasir Yusuf
(1236-1260). Vgl. hierzu zur Geschichte dieser Dynastie: http://www.eslam.de/begriffe/a/ayyubiden.htm,
letzter Abruf, 26.05.2013, 14.01 Uhr. Weitere Informationen zu dieser Zeit
finden sich auch im Artikel von Noth A. Aijubiden,
Lexikon des Mittelalters, Band I, Spalte 1315. 
[3] Adil, der erste Sultan von Aleppo, war
der Bruder von Salah al-Din. Dieser letztere hatte zuvor seinen Sohn al-Zahir
Ghazi zum Sultan ernannt. Er wurde es dann wieder, als 1186 Adil wieder
abgesetzt wurde. Vgl. Yasser Tabbaa, Constrictions
of power and piety in Medieval Aleppo,
The
Pennsylvania University Press, 1997, S. 28: “The confused succession to Aleppo
and al-Adil’s increasing assertiveness in Ayyubid affairs after the death of
Salah al-Din in 1193 contributed to a long period of hostility between al-Zahir
Ghazi and his uncle”.
[4] Wie uns Yasser Tabbaa, Constrictions of power and piety in Medieval
Aleppo
, op.cit., S. 28-29 berichtet, wurde die Ehe zwischen Dayfa Khatun
und az-Zahir arrangiert, um die Auseinandersetzungen zwischen Melik und
az-Zahir aus der Welt zu schaffen.  
[5] Zu diesem Jahr findet sich in Schregle
G., Die Sultanin von Ägypten; S̄ağarat ad-Durr in der arabischen Geschichtsschreibung und
Literatur
, Harrassowitz
Verlag, Wiesbaden 1961, S. 39: Sie befand sich auch in der Fronde der syrischen
Ayyubiden gegen al-Kamil. In diesem Zusammenhang vergleicht sie der Autor auch
mit Sagarat ud-Dur hinsichtlich ihrer weiblichen Rolle als Herrscherin. Er
schreibt: „Sie hatte 1212 ihren Vetter az-Zahir Gazi (gest. 1214) von Aleppo,
einen Sohn Saladins, geheiratet und stand nun, nach dem frühzeitigen Tode ihres
Sohnes al-Malik al-‘Aziz, an der Spitze des Regentschaftsrates, der für ihren
unmündigen Enkel an-Nasir Yusuf gebildet worden war. Die Forderung al-Kamil’s,
diesen Regent-schaftsrat aufzulösen und Daifa Hatun abzusetzen, war von Aleppo
zurückgewiesen worden“. Wir sehen somit, dass es schon im Mittelalter innere
Kräfte in den einzelnen islamischen Staaten gab, welche die weibliche Macht
akzeptierten, unterstützten und auch nach außen verteidigten.
[6] Es gab hier aber einen großen
Unterschied zu Shajar ad-Durr, wie uns Yasser Tabbaa berichtet, vgl. Constrictions of power and piety in Medieval
Aleppo,
op. cit., S. 29: “But unlike Shajar ad-Durr, Dayfa Khatun did not
have coins struck in her name and did not have her name pronounced in the
Friday khutbah, the two main emblems
of authority for any Muslim dynast. In other words, symbolically, the line of
male succession in the Ayyubid dynasty of Aleppo continued uninterrupted despite
her regency”.
Nun erschließt
sich uns auch klar, warum Dayfa Khatun nicht in der chronologischen Folge der
Ayyubiden-Herrscher genannt wird. Denn um als Herrscherin zu gelten, hätte sie
Münzen in ihrem Namen und ihren Namen im Freitagsgebet in der Moschee vorweisen
müssen.   
[7] Zu ihrer Nachfolge schreibt: T. K.
El-Azhari in
“The Role of
Salğuqid Women in Medieval Syria”,
in: Orientalia
Lovaniensia Analecta, Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras,
herausgegeben
von U. Vermuelen und J. van Steenbergen, Peeters Publishers, Leuven 2005, S.
136: “After Dayfa’s death the eunuch ‘Iqbal al-Hatuni became one of the two
amirs that ran the kingdom and an-Nasir relied on him as conselor (mušīr) from his thirteen until he
reached adulthood”.
[8]
Abschließend möchte ich noch die Biografie von Dayfa Hatun in Yürekli T., Eyyubi Ailesi Kadinlari (zu Deutsch: Die weiblichen Familienmitglieder der
Ayyubiden
), in Tarihin Peşinde, Ausgabe
6, 2011, S. 329-342, übersetzen, in der es heißt: „Dayfe Hatun ist die Tochter
von El-Adil und wurde im Jahre 1186-1187 in der Zitadelle von Aleppo geboren.
Während ihrer Geburt hatte ihr Vater Gäste, deshalb wurde sie Dayf(a), was so
viel wie „weiblicher Gast“ bedeutet, genannt. Dayfe Hatun wurde mit dem Sohn
ihres Onkels Selahaddin Ayyubi, ez-Zahir, des Richters von Aleppo, verheiratet
(1223-1213). Ez-Zahir war zuvor  mit der
Schwester von Dayfe Hatun, Gaziye Hatun, verheiratet gewesen. Als Gaziye Hatun
starb,  hatte er zwei Versuche
unternommen, Dayfe Hatun zur Frau zu nehmen. Sein Wunsch ging erst mit dem
Antrag in Erfüllung, weil El-Adil sehr auf die Wünsche seiner Töchter einging.
Dayfe Hatun brachte 1213-1214 den Sohn von ez-Zahir, el-Aziz, auf die Welt.
Nach dem Tode ihres Ehemannes ez-Zahir im Jahre 1216 übernahm Dayfe Hatun
zweimal die Regentschaft über die Stadt Aleppo, einmal für ihren Sohn el-Aziz
und dann für ihren Enkel En-Nasr. Die Regentschaften von Dayfe Hatun
überschnitten sich auch mit den Aufständen der Ayyubiden-Epoche in Syrien und
Ägypten. Sie schaffte es in ihren beiden Regenschaften, Aleppo von allen
Aufständen fernzuhalten und so die Zukunft ihres Sohnes und später ihres Enkels
zu sichern. Sie regierte ausgewogen und neutral. Sie hielt sich stets von
Problemen fern, es sei denn sie betrafen die Sicherheit von Aleppo. Sie beteiligte
sich auch nicht an den gegenseitigen Intrigen der ayyubidischen Emire. In den
Chroniken von Ibn Al Adim erfahren wir, dass Dayfe Hatun eine vertrauenswürdige
Person war, auf deren Wort immer Verlass war. Als die Harezmiden in das
Herrschaftsgebiet von Salih Ayyub eindrangen und er sich in Schwierigkeiten
befand, suchte er Hilfe bei seiner Tante Dayfe Hatun, der Regentin von Aleppo.
Er schlug Dayfe Hatun vor, sein Herrschaftsgebiet an sie abzutreten. Dayfe
Hatun dankte ihm aber höflich und lehnte sein Angebot ab. Als nach El Kamil Al
Adil II. den Thron von Ägypten bestieg, versuchte Salih Eyyub Dayfe Hatun an
seine Seite zu ziehen. Dayfe Hatun erklärte, dass beide Parteien ihre Neffen
wären und hielt sich raffiniert aus diesem Konflikt (1238-1239) raus. Als Al
Adil II. in Palästina eine große Schlacht gegen die Kreuzritter für sich
entschied, ging Es Salih zu ihm, um ihm zu gratulieren. Bei diesem Treffen traf
der Botschafter von Dayfe Sultan auf den Geschichtsschreiber Ibn Al Adim und
teilte ihm mit, dass Dayfe Hatun eine Mamelukin sei und er stets in ihrem
Dienste stünde. Arslan Sah überließ Dayfe Hatun die Festung von Caber und
Balis, anstatt sie seinem Sohn zu übergeben. Er war der Meinung, sein Sohn
würde den strategischen Druck auf die 
Festungen nicht verkraften (1240-1241). Diese und viele andere Gesten
beweisen, dass Dayfe Hatun innerhalb des Familienclans ein sehr hohes Ansehen
genoss. Dayfe Hatun errichtete in Aleppo die Firdevs Madrasa und eine Art zentrales Derwischenkloster und
verewigte ihren Namen wie viele andere weibliche Regentinnen der Ayyubiden.
Dayfe Hatun starb 1242-1243 in der Festung von Aleppo und wurde auch dort
begraben“.