General

Ein neuer Beitrag von Frau Nicole Kumfert von Die Linke zum Thema Schutz der religiösen Minderheiten


Liebe
Leserinnen und Leser,
anbei
ein neuer Bericht von unserer engagierten Politikerin, Frau Nicole Kumfert, von
Die Linke Leverkusen, die ProMosaik e.V. schon mehrmals mit ihren wertvollen
Beiträgen unterstützt hat.
Wir
möchten ihr auch diesmal unseren herzlichen Dank für diesen Beitrag zum Thema
der religiösen Minderheiten in Deutschland aussprechen. Die Redaktion von
ProMosaik e.V. sprach das Thema der Anschläge gegen die Moscheen an und bat
Frau Kumfert um eine politische Stellungnahme zum Thema des Schutzes der
muslimischen Minderheit in Deutschland in dieser schwierigen Zeit. 
Weltoffenheit
bedeutet Toleranz gegenüber allen Weltreligionen. Daher widersetzt sich
ProMosaik e.V. kategorisch dem Antisemitismus. Gerade nach einem so brutalen
Krieg wie dem Israels gegen die Zivilbevölkerung von Gaza, muss man den
Menschen tagtäglich ins Gedächtnis rufen, welche Kluft zwischen Judentum und
Zionismus besteht. Anti-Zionismus und Israel-Kritik rechtfertigen auf keinen
Fall eine antisemitische Haltung. Denn Antisemitismus bedeutet Diskriminierung
einer religiösen Minderheit, die des Judentums. 
Das Judentum ist die Wurzel der
anderen monotheistischen Religionen Christentum und Islam und muss als solche
respektiert und gewürdigt werden. Dasselbe gilt auch für den Islam, der seit
den Anschlägen vom 11. September 2001 in Europa nicht nur diskriminiert,
sondern angegriffen und stigmatisiert wird.


Wer
Vorurteile hat, schert alle über einen Kamm. Bezüglich des Islam bedeutet dies,
dass er die Muslime als Terroristen dämonisiert. ProMosaik e.V. widersetzt sich
dem Antisemitismus, dem Judenhass, der Islamophobie und jeglicher religiöser
Diskriminierung und so auch der gegen die yezidische Minderheit.
Der
Verein ProMosaik e.V. setzt sich als Verein für den interreligiösen Dialog für
den empathischen interreligiösen Dialog ein, da nur dieser Weg zum Verständnis
unter den Religionen und zu einer solidarischen Gesellschaft führen kann. Wir
widersetzen uns jeglicher Art von Pseudotoleranz.
Religion
ist Frieden, Shalom, Salam.
Alle
Religionen sind Religionen des Friedens, wenn sie authentisch gelebt werden.
Ich
danke Ihnen sehr für die Zuschriften zum Thema an
info@promosaik.com
Dankend
Dr.
phil. Milena Rampoldi
Redaktion
von ProMosaik e.V.
Ich
möchte nun Frau Kumfert das Wort übergeben:
Die
vermehrten Berichte über Anschläge auf Moscheen, aber auch die vermeintliche
Ausbreitung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland stimmen
mich nachdenklich.
Gibt
es Menschen erster und zweiter Klasse?
Kann
überhaupt jemand entscheiden, welcher Mensch es wert ist, wo zu leben?
Ich
sage, dass tatsächlich alle Menschen gleich sind und auch gleich behandelt
werden müssen, es demnach auch jedem freisteht, in welchem Land und in welcher
Stadt er lebt.
Jetzt
wird es natürlich Einwände geben: Was ist mit Kinderschändern? Haben diese auch
ein Recht darauf, uneingeschränkt leben zu dürfen?
Und
was ist mit Mördern, Vergewaltigern, Terroristen? Dürfen diese unbehelligt
weitermachen, als wäre nichts geschehen?
Ganz
klar NEIN!
Ein
jeder Mensch ist nur so lange frei in seinen Entscheidungen und seiner
Lebensweise, wie er damit nicht in das Leben anderer eingreift –
Straftatbestände und Straftaten allerdings sind ein massiver Eingriff in die
Freizügigkeit, die Unversehrtheit und das Leben anderer.
Daraus
ergibt sich eine weiterer Fragenkomplex: Sind nun alle Moslems automatisch radikal?
Ist jeder Bartträger ein potentieller Selbstmordattentäter? Ist jede
verschleierte Frau ein Angriff auf unser Demokratieverständnis? Ist jede
Moschee Keimzelle islamistischen Terrors?



(Quelle: Duisburger Netzwerk gegen Rechts)
Auch
hier sage ich ganz deutlich NEIN!
Religionen
sind unterschiedlich – und mein christlich abendländisches Verständnis von
Religion unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der im Koran
beschriebenen Vorgehensweise. Auch gehe ich nicht jeden Sonntag in die Kirche
oder lebe meinen christlichen Glauben aktiv nach allen Vorschriften und Geboten
der Bibel auch öffentlich aus, dennoch ist er mir zugleich stets Orientierung
und auch eine Stütze in schwierigen Lebenslagen.
Ein
Kurzaufenthalt in Istanbul vor rund zehn Jahren hat mich neugierig auf den
muslimischen Glauben gemacht – letztlich habe ich dann nicht das vermeintliche
Pflichtprogramm mit einem Besuch der Hagia Sophia absolviert, sondern habe die
Yeni Cami unweit des Gewürzmarktes mit Blick auf den Bosporus besucht.
Bereits
im Vorfeld hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, dass ich an diesem Tage
vorsichtshalber unter meinem Wickelrock noch eine etwas längere Hose trage, die
ich über die Knie ziehen kann. Außerdem habe ich von vorneherein auch ein
entsprechendes T-Shirt getragen, obwohl es sehr heiß war.
Es
entspricht nicht meinem Frauenbild, mich in einem Gotteshaus verschleiern zu
müssen, dennoch wollte ich eine mir fremde Religion kennenlernen und deshalb
habe ich mir auch eine entsprechende Kopfbedeckung geben lassen.
Dass
ich bei einem Moschee-Besuch respektiere, dass ich meine Schuhe ausziehe, ist
für mich selbstverständlich.
Warum
ich von meinem Moschee-Besuch in Istanbul erzähle?
Weil
ich damit verdeutlichen möchte, dass es selbst für einigermaßen weltoffene Menschen
– und als einen solchen würde ich mich auf jeden Fall bezeichnen – durchaus
schwierig sein kann, Andersartigkeit zu verstehen und auch zu respektieren.
Ich
hätte mich nicht dazu entschieden, getauft zu werden, wenn damit einhergegangen
wäre, dass ich mich hätte verschleiern müssen. Aber das ist ganz klar meine
eigene Entscheidung.
Auch
die katholische Kirche kritisiere ich an der Stelle: Beim Abendmahl in der
evangelischen Kirche sind alle Menschen willkommen. Von der Eucharistiefeier
während einer Messe sind allerdings auch schon evangelische Christen, die an
den gleichen Gott glauben, ausgeschlossen – eingeladen zum Tisch des Herrn
werden ausdrücklich katholische Christen.
Warum
ich jetzt auch noch katholische und evangelische Kirche anführe?
Weil
damit deutlich wird, dass auch schon in einer ganz gleichen Kultur es zu
Auseinandersetzungen oder Meinungsverschiedenheiten kommen kann und
Sachverhalte unterschiedlich ausgelegt werden können.
Allerdings
– um hier einmal bei der Bibel zu bleiben – rechtfertigt dies noch lange kein
„Auge um Auge, Zahn um Zahn“.
Und
es rechtfertigt auch nicht, Menschen mit gleichem religiösem oder kulturellem
Hintergrund per se über einen Kamm zu scheren.
Daher
sind Anschläge auf Moscheen genauso wie die Unterdrückung religiöser
Minderheiten gleich welchen Glaubens nicht zu dulden!
Bei
der Aufklärung von Straftaten gegen die Ausübung der Religionsfreiheit, die im
Übrigen auch in unserem deutschen Grundgesetz fest verankert ist, kann es nicht
sein, dass Täter nur im gleichen kulturellen Umfeld gesucht werden – die
NSU-Morde zeigen deutlich, dass eine Vorverurteilung bestimmter Menschengruppen
wenig sinnvoll ist, um eine lückenlose und vor allem auch unabhängige Klärung
dieser Verbrechen zu erreichen.
Ein
Generalverdacht von Muslimen ist nicht gerechtfertigt und verstößt zudem gegen
das deutsche Grundgesetz, in dem die Gewährleistung ungestörter
Religionsausübung zugesichert wird.
Genauso,
wie ich die Anschläge auf Moscheen sowie die Unterdrückung religiöser
Minderheiten in Deutschland scharf kritisiere, kritisiere ich allerdings auch
die Verfolgung von Menschen christlichen Glaubens in der Türkei.
Jeder
Mensch hat ein Recht darauf, zu glauben, wie er es für richtig hält – das
sollte niemandem vorgeschrieben werden!
Die
einzige Einschränkung, die meines Erachtens gerechtfertigt ist, ist die, dass
religiös motivierte Straftatbestände – gleich aus welchem Glauben resultierend
– nirgendwo auf dieser Welt geduldet werden dürfen! Glaube darf kein Freibrief
dafür sein, anderen Menschen Leid anzutun!
Freier
Glauben und Religionsausübung sind richtig und wichtig und daher auch ein
schützenswertes Gut unserer Gesellschaft!
Wie
auch in allen anderen Lebensbereichen hat Radikalismus auch hier keinen Platz
und sollte deshalb von allen Menschen gleichermaßen bekämpft werden.
Denn
letztlich wollen wir doch alle eins: Nicht nur überleben, sondern leben – nach
unseren eigenen Vorstellungen, ohne dabei bevormundet oder eingeschränkt zu
werden, solange wir mit unserem Verhalten andere nicht in eben dieser Freiheit
beschränken!