General

Erinnerung an den Artikel von Iris Hefets: “Pilgerfahrt nach Auschwitz”

Liebe Leserinnen und Leser,

ich möchte heute, nach der Veröffentlichung des Interviews mit der “Jüdischen Stimme” von gestern an den Artikel der israelischen Autorin Iris Hefets mit dem Titel “Pilgerschaft nach Auschwitz” erinnern und ihn hier erneut anführen.

Vgl. hierzu:
http://www.taz.de/!49418/

Über die Manipulierung des Holocausts durch das zionistische Regime in Israel hatten wir in unseren Artikeln schon öfters gesprochen. Der Holocaust ist für mich ein menschenverachtender Völkermord gegen die jüdische Minderheit in Deutschland im NS-Zeitalter und darf sich nicht wiederholen.
Daher bin ich auch eine überzeugte Unterstützerin der Rechte der Juden und bekämpfe als Muslimin den Antisemtismus, denn Antisemitismus bedeutet Diskriminierung von Juden, weil sie Juden sind. Dagegen bin ich und werde ich auch immer sein. 

Für ProMosaik e.V. ist es aber von wesentlichem Belang, den Holocaust nicht zu nutzen und vor allem nicht zu manipulieren, um die heutige aggressive und kolonialistische Politik Israels gegen die Palästinenser und ihr Land zu rechtfertigen.
Und so wie ich sehen es auch viele Juden, die wir bereits interviewt haben.

Das Thema hat Iris Hefets so treffend zur Sprache gebracht, vor allem durch die Wahl des Titels, der nicht wenige provoziert und dann auch zum Nachdenken angeregt hat.

Wer sind die Täter von damals und wer die Täter von heute?
Warum werden Antizionisten zum Schweigen gebracht?
Warum der doppelte Standard, wenn es um Israel geht?

Wir danken Ihnen allen fürs Lesen und Kommentieren

dankend

Dr. phil. Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.

Das Holocaust-Gedenken ist zu einer Art Religion geworden.

Pilgerfahrt nach Auschwitz

Das
Gedenken an den Holocaust ist zu einer Art Religion geworden. Zu den
Ritualen dieser Religion zählt es, jüdische Kritiker der israelischen
Politik auszugrenzen.
Was haben die beiden
Professoren Ilan Pappe (Israel), Norman Finkelstein (USA) und der
Publizist Hajo Meyer (Deutschland) gemeinsam? Alle drei sind Juden,
Überlebende des Holocaust beziehungsweise deren Nachkommen sowie
vehemente Kritiker der israelischen Politik.
Was haben die Stadt München, die
Trinitatiskirche in Berlin, die Heinrich-Böll- und die
Rosa-Luxemburg-Stiftung gemein? Sie alle haben, nach anfänglichen
Zusagen, Ilan Pappe beziehungsweise Norman Finkelstein wieder ausgeladen
und ihnen versprochene Veranstaltungsräume verwehrt – so wie es die
Heiliggeistkirche in Frankfurt vor ein paar Jahren bereits einmal mit
Hajo Meyer getan hatte. Die genannten Institutionen gaben damit dem
Druck sich proisraelisch gebender Kreise nach, die Finkelstein, Pappe
und Meyer sogar als “Antisemiten” denunzierten. Wegen der Schoah. So
nennt man das mittlerweile.  
Früher sagte man “Auschwitz”, dann
“Holocaust”. Bis Claude Lanzmann kam. Er suchte für das gigantische
Menschheitsverbrechen, das er nicht verstand, ein Wort, das er ebenfalls
nicht verstand. Also nannte der französische Regisseur seinen
neunstündigen Dokumentarfilm über den Völkermord an den Juden 1985
“Shoah”. Dabei störte es ihn nicht, dass es sich um einen religiös
aufgeladenen Begriff handelt: Auf Hebräisch bezeichnet man damit eine
Katastrophe, die Gott über die Welt gebracht hat. Inzwischen hat sich
der Begriff auch in Deutschland eingebürgert.  
Mit dem
Wort “Schoah” wird der Völkermord an den Juden mit der Aura des
Unfassbaren, des Heiligen ummantelt. Dabei handelt es sich bei diesem
Völkermord, so erschreckend er war, nicht um ein esoterisches Ereignis,
sondern um ein modernes, gut dokumentiertes und recherchiertes
Verbrechen, das Menschen an anderen Menschen verübt haben. Zahllose
Bücher wurden darüber geschrieben: Unfassbar ist es also nicht auf einer
intellektuellen, sondern allenfalls auf einer emotionalen Ebene.

Mit dem hebräischen Wort “Schoah”
wird in Deutschland auch die israelische Interpretation des Ereignisses
übernommen. In Israel ist diese eine Art nationale Erzählung und ein
Grundpfeiler des Staates, sodass sich dort jedes jüdische Kind damit
identifizieren kann, selbst wenn seine Eltern ursprünglich aus dem Jemen
oder aus Indien stammen. Schülerreisen nach Auschwitz, ursprünglich nur
von israelischen Eliteschulen betrieben, sind heute ein fester
Bestandteil jeder israelischen Postpubertätsbiografie geworden. Bevor
ein junger Israeli zur Armee geht, muss er mindestens einmal Suff, Sex
und eine Auschwitzreise erlebt haben. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt
sind, kann er seinen Armeedienst leisten und hinterher in Indien
ausflippen.

Zu offiziellen Gedenktagen holen auch ältere Israelis die inzwischen
obligate Pilgerfahrt nach Auschwitz nach. Von einfachen Soldaten bis zu
hohen Generälen und Politikern marschieren sie in Uniform (!) durch
Auschwitz und erinnern an die Worte Ehud Baraks: “Wir sind 60 Jahre zu
spät gekommen.” Das Evangelium von Auschwitz hat inzwischen sogar schon
den Weltraum erreicht: Als der erste israelische Astronaut Ilan Ramon
2003 mit dem Raumschiff “Columbia” ins All flog, hatte er auch die
Bleistiftzeichnung eines kleinen Jungen dabei, der in Auschwitz ermordet
wurde.

Bei diesem Schoah-Kult handelt
es sich, so muss man wohl sagen, um eine Art Religion mit festen
Ritualen. Dazu gehört – ungeachtet aller heutigen Realitäten – die feste
Überzeugung, die Deutschen seien die ewigen Täter und die Israelis die
ewigen Opfer, weshalb die Gesetze und Regeln demokratischer Staaten für
Letztere nicht zu gelten hätten: ein Sonderfall halt.
Diese Religion erfreut sich nicht
nur in Israel großer Beliebtheit. Auch vielen Deutschen kommt eine
solche Mystifizierung von Auschwitz gelegen. Denn wenn Auschwitz eine
heilige Aura umgibt, dann muss man sich nicht mehr mit dem eigenen
Potenzial zur Täterschaft auseinandersetzen. Wenn der Holocaust so
heilig ist, dann darf man nur auf Zehenspitzen gehen.
Nicht wenige Deutsche haben
damit ein prima Arrangement mit der Vergangenheit getroffen. Sie
erklären das Verbrechen ihrer Vorfahren als so schlimm, dass es zu etwas
quasi Mystischem geworden ist. Das Thema ist damit aus dem Diesseits
und dem Feld der Politik in die Sphäre des Sakralen entrückt. Solange
man die Rituale dieser Religion befolgt, braucht man sich nichts
vorwerfen zu lassen und kann sich sogar, wie Angela Merkel in der Affäre
um die Piusbruderschaft gezeigt hat, päpstlicher als der Papst
verhalten. Kein Wunder, dass man in Deutschland zuweilen viel
engagiertere Verfechter der israelischen Politik antrifft als in Israel
selbst.

Es gibt aber auch Juden, die dieses israelisch-deutsche Interpretation
der Schoah nicht akzeptieren. Für sie ist Auschwitz nicht heilig und
Israels Politik noch immer kritisierbar. Publizisten wie der israelische
Wissenschaftler Ilan Pappe, der ein Buch über “Die ethnische Säuberung
Palästinas” geschrieben hat, sein US-Kollege Norman Finkelstein, der
eines über die “Holocaust-Industrie” verfasste, und der in Deutschland
geborene Dr. Hajo Meyer, der “Das Ende des Judentums” publizierte,
gehören dazu. Doch in Deutschland sind sie deswegen nicht willkommen.

Man stelle sich vor, Heinrich
Böll wollte heute über die Sprache der israelischen Besatzer reden – und
die nach ihm benannte Stiftung ließe das nicht zu. Rosa Luxemburg
bekäme in der Stiftung, die ihren Namen trägt, keine Gelegenheit, über
die Machtverhältnisse in Israel zu sprechen. Und der Jude Jesus fände
die Türen der Trinitatiskirche verschlossen, wenn er über die
Missachtung des Nächsten in Israel sprechen wollte. 
All diese Institutionen üben sich in
Selbstzensur und belegen Publizisten, die sich für die Menschenrechte im
Nahen Osten einsetzen, mit einem Redeverbot. Es ist immer noch
angebracht, Rosa Luxemburgs Erbe weiterzugeben und die Dinge beim Namen
zu nennen. Doch die Stadt München, die Trinitatiskirche in Berlin, die
Böll- und die Luxemburg-Stiftung drücken sich davor.
ist im Vorstand der “Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden” und arbeitet für das hebräische Internetportal www.kedma.co.il. Sie hat Israel vor acht Jahren aus politischen Gründen verlassen und lebt heute in Berlin.

  

 
Vgl. auch dieses Interview:
 
http://www.ksta.de/politik/interview–eine-projektionsflaeche-fuer-die-uebergrosse-schuld-,15187246,26323092.html