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No Loverboys in Berlin: ein Gespräch mit Frau Bärbel Kannemann

Ein Interview von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.
Ein sehr wichtiges Interview mit Frau Bärbel Kannemann, der Initiatorin des Vereins NO LOVERBOYS in Berlin. Sie hilft den Opfern der sogenannten LOVERBOYS. In ihrem Interview gibt sie uns Einblick in ihre Arbeit. Wichtige Informationen finden Sie auf der Webseite des Vereins:
http://www.no-loverboys.de/
Die Loverboys betreffen die gesamte Gesellschaft. Und auch der Kampf gegen die Loverboys und die bedingungslose Unterstützung der Opfer betreffen uns alle. Vor allem soll den Opfern jeglicher Scham und jegliches Schuldgefühl genommen werden. Die Täter sind die Schuldigen.
Bärbel Kannemann
Bärbel Kannemann, die Gründerin
Über sich selbst sagt Frau Kannemann auf der Seite des Vereins:
Ich war fast 40 Jahre als Kriminalbeamtin in Deutschland tätig.
Nachdem ich 2009 als Kriminalhauptkommissarin pensioniert wurde, ging
ich für 1 Jahr in die Niederlande, um mich dort über die Loverboy-Probleme zu informieren.
Dort
habe ich mit betroffenen Mädchen zusammengelebt und an
Elterngesprächskreisen teilgenommen. Es wurden Gespräche mit
niederländischen Politikern, EU-Abgeordneten, Polizisten sowie
Vertretern von Hilfsorganisationen geführt. Ich habe an internationalen
Kongressen zum Thema Menschenhandel teilgenommen und über die Redaktion
der niederländischen TV-Sendung „Vermist“ viele Erkenntnisse zur
Verbindung vermisster Mädchen und Opfer der sogenannten Loverboys
erfahren können.

Seit 2010 arbeite ich zur Loverboy-Problematik und zum Opferschutz
überwiegend in Deutschland. Unsere Arbeit hier wurde im Jahr 2011 mit
der Verleihung des Prix Courage der Redaktion “ML Mona Lisa“ des ZDF und
der Firma Clarins geehrt.

Was macht NO loverboys ?

Zweck des Vereins ist es Opfern der sogenannten Loverboymethode (Betroffene von sexualisierter Gewalt und Opfer von Menschenhandel) Hilfe
anzubieten.

Es sollen Maßnahmen der Information, der Prävention  sowie  der aktiven Unterstützung durchgeführt werden.

NO loverboys soll als direkte Anlaufstelle für Betroffene und deren Angehörige dienen.

Milena Rampoldi: Ihre Organisation setzt sich
für die Opfer der Loverboys in Deutschland ein.
Wer ist ein Loverboy und wer
sind seine Opfer?
Bärbel Kannemann: Ein Loverboy ist in der Regel ein junger Mann zwischen 18 und 30. Loverboyopfer
kann jedes Mädchen werden, aus jeder Familie, aus jeder sozialen
Schicht. Besonders gefährdet snd allerdings Mädchen mit geringem
Selbstwertgefühl.

MR: Wie helfen Sie den Opfern,
um diesen Kreislauf des Missbrauchs und der Manipulierung zu durchbrechen?

BK: Die
Mädchen müssen ihrem früheren Umfeld , und damit dem Zugriff der Täter,
entzogen werden. ( Unterbringung in Schutzwohnungen, betreutem Wohnen). Sie
brauchen Schutz in jeder Beziehung: Ärztliche Betreuung, psychologische
Betreuung, Anerkennung, Bestätigung, Vertrauen, Aufmerksamkeit.

MR: Welche Hilfe brauchen die
Eltern und Familien der Mädchen?

BK: Die Eltern müssen vorallem erstmal das Problem kennen. Sie müssen lernen
dieselbse Sprache zu sprechen wie die Töchter. Sie müssen gemeinsam fachliche
Hilfe suchen.


Und……..sie
müssen weiter die Tochter sehen, nicht die Prostituierte!

Sie
dürfen niemals eine Entscheidung von dem Kind fordern: Er oder wir. Sie würde
sich immer für ihn entscheiden.

Der
Liebe der Eltern ist sie sicher. Um seine Liebe muss sie täglich, stündlich
kämpfen.

MR: Wie gestaltet sich das
Phänomen statistisch? Wie groß ist die Dunkelziffer?

BK: Darüber kann ich keine Angaben machen. Es
gibt vel zu wenig Strafanzeigen der Opfer (aus Angst und Scham), um Veränderungen fordern zu können.

Die
Opfer dürfen in der Bevölkerung nicht mehr als “die sind ja selbst
schuld” betitelt, als Abschaum gesehen werden. Sie sind Opfer. Sie haben
sich einfach nur in den FALSCHEN verliebt. Dafür werden sie nicht nur von den
Tätern, sondern auch von den Freiern und der Gesellschaft bestraft. “Wer
will mir schon helfen, ich bin doch nur eine billige Hure.”

MR: Loverboys lauern überall.
Wie kann man dies den Menschen klarmachen? Wie informieren Sie darüber?

BK:
Täter
suchen sich Opfer vor Schulen, in Fastfoodrestaurants, vor Jugendheimen,
Sportvereinen, aber vorallem im Internet. Hier besonders bei facebook und
bei Badoo.

Da
alle Kinder heute im Internet sind, können theoretisch auch alle auf einen
Loverboy reinfallen.

Wir
informieren durch Schulvorträge, Veranstaltungen für Schulsozialarbeiter,
Familienberatungsstellen, Jugendämter, Ärzte, Psychologen, Polizisten, Juristen
und neuerdings durch eine für Deutschland, Österreich und Schweiz gefertigte
Unterrichtsmappe (MedienLB) für Schulen. Natürlich auch über TV, Radio und
Printmedien.