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Das neue Projekt von ProMosaik e.V. über die Geschichte der Almami in Fuuta Toro (1770-1880)

Liebe Leserinnen und Leser,

dieses Büchlein über die Geschichte Fuuta Toros und der Almami Suleyman Baal und Abdel Kadir Kane, die nach 1770 im heutigen Senegal eine theokratische Reformbewegung ins Leben riefen, die sich gegen die Sklaverei und die Sklavenhaltung auflehnte, rundet meine Publikationen zum Thema der Sklaverei in Afrika in Zusammenarbeit mit ProMosaik e.V. ab.

Hier finden Sie die Präsentation des Buches. Mit dem Kauf einer Kopie des Buches unterstützen Sie unser sozio-politisches Engagement gegen die Sklaverei in Mauretanien heute.

Baïla WANE, FUUTA TOORO VON CEERNO SULEYMAN BAAL BIS ZUM ENDE DES ALMAMIYATS
(1770-1880), Eine Zeit des Umbruchs und der Auflehnung gegen die Sklaverei im
heutigen Senegal 
Aus dem Französischen 
übersetzt und eingeleitet von
Dr. phil. Milena Rampoldi 
 
Das folgende Essay von Baïla Wane, der
am historischen Institut der Universität Dakar lehrt, befasst sich mit einer
sehr spezifischen historische Epoche der Region von Fuuta Toro im heutigen
Senegal. Ein Essay wie dieses erhält einen ganz besonderen Stellenwert, wenn
wir es in die Geschichte der Menschenrechte einordnen und aufzeigen, wie schon
in der Geschichte Afrikas interne Versuche gewagt und interne Strategien
erarbeitet wurden, um Demokratie und Menschenrechte zu gewährleisten, indem man
sich gegen die Sklaverei und das Kastendenken im Namen des Islam auflehnte.
Ich bin der felsenfesten Überzeugung,
dass die Geschichte von Fuuta Toro, vor allem hinsichtlich der Almami-Zeit von
1770 bis 1807 (der erste Abschnitt der Epoche, den Wane in seinem Essay beschreibt),
uns einen guten Einblick in eine politisch-theokratische Bewegung innerhalb des
Islam verschaffen kann, die sich gegen die Sklaverei auflehnte und den Aufbau
eines gerechten islamischen Staates ohne Kastendenken und Sklavenhandel
förderte. 

Suleyman Baal, der Anführer der
sogenannten Torodo-Revolution (1769-1776), widersetzte sich dem Sklavenhandel
und der Haltung von Sklaven durch die Kaste der Mauren und bezahlte seinen
Einsatz für die Gleichheit und Gerechtigkeit mit dem Tod im Kampf gegen die
Mauren.
1776 folgte ihm der Almami (dieser Begriff
stammt aus dem Arabischen al-imam,
Gebetsführer) Abdul Kader Kane, der bis zu seiner Ermordung 1807 durch seine
Gegner, die den Absolutismus wiederherstellen wollten, indem sie nur noch um
die persönliche Macht kämpften, der erste Herrscher von Fuuta Toro blieb. Auch
er hatte sich für die Gleichheit aller Menschen und die Abschaffung der
Sklaverei und des Kastendenkens in der Region eingesetzt und seinen mutigen
Reformgeist mit dem Leben bezahlt. 
Im 19. Jahrhundert blieb die
politische Institution des Almami-Regimes zwar bestehen, war aber nur
förmlicher Natur, ohne die ursprünglichen Ideale des Egalitarismus
durchzusetzen. Auf diese Weise bildete sich eine stark hierarchisierte und auf
Kasten-unterschieden basierte Gesellschaft heraus, die den Franzosen dann auch
die definitive Eroberung der Religion ganz anders als schwierig gestaltete.
Somit blieb die Bekämpfung der
Sklaverei und des Kastendenkens bedauerlicherweise eine Episode von zwei
Generationen heldenhafter Reformatoren. Wie immer in der Geschichte der
Menschheit werden Bewegungen, die sich für Gleichheit und Gerechtigkeit im
Namen des Islam einsetzen, brutal niedergeschlagen. Daher ist es heute unsere
Aufgabe, an solche geschichtliche Bewegungen zu erinnern und ihren großen Wert
zwecks Bekämpfung der Sklaverei in den islamischen Gesellschaften heute
anzuerkennen.
 

Sehr wichtig hervorzuheben ist auch
die pädagogische Komponente der reformatorischen, islamischen Bewegung von
Suleyman Baal und Abdel Kadir Kane, die sich beide für die friedliche Verbreitung
des Islam als Religion und als Kultur unter den Stämmen der Region einsetzten
und das Studium der islamischen Quellen förderten, indem sie Studienzentren
errichteten und auch durch das Land zogen, um den Menschen den Islam
aufzuzeigen und ihnen seine Werte der Gerechtigkeit, des Friedens und der
Gleichberechtigung aller Menschen vor Allah nahezulegen und vorzuleben. 
Die politische Umsetzung dieses
Weltbildes bedeutet somit die politische Fundierung einer Theorie und Praxis
des gerechten Herrschers, der Abschaffung des dynastischen und absolutistischen
Denkens, der Förderung der ethisch-politischen Kompetenz des muslimischen
Herrschers und der Ablehnung jeglicher Form des Missbrauchs der Macht im Islam,
ein zentrales Thema, um sich heute in den muslimischen Ländern für die
Gerechtigkeit und gegen die Sklaverei und Unterdrückung der Menschen durch
Menschen einzusetzen. 
Für mich persönlich gelten Suleyman
Baal und seine Theorie des gerechten Herrschers als ein wichtiges Modell, das
wir im Hier und Jetzt vor allem in den westafrikanischen, muslimischen
Gesellschaften in Erinnerung rufen sollten, um die Sklaverei effektiv zu
bekämpfen. Der Islam ist eine friedliche Religion, die sich gegen die
Ungerechtigkeiten dieser Welt und gegen die ungerechte Verteilung des Reichtums
auflehnt. Dies bedeutet, dass diese Ziele auch von der politischen Führung in
den islamischen Ländern endlich angestrebt werden müssen.
Der wahre muslimische Führer muss
außerdem Wissen und Tugend und das Desinteresse für das Dynastische und den
Reichtum dieser Welt in sich vereinen. Alles in einem inspiriert sich die
muslimische Staatsführung an einer authentischen Demokratie, die jeder
absolutistischen Staatsführung vollkommen widerspricht.
Die Schwächung der Almami-Herrschaft
schon nach der Ermordung des ersten Almami Abdul Kadir durch seine Widersacher
im Jahre  1807, auf die verschiedene
Machtkämpfe und Bürgerkriege folgten, förderte auch das Eindringen der
französischen Kolonialisten in die Region und ihre darauffolgende Eroberung.
Mit dieser Hoffnung auf eine ethisch
fundierte und gerechte politische Führung in den muslimischen Ländern und auf
die definitive Ausmerzung von Sklaverei und Unterdrückung möchte ich noch die
wichtigen Eigenschaften eines wahren islamischen Herrschers bzw. Führers nach
der theokratischen Ideologie der Almami anführen:
1)– „Wählt einen weisen, frommen und ehrlichen Mann, der die Reichtümer
dieser niedrigen Welt nicht für seinen persönlichen Vorteil oder den seiner
Kinder beansprucht“;
2)– „Entthront jeden Imam, dessen Wohlstand ihr wachsen seht und
konfisziert sein gesamtes Vermögen“;
3) – „Bekämpft ihn und verjagt ihn, wenn er sich dagegen auflehnt“;
4) – „Sorgt unbedingt dafür, dass sich das Imamat nicht in eine dynastische
Herrschaft verwandelt, in der die Söhne stets die Nachfolge ihrer Väter
übernehmen“;
5) – „Wählt
immer einen weisen, fleißigen Mann“;
6) – „Die Wahl darf nie
auf eine einzige Provinz beschränkt sein“;
7) – „Das
grundlegende Kriterium muss immer die Kompetenz sein.“
Aus
diesen Empfehlungen oder Anweisungen geht hervor, dass der zukünftige Almaami
sich durch zwei Hauptqualitäten auszeichnen muss: Er darf sich nicht für die
weltlichen Güter interessieren und muss weise sein, also wissend und tugendhaft
zugleich. Das Almamal-Reich muss sich dazu den Regeln der Demokratie fügen; der
Titel des Almaami darf nicht auf eine
Familie, einen Clan und eine Provinz beschränkt werden, sondern dem würdigsten
Muslim übertragen werden, der ihn auch wirklich verdient.
Dankend
Dr.
phil. Milena Rampoldi
Redaktion
von ProMosaik e.V.