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Sonntagspanorama von Claus Folger: Griechenland und Asylpolitik u.v.m.

Liebe Leserinnen und Leser,
im Sommer 2013 schrieben die Ökonomen des IWF, die
Rezession in Griechenland habe sich erheblich schwerer erwiesen als
prognostiziert. Die Ursachen suchten die Fachleute in Washington innerhalb
ihrer Rechenmodelle und fanden sie in einem fehlenden Schuldenschnitt. Dass die starken Widerstände der korrumpierten
griechischen Klientelpolitiker gegen überfällige Strukturreformen immer neue Austeritätsrunden
erzwingt, fiel komplett unter den Tisch.
Das dickste Beispiel: Die viel kritisierte Steuerbefreiung der Reeder hat seit 1967 in
Griechenland Verfassungsrang
. Damals herrschte in Griechenland ein
faschistisches Regime unter den Obristen Pattakos und Papadopoulos, das 1967
mit einem Putsch an die Macht kam. Dieser Putsch wiederum war von der Nato
gesteuert und hatte das Ziel, einen Wahlsieg der gemäßigt linken Zentrumsunion
zu verhindern (der Putsch wurde fast 1:1 durchgeführt nach einem Nato-Plan mit
der Bezeichnung: „Plan Prometheus“). Als
das Faschisten-Regime 1974 gestürzt wurde, übernahm die neue konservative
Regierung die Steuerbefreiung auch in die neue Verfassung des Jahres 1975.

Quelle: http://faktencheckhellas.org/die-reichen-griechischen-reeder-mit-steuerfreiheit-oder-die-solidaritaet-der-kraehen/
Nach rechten und
konservativen Regierungen stehen heute die linken Kasperrebellen Tsipras und
Varoufakis in bester (Nato)Faschisten-Tradition. Die Steuerfreiheit der Reeder
bleibt in der griechischen Verfassung, die Oberschicht lebt weiter auf Kosten
der Unterschicht
.
„Kreuzigung, Demütigung, Waterboarding, Terrorismus,
Hitler, Nazi, Erstickung, Erpressung“ und was noch alles. – Ich wüsste ja
nicht, warum griechische Politiker nach ihrer peinlichen Bilanz einen
moralischen Anspruch auf frisches Geld hätten oder gar auf einen neuen
Schuldenschnitt. Dabei sind die ungewöhnlich langfristigen Rückzahlungsfristen
bei winzigen Zinssätzen wie ein permanenter Schuldenschnitt.
Laut FAZ haben die Europäische Union und der
der Rettungsfond EFSF Griechenland Mittel von 101 Prozent des griechischen
Bruttoinlandsprodukts zur Verfügung gestellt, zu Zinsen von 0,6 bis 1,3 Prozent
im Jahr, mit Beginn der Rückzahlung von 2020 an und durchschnittlichen
Kreditlaufzeiten von 16 und 31 Jahren
. Wer träumt nicht von solchen Konditionen,
bei denen nur der Schein einer Fälligkeit erhalten bleibt?
Der Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone 2001 war ein
großer Fehler. Um die Fehlerkosten nicht weiter ansteigen zu lassen, ist der
Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone überfällig. Besser Geld weg und
Griechenland weg, als Geld weg und Griechenland noch da. – Beachten Sie bitte
auch den Lektüretipp der Woche.
Fremdenfeindliche Propaganda, Hasstirade: „Kein
Geld, wo isses? Ach ja, Flüchtlingsunterkünfte.“ (Minute 1:10)
Ein sachlicher Meinungsbeitrag: „Ich finde,
Deutschland soll auch Wirtschaftsflüchtlinge aufnehmen.“ (Minute 3:30)
Gut, dass Thomas Roth und Anja Reschke von den
Tagesthemen nicht als kleine Männchen in meinen Ohren sitzen.
Laut Eurostat-Daten
wurden im Juni 2015 mehr als 37 Prozent aller Erstanträge auf Asyl  in Deutschland von europäischen
Wirtschaftsflüchtlingen gestellt
, und zwar größtenteils von Albanern,
Serben und Kosovaren. Politisch wenig korrekt, aber dafür erfrischend klar sagte
jüngst Serbiens Premier Aleksandar Vucic:
„Das sind ja keine Asylbewerber. Die wollen deutsches Geld.”
Serbien
ist bereits im vergangenen November als sicheres Herkunftsland eingestuft
worden. David McAllister, Balkanbeauftragter des Europäischen Parlaments,
fragte nun die Regierungschefs von Albanien, Montenegro und dem Kosovo, ob sie
ihre Staaten als „unsicher“ einstufen. So werden sie jedenfalls nach wie vor in
Deutschland gewertet. Isa Mustafa, Premierminister im Kosovo, schrieb sehr
deutlich an McAllister zurück: „Im
Kosovo gibt es weder politische Verfolgung noch Folter. Wir sind dafür, das
Kosovo als ‚sicheren Herkunftsstaat’ im deutschen Recht zu klassifizieren.“

Auch der montenegrinische Regierungschef wünscht so von Deutschland gesehen zu
werden, um die Abwanderung der eigenen Bevölkerung zu stoppen. Die Antwort aus
Albanien steht noch aus, dürfte aber ähnlich lauten. 
Die Wiener Zeitung
http://www.wienerzeitung.at/meinungen/gastkommentare/766564_Brauchen-Europaeer-in-Europa-Asyl.html
fasst noch einmal schön zusammen: „Was für durchschnittliche Medienkonsumenten
wie eine einzige riesige Mittel- und Nordeuropa überflutende Welle von
Migranten aussieht, besteht aus zwei völlig unterschiedlichen Phänomenen, die
kaum etwas miteinander zu tun haben: einerseits zum größeren Teil vom Westbalkan
stammende Wirtschaftsflüchtlinge, die im Normalfall keinen Anspruch auf Asyl
haben – und andererseits ein kleinerer Teil tatsächlicher Kriegsflüchtlinge aus
Syrien, dem Irak und mehreren von (Bürger-)Kriegen heimgesuchten afrikanischen
Staaten. Weil aber in der politischen wie in der medialen Debatte diese beiden
Handlungsstränge dauernd miteinander vermischt werden, ist diese mittlerweile
völlig irrational geworden. Rational und
vernünftig wäre, die fast ausschließlich ökonomisch getriebene Migration vom
Westbalkan mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterbinden, damit den
Migrationsdruck auf die EU insgesamt zu verringern und die dadurch frei
gewordenen logistischen, finanziellen und personellen Kapazitäten zu nutzen, um
die zahlenmäßig deutlich kleinere Gruppe echter Kriegsflüchtlinge angemessen
versorgen zu können.“
Die montenegrinische Zeitung VIJESTI schließt sich an: „Eine bedeutende Reduzierung des
Flüchtlingsstroms aus den Balkanländern würde sich sicherlich positiv auf die
deutsche Einstellung zur Aufnahme von berechtigten Migranten aus unsicheren
Staaten wie Syrien, dem Irak und Eritrea auswirken.“
Manfred Schmidt, der Chef des Bundesamts für Flüchtlinge,
fordert mehrere Maßnahmen gegen die hohe Zahl von Asylanträgen aus Balkan-Staaten:
„Verfahren verkürzen, Taschengeld durch Sachleistungen ersetzen,
Wiedereinreise-Sperren verhängen.“ Quelle. dpa
http://www.gmx.net/magazine/politik/verringerung-anreize-fluechtlinge-deutschland-30816450
 
 Das schwarze Schaf der Woche
 „Wissen Sie, wenn Sie in Südamerika in ein
Dorf gehen und eine Miene gründen wollen: Was gibt es dort? Ein bisschen
Landwirtschaft. Kaum Gesundheitsversorgung, kaum Schulen, selten sauberes
Wasser. Wir sind es, die das schaffen, und die Kommunen profitieren davon.“ –
„Wir können das Gold in einer Zyanidlauge aus der Erde lösen. Es ist kein
Gestein, das Sie erst sprengen und zermahlen müssen.“
Henk van Alphen ist Gründer und Chef des Minenbetreibers
Wealth Minerals in Vancouver, Kanada. Die Firma will demnächst Gold am Rand der
Anden in Peru abbauen. Quelle: Süddeutsche
Zeitung
Mein Kurzkommentar: Der Minenchef gibt vor, mit einer
Zyanidlauge sauberes Wasser zu schaffen. Er wäre der erste, dem das gelingt.
Ist es nicht so, dass Gestein, das mit Zyanid behandelt wurde, an der Luft
Säuren bildet, die sich mit der Zeit durch den Untergrund fressen? Darauf
gedeiht keine Pflanze mehr. Die Mine hinterlässt also eine Mondlandschaft.
Das weise Schaf der Woche
„Wir haben die
höchste Inflation der Welt, die schlimmste Mangelwirtschaft der Welt und sind
eines der Länder mit dem größten Gewaltproblem der Welt. Hier werden jedes Jahr
25 000 Menschen ermordet. Fast 70 am Tag. Das muss man sich mal vorstellen. Das
ist so, als würde jeden drittenTag ein Passagierflugzeug abstürzen und alle
Leute in den Tod reißen. Dieses Land befindet sich im Krieg. Und zwar nicht im
Krieg gegen Obama, sondern in einem Krieg der Gesetzlosigkeit und der Gewalt im
Inneren. Die Regierung von Nicolas Maduro ist zu nichts zu gebrauchen.“
Der Anführer des Oppositionsbündnisses MUD, Henrique
Capriles Radonski, ist einer der wenigen venezolanischen Politiker, die nicht
die USA für alle Übel in ihrem Land verantwortlich machen. Quelle: Süddeutsche Zeitung
Mein Lektüretipp
der Woche:
Griechenland ist nicht das Opfer einer neoliberalen
Politik!
http://www.sueddeutsche.de/kultur/schuldenkrise-wer-nimmt-hier-wen-in-geiselhaft-1.2594638
Claus Folger
Frankfurt am Main
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare hierzu an info@promosaik.com
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi – ProMosaik e.V.