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Die Jüdische Stimme für den gerechten Frieden in Nahost e.V., interviewt von ProMosaik e.V.


Liebe
Leserinnen und Leser,
heute Abend
möchten wir Ihnen unser Interview mit dem Verein „Jüdische Stimme für gerechten
Frieden in Nahost e.V.“ präsentieren. Der Verein ist ein assoziiertes Mitglied
der Föderation EUROPEAN JEWS FOR A JUST PEACE (EJJP) und setzt sich für einen
gerechten Frieden zwischen Palästina und Israel ein.
Der Verein
spricht sich für eine Zweistaatenlösung aus. Palästina soll ein Staat mit einem
sicheren Hoheitsgebiet werden. Für beide Nationen soll an einem lebensfähigen
Frieden gearbeitet werden.
Für die
Jüdische Stimme repräsentiert das zionistische Israel nicht alle Juden, sondern
ist ein Staat, der auf Krieg, Siedlungspolitik und Apartheid basiert und daher
in dieser Form abgelehnt werden soll.
Dieser
Meinung ist ProMosaik e.V. auch, denn Frieden, Sicherheit und Würde sind Rechte
aller Völker und so auch der Palästinenser, die vom zionistischen Staat seit
seiner Gründung vertrieben, getötet, verfolgt und diskriminiert werden.
Wir freuen
uns auf Ihre Kommentare zu diesem wichtigen Interview.
Dankend
Dr. phil.
Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.    
Nun möchte
ich Herrn Abraham Melzer von „Jüdische Stimme“ das Wort geben. Weitre
Informationen über den Verein finden Sie hier: 
Dr. phil. Milena Rampoldi: Was
bedeutet für ihren Verein ein gerechter Frieden im Nahen Osten?
Herr Abraham
Melzer: Für die Jüdische Stimme bedeutet „gerechter Frieden“ was es bedeuten
sollte, nämlich einen Frieden, der gerecht und fair ist für beide Parteien und
nicht nur für eine Partei. Nicht mehr und nicht weniger. Gleichberechtigte
Verhandlungen, von Angesicht zu Angesicht, Schluss mit der israelischen
Arroganz und Verachtung der arabischen Seite.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie hängen
Gerechtigkeit und Frieden im Judentum zusammen und warum?
Herr Abraham
Melzer: Das Judentum ist eine Religion der Moral und der Ethik, eigentlich wie
viele andere Religionen auch. Für uns von der JS liegt das Wesen des Judentums
in Gerechtigkeit, die der berühmte jüdische Rabbi Hillel wie folgt ausgedrückt
hat: Was du nicht willst, dass man es dir tut, das tue auch keinem anderen an.
Es ist kein Zufall, dass diese Worte in den Sprachschatz aller Völker
eingegangen sind.
Und um auch
den berühmtesten aller jüdischen Propheten zu zitieren, den Propheten Jeremias
(6,14-15): Frieden, Frieden, aber es gibt keinen Frieden. Schämen müssten sie
sich, weil sie Gräuel verüben. Doch sie schämen sich nicht. Scham ist ihnen
unbekannt. Deshalb müssen sie fallen, wenn die anderen fallen. Sobald ich sie
zur Rechenschaft ziehe, werden sie stürzen, spricht der Herr. (Ich habe hier
die Luther Übersetzung benutzt, allerdings steht bei Luther statt Frieden das
Wort Heil. Das ist aber falsch. Das hebräische Wort ist unmissverständlich
FRIEDEN.)
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie
wichtig ist der Druck auf die Bundesregierung zwecks Aufbaus eines souveränen
palästinensischen Staates?
Herr Abraham
Melzer: Der Druck auf Israel ist besonders wichtig, weil Israel von sich aus
nicht einsehen kann und wird, dass es einen gefährlichen Weg geht. Es bedarf
seiner Freunde, die Israel zwingen zurück zur Vernunft zu kehren. Erst heute,
am 23.3.2015 schrieb die ZEIT: Benjamin Netanjahu rücksichtlose Politik wird
Israel weiter in die Isolation treiben. Ein isoliertes Israel ist eine Gefahr
für den Nahen Osten, aber auch für Europa.
Dr.
phil. Milena Rampoldi:
In Ihrem
Dokument „Selbstverständnis“ steht diese wundervolle und wahre
Grundsatzerklärung:
Wir,
Frauen und Männer jüdischer Herkunft in Deutschland, haben uns vereinigt, um
sichtbar zu machen, dass wir aus den historischen Erfahrungen unserer Vorfahren
um die Entwürdigung und den Schmerz wissen, die Menschen zugefügt werden, wenn
sie systematisch ausgegrenzt und entrechtet werden. Es darf sich kein Volk über
ein anderes Volk und kein Mensch über einen anderen Menschen erheben
.
Wie würden Sie diesen unseren
Leserinnen und Lesern erklären?
Herr Abraham
Melzer: Der Text erklärt sich von selbst und bedarf keiner Interpretation. Wir
plädieren für Toleranz, Achtung und Respekt unter den Menschen und Völkern.
Keiner darf sich über andere erheben und andere Menschen unterdrücken, weil sie
schwarz oder weiß sind oder weil sie schwach sind. Ich weiß, dass dies ein
alter Menschheitstraum ist, aber das ist kein Grund nicht weiter daran zu
halten und nach Frieden und Gerechtigkeit zu streben.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie
erklärt die Jüdische Stimme den Unterschied zwischen Antisemitismus und
Antizionismus?
Herr Abraham
Melzer: Auch hier möchte ich eine kurze Antwort geben: Antisemitismus ist
Rassismus. Es bedeutet Menschen hassen, nur weil sie anders sind, in diesem
Fall Juden. Darüber gibt es keine Diskussion. Die Diskussionen, die dennoch
geführt werden, sind nicht über Antisemitismus, sondern über Anti-Zionismus.
Und das ist etwas ganz anderes. Zionismus ist eine kolonialistische Ideologie
aus dem 19. Jahrhundert, die die Rechte eines anderen Volkes auf sein Land
ignoriert und mit Gewalt unterdrückt. Dagegen kann man sein, dagegen muss man
sein.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie
wichtig ist die Zusammenarbeit mit den anderen Vereinigungen Europa weit und
warum?
Herr Abraham
Melzer: Die Jüdische Stimme ist in ganz Europa vertreten. Wir sind sehr stark
in England, wir sind vertreten in Frankreich, Belgien, Holland, Schweden,
Italien. Es ist für uns besonders wichtig gemeinsam auftreten zu können, um
demonstrieren zu können, dass es uns gibt. Nur gemeinsam haben wir eine Chance
von der EU gesehen und anerkannt zu werden. Davon ist auch eine notwendige
Unterstützung abhängig.
Wir haben dazu
die ersten Schritte schon gemacht und hoffen bald eine ständige Vertretung in
Brüssel zu haben, die unsere Interessen gegenüber der EU vertreten wird.