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Aviad Kleinberg
Brandstifter im Namen Gottes –

Brandstifter im Namen Gottes



Aviad Kleinberg אביעד קליינברג





Übersetzt von 
Ellen Rohlfs اِلِن رُلفس



Herausgegeben von 
Milena Rampoldi میلنا رامپلدی
 – 
Fausto Giudice Фаусто Джудиче فاوستو جيوديشي




Es
ist leicht, die anhaltenden Schikanen gegenüber Geistlichen und Kirchen
in Israel als der Ausdruck von „fehlgeleitetem Unkraut“* zu sehen;
leider mag dieses Unkraut fehlgeleitet sein, es wächst aber auf
fruchtbarem Boden.

Bentzi Gopstein, der Verantwortliche der Antiassimilierungs-Randgruppe Lehava, meint, man solltehttp://tlaxcala-int.org/upload/gal_11387.jpg Kirchen im Land Israel niederbrennen. Diesen Kommentar gab er während eines Symposiums in der Wolfson-Jeshiwa ab.

In seiner Brandstiftungsmanie drückt Gopstein aber nicht seine
persönliche Perversion aus. Was ihn betrifft, so sei das Verbrennen von
Kirchen eine „Mitzwah“ (gute Tat, Befehl). Im Augenblick teilen nicht
alle gläubigen Juden, nicht einmal die meisten von ihnen diese Meinung.
Bei der Diskussion war Gopstein der einzige Befürworter der Pyromanie.
Die anderen Teilnehmer waren skeptisch.
Als Antwort auf Gopsteins Argument, es gäbe gemäß Maimonides eine
Pflicht, den Götzendienst im Heiligen Land auszulöschen, stellte einer
der Teilnehmer fest, dass es in der jetzigen Zeit keine solche Pflicht
gebe und dass das jüdische Gesetz (Halacha) von halachischen Gelehrten
und nicht von „jungen ungebildeten Leuten“ (wie Gopstein) ausgelegt
wird.

Es ist somit einfach, solche Kommentare als ungewöhnlich
zurückzuweisen, und das anhaltende Schikanieren von Geistlichen und
Kirchen in Israel als einen Ausdruck der Weltanschauung von
„fehlgeleitetem Unkraut“ anzusehen. Wie fehlgeleitet dieses Unkraut auch
sein mag, es wächst auf fruchtbarem Boden. Falls es keinen Wandel in
der Haltung der halachischen Gelehrten gibt, werden die Ansichten eines
Gopsteins und seiner Freunde mehr und mehr zur üblichen öffentlichen
Meinung werden.
http://tlaxcala-int.org/upload/gal_11389.jpg
Der Brandanschlag auf die Brotvermehrungskirche in Tabgha.
Fast alle berühmten halachischen Lehrer definieren das Christentum als „Götzendienst.
Dieses Problem wird in der
Forschungsarbeit von Karma Ben Yohanan angesprochen, die gerade unter
meiner Leitung ihre Doktorarbeit fertigstellt. Ben Yohanan, die sich mit
den Beziehungen zwischen Juden und Christen in den vergangenen 50
Jahren in Israel auseinandersetzt, weist auf einen gefährlichen Wandel
in der Haltung gegenüber Nichtjuden  im Allgemeinen und im Besonderen
den Christen hin.
Es ist bedeutsam, darauf hinzuweisen,
dass fast alle prominenten halachischen Gelehrten das Christentum als
„Götzendienst“ definierten und noch definieren. Aus dieser Perspektive
ist die halachische Haltung gegenüber dem Christentum schlimmer als
gegenüber dem Islam. Während die Muslime heute die schlimmsten Feinde
des jüdischen Volkes sind, akzeptiert das jüdische Gesetz die Tatsache,
dass sie einen einzigen Gott anbeten und keine Götzendiener sind wie die
Christen.
In der Vergangenheit haben jüdische
Gemeinden, die unter Christen lebten, halachische Wege gefunden, um
solche Gesetze nicht einhalten zu müssen und sich völlig von den
Götzendienern abzutrennen. Dies wurde gewöhnlich mit pragmatischen
Gründen erklärt: Da die Juden schwach sind, müssen sie die Christen mit
Respekt und Aufgeschlossenheit behandeln, nicht weil ihre Religion
Respekt verdient, sondern „im Namen des Friedens.“
In den letzten Jahrzehnten jedoch hat
sich die Wahrnehmung in vielen Kreisen durchgesetzt, dass sich das
jüdische Volk nicht mehr vor dem, was Nichtjuden sagen, fürchten muss.
Das „wirkliche“ Judentum muss in ihren Augen keinen Kompromiss machen
und sich nicht entschuldigen. Wenn Israel stark ist, dann sind
politische Kalkulationen nicht mehr nötig, wie „wir müssen einen
nichtjüdischen Götzendiener unter uns sein lassen“.
„Die Toleranz ist im rabbinisch
jüdischen Bewusstsein”, schreibt Ben Yonahan, „ eng verbunden mit der
Diaspora und der Lage der Juden als Minderheit, die der christlichen
Gnade ausgeliefert war. Im halachischen Judentum gibt es keine Toleranz,
die in der fundamentalen Akzeptanz des Andern ihren Ursprung hat. Im
Gegenteil: jüdische Hoheit drückt sich in der Härte gegen religiöse
Minderheiten aus und nicht im Umsorgen um sie.“
Selbst Rabbiner, die versuchen,
tolerante Ansichten zu fördern, tun dies gewöhnlich nur aus politischem
Kalkül heraus. Israels Hand ist noch nicht fest genug.  Es ist unsere
Pflicht, die Nichtjuden mit Respekt zu behandeln, weil wir ihre Reaktion
fürchten. Lasst uns erstmals muslimisches Land rauben. Wenn Israels
Hand stark genug sein wird, wird es möglich und angebracht sein, den
christlichen Götzendienst aus dem ganzen Land auszurotten.
Judentum im Land Israel ist ein
religiöses System, das die halachische und ideologische Strenge als
heiligen Wert ansieht. Die strikte Einhaltung von „sowohl  leichte wie
schwierige Mitzwot“ gilt als Ausdruck echter Hingabe, während
„Linderung“ als Schwäche angesehen wird. Dieser Ansatz findet sich in
allen Lebensbereichen und macht das Leben derjenigen, die nicht nach dem
halachischen Gesetz leben, zu armseligen Menschen. Das ist vor allem in
den Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden besonders gefährlich.
Bis diejenigen, die über die
halachische Gewalt verfügen, sich weigern, die Akzeptanz des Anderen als
eine moralische Pflicht nach dem jüdischen Gesetz anzusehen und solange
sie Teil eines herablassenden und entwürdigenden Ansatzes gegenüber
allen Nichtjuden sind und die Gewalt gegen Nichtjuden ausdrücklich
praktizieren oder schweigend entschuldigen, dann werden viele auf kein
explizites halachisches Befehl warten, sondern gleich zur Tat übergehen,
wie Pinchas es tat**.
Anmerkungen von Tlaxcala
*
Nach dem Gemetzel von 29 betenden Palästinensern am Grab der
Patriarchen (Ibrahim-Moschee) in Hebron/al-Khalil  durch  Baruch
Goldstein 1994, sagte der Premierminister Yitzhak Rabin: „Ich schäme
mich für diese Schande, die ein ausgearteter Mörder uns auferlegt hat.
Du gehörst nicht zur israelischen Gemeinschaft. Du gehörst nicht zum
demokratischen Feld, zu dem wir in diesem Hause gehören, und viele
Menschen verabscheuen dich. Du gehörst auch nicht zum Zionismus. Du bist
ein Fremdkörper. Du bist fehlgeleitetes Unkraut (an errant weed).
Das vernünftige Judentum spuckt dich raus. Du hast die Mauer des
jüdischen Gesetzes überschritten. Du bist eine Schande für den Zionismus
und eine Blamage für das Judentum.“
** Pinchas
Ben Eleasar, Priester aus dem Stamm Levi , tötete den Israeliten Zimri
und seine madianitische Gespielin Kosbi beim Liebesakt, um Gottes Zorn
über den Götzendienst zu besänftigen. Demnach töteten die Israeliten
alle wehrfähigen Madianiter, raubten ihr Vieh, ihre Frauen und Kinder
und verbrannten ihre Städte.

  http://tlaxcala-int.org/upload/gal_11388.jpg