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ProMosaik e.V. im Gespräch mit Heike Staff, Konsortium Ziviler Friedensdienst


Liebe Leserinnen und Leser,
anbei ein sehr schönes Interview zum Thema des Friedens und
seiner konkreten Umsetzung nach dem Konsortium Ziviler Friedensdienst (ZFD). Wir danken Heike Staff vom Konsortium ZFD herzlichst für ihre Zeit.

In einer ungerechten Welt voller
Kriege und Gewalt ist der Friede eine Herausforderung, der wir uns Tag für Tag
auch in unserem eigenen Leben stellen müssen. Frieden und Gerechtigkeit kommen
nämlich von UNTEN, von den einzelnen Menschen, vom Mosaik der Initiativen für
den Frieden. Daher berichten wir so gerne über die Strategien einzelner
Vereinigungen, die sich konkret für den Weltfrieden einsetzen.


Ein ganz wichtiger Punkt des Friedensdiskurses ist für
ProMosaik e.V. wie auch für ZFD dieser: es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit.
Und Gerechtigkeit bedeutet vor allem soziale Gerechtigkeit.
Frau Staff sendet auch eine wichtige Mahnung an die Medien:
anstatt dauernd Gewalt zu zeigen sollten sich die Medien endlich darum bemühen,
den Frieden zu zeigen. Denn Frieden gibt es!! Und Frieden wächst!!
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare an info@promosaik.com
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi – ProMosaik e.V. 

Dr.
phil. Milena Rampoldi: Für ProMosaik e.V. ist der Frieden einer der wichtigsten
Werte des Menschen und der Gesellschaft. Was bedeutet für Sie Frieden konkret
und wie möchten Sie den Frieden erreichen?
Heike
Staff,
Konsortium ZFD
: Als Vision orientiert sich der Zivile Friedensdienst (ZFD) am
Leitbild eines positiven Friedens, der mehr ist als die Abwesenheit von Gewalt.
Für den ZFD ist Frieden langfristig ohne soziale Gerechtigkeit nicht denkbar.
Man könnte
sagen, dass in vielen ZFD-Projekten Frieden als ein Prozess aufgefasst wird. Im
Grunde genommen beginnt auch während der gewaltförmigen Eskalation eines Konfliktes
schon der Friedensprozess – also alle Verhandlungen und Versuche, die Gewalt
einzudämmen und zu beenden und, unter Umständen, etwas an den Ursachen des
Konfliktes zu verändern. 

Dr.
phil. Milena Rampoldi: Wie setzen Sie sich für einen gerechten Weltfrieden ein?
Heike
Staff,
Konsortium ZFD
: Was Frieden in einer gegebenen Situation ist, sollte von den
Menschen mitbestimmt werden, die es betrifft. Der ZFD arbeitet weltweit in
Krisen- und Konfliktregionen mit lokalen Partnerorganisationen zusammen, die
beispielsweise über
Konfliktlinien hinweg
Kooperations- und Dialogstrukturen aufbauen und gewaltfreies Konfliktmanagement
fördern wie etwa lokal angepasste Mediationsformen oder die Bildung von
Friedenskomitees. Menschenrechte sind Dreh- und Angelpunkt vieler Projekte, in
denen Menschen, die sich unter Lebensgefahr für die Einhaltung der
Menschenrechte einsetzen, unterstützt und manchmal auch ganz konkret geschützt
werden. Friedensarbeit hat viele Gesichter, auch die Arbeit in Bereichen wie
Kommunikation und Medien, Pädagogik oder psychosoziale Unterstützung kann
dazugehören.
Häufig findet
Friedensarbeit nach heftigen Konflikten oder Kriegen statt, denn gerade solche Regionen
sind besonders anfällig für erneute gewaltsame Konflikteskalation. Nach
schweren Menschenrechtsvergehen ist die Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit gleichermaßen wichtig wie schwierig. Das gilt in den
ZFD-Projekten auf dem westlichen Balkan ebenso wie in Ruanda oder Kambodscha.
Frauen und Jugendliche sind übrigens besonders häufig Zielgruppen von Projekten
der ZFD-Partnerorganisationen. Zurzeit ist der ZFD in 36 Ländern aktiv und
unterstützt dort zumeist zivilgesellschaftliche Akteure, indem er Fachleute
vermittelt, die Partnerorganisationen vor Ort beraten. Im letzten Jahr waren
fast 250 Fachkräfte im Einsatz.

Dr.
phil. Milena Rampoldi: Wie wichtig ist die lokale Vernetzung in der
Friedensarbeit und warum?
Heike
Staff,
Konsortium ZFD
: Der ZFD ist überzeugt davon, dass zum „Frieden machen“  alle Menschen notwendig sind, die es
betrifft. Wenn die Menschen vor Ort beteiligt sind, erhöhen sich die Chancen
für einen dauerhaften Frieden enorm.
Das Gesicht von
Kriegen hat sich verändert. Es ist vor allem die Zivilbevölkerung, die überall
und in steigendem Maße Opfer kriegerischer Konflikte wird. Ist es da nicht
sinnvoll, sie auch in ihrer Rolle als Friedensmacher und -macherinnen zu
stärken? – Insofern fördert der ZFD die zivilgesellschaftliche Organisation in
NGOs (non-governmental organisations) und deren Vernetzung, die wichtig ist, um
politisch Einfluss nehmen zu können.

Dr.
phil. Milena Rampoldi: Wie agieren Sie in Schulen für die Friedensbildung?
Heike
Staff,
Konsortium ZFD
: Einige Projekte im Ausland haben starke friedenspädagogische
Aspekte. Schulen in Deutschland können ZFD-Rückkehrer und Rückkehrerinnen aus
dem Ausland als Referenten einladen (siehe dazu etwa die Übersicht auf
www.friedensbildung-schule.de). Über den ZFD gibt es eine Ausstellung mit
pädagogischem Begleitmaterial, das auch im schulischen Kontext genutzt wird
(vgl.
www.ziviler-friedensdienst.org ).
Dr.
phil. Milena Rampoldi: Könnten Sie bitte den Leserinnen und Lesern von
ProMosaik e.V. Ihr Konzept der zivilen, gewaltfreien Konfliktbearbeitung (ZBK)
vorstellen?
Heike
Staff,
Konsortium ZFD
: Durch die neuen Auffassungen zur zivilen Konfliktbearbeitung,
wie sie sich seit den 80er und 90er Jahren entwickelten, haben sich viele
unserer Sichtweisen verändert wie zum Beispiel, dass man für Friedensarbeit vor
allem Fantasie, also Kreativität, braucht. Dass Konflikte auch Chancen bieten.
Dass sie oft schwierig zu meisternde, aber auch notwendige Phasen für
Entwicklung sind. Dass so viele Menschen wie möglich und nötig einbezogen
werden müssen. Dass es Instrumente für die gewaltfreie Bearbeitung von
Konflikten gibt, quasi eine Werkzeugkiste, in denen alle Weltkulturen ihre
Erkenntnisse für friedlichen Interessenausgleich eingebracht haben.

Dr.
phil. Milena Rampoldi: Was hat Ihre Organisation bereits erreicht und was
wünschen Sie sich für die Zukunft?
Heike
Staff,
Konsortium ZFD:
Das Konsortium ZFD ist ein
Netzwerk von neun deutschen Friedens- und Entwicklungsorganisationen, die im
Rahmen der personellen Entwicklungszusammenarbeit Fachleute für den Frieden zu
Partnerorganisationen ins Ausland senden. Der ZFD ist eine Initiative der
deutschen Zivilgesellschaft, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit (BMZ) finanziert wird. In dieser Form existiert er seit dem Jahr
1999. In den vergangenen 15 Jahren ist der ZFD zu einem anerkannten Akteur der
deutschen Friedens- und Entwicklungspolitik geworden. Zivile
Konfliktbearbeitung als praktische Alternative weiterzuentwickeln und damit der
Gewaltprävention zu dienen, steht ganz oben auf der Liste unserer Wünsche.  
Ich würde mir außerdem
wünschen, dass die Arbeit von so vielen engagierten Friedensaktivisten und
-aktivistinnen weltweit auch bei uns stärker gewürdigt wird. Es wäre schön,
wenn in unseren Medien ihr Mut und ihre unendliche Geduld stärker zur Kenntnis
genommen würden als die womöglich immer wieder ausbrechende Gewalt.
Die Fragen beantwortete Heike Staff, Koordination der
gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit des Konsortiums Ziviler Friedensdienst.