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Künstler bricht “Pakt des Schweigens” in Chile


Der Künstler und Aktivist Francisco Tapia wird
Namen von Folterern der Pinochet-Diktatur veröffentlichen und dadurch
den Schweigepakt des Valech-Berichts brechen
Quelle:
youtube.com


Santiago. In die nur schleppend vorangehende
Aufarbeitung der Pinochet-Diktatur kommt Bewegung – jedoch nicht von
staatlicher Seite. Der chilenische Künstler und Aktivist Francisco
Tapia, auch bekannt unter dem Künstlernamen “Papas Fritas”, wird in
einer Installation ab dem 26. September Namen von Folterern des
Militärregimes, die bislang aufgrund eines Gesetzes unter Verschluss
gehalten werden,  veröffentlichen.

Mit der Gründung einer Wahrheitskommission, die mit der Untersuchung
von politischer Verfolgung und Folter während der Diktatur beauftragt
wurde, war 2003 dreizehn Jahre nach Rückkehr zur Demokratie zwar der
Grundstein für die Aufarbeitung der Diktaturverbrechen gelegt worden.
Die Tragweite der nach ihrem Vorsitzenden benannten Valech-Kommission
wurde jedoch durch das bereits erwähnte Gesetz eingeschränkt: Es legte
fest, dass der Abschlussbericht der Kommission zwar die Namen der Opfer
und die gegen sie verübten Verbrechen, nicht aber die Namen der
Verbrecher enthalten sollte. Dadurch wurden zwar bedingte
Entschädigungszahlungen an die 40.018 Opfer, deren Zeugenaussagen
vorlagen, nicht jedoch Verurteilungen der Schuldigen ermöglicht. Denn
die kompletten Zeugenaussagen und somit die Namen der Folterer sollen
erst 50 Jahre nach Veröffentlichung des Berichts deklassifiziert werden.
Zu diesem Zeitpunkt wären alle Täter bereits verstorben.

Diesem historischen Tabu und der daraus resultierenden Straflosigkeit
tritt Francisco Tapia mit seinem Projekt entgegen. Unter dem Motto “Die
Erinnerung gehört uns” wurden in Zusammenarbeit mit einem Team von
Sozialwissenschaftlern sowie ehemaligen politischen Gefangenen der
Bewegung der Revolutionären Linken (MIR) Zeugenaussagen von Regimeopfern
aufgenommen. Im Gegensatz zur staatlichen Aufarbeitung wurde allerdings
in diesem Projekt die Identität der Opfer, nicht die der Täter
geschützt: “Wir haben die Person, die ihre Aussage deklassifiziert,
angewiesen, ihren eigenen Namen sowie Angaben, die Auskunft über ihre
Identität geben könnte, zu schwärzen, jedoch die Folterzentren, die
Namen der Folterer sowie die Namen oder Beschreibung jeglicher Personen,
die in die Straftaten involviert gewesen sein könnte, stehen zu
lassen”, so Francisco Tapia.

Der Künstler “Papas Fritas” hatte bereits voriges Jahr für
internationales Aufsehen gesorgt, als er in einer Performance
Schuldscheine von Studenten einer privaten Universität im Wert von
umgerechnet 500 Millionen US-Dollar verbrannt hatte.