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Unser Projekt 22 – Shajarat ad-Durr von Mahmud Badawy

Dr.
phil. Milena Rampoldi: Shajarat ad-Durr von Mahmud Badawy. Die erste
weibliche Herrscherin im Islam – Eine Tragödie in fünf Akten  
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In
diesem Text möchte ProMosaik e.V. die angepasste und kommentierte
deutsche Übersetzung einer außerordentlichen Tragödie über den
politischen Werdegang, die Intrigen und das Schicksal der, wie sie der
ägyptische Schriftsteller Mahmud Badawy nennt, „ersten weiblichen
Herrscherin im Islam“, vorstellen. Die Herrscherin Shajarat ad-Durr
haben wir bereits im Buch von Frau Dr. Rampoldi Das
Beispiel von Shajarat ad-Durr: Philosophische Betrachtungen zu Frau und
Politik im Islam auf der Grundlage der Werke von Bahriye Üçok und Jamal
Badawi
präsentiert.
Die
Übersetzerin findet Mahmud Badawys Werk sehr wichtig, weil es an der
Schnittstelle zwischen Literaturwissenschaften, Philo-sophie und
Geschichte die Möglichkeit bietet, dem aristotelischen Ideal der
Tragödie gerecht zu werden und gleichzeitig auch dem interkulturellen
Dialog und dem islamischen Feminismus in Einem zu dienen.
Hierzu ein Zitat aus der Poetik von Aristoteles:
„Die
Tragödie ist Nachahmung einer guten und in sich geschlossenen Handlung
von bestimmter Größe, in anziehend geformter Sprache, wobei diese
formenden Mittel in den einzelnen Abschnitten je verschieden angewandt
werden. Nachahmung von Handelnden und nicht durch Bericht, die Jammer (eleos) und Schaudern (phobos) hervorruft und hierdurch eine Reinigung von derartigen Erregungszuständen bewirkt
. “
Hierzu schreibt Dr. Rampoldi:
„Ich
finde, dass die Tragödie die geeignete literarische Form ist, um auch
solche politische und biografische Themen zu verarbeiten. Es kommt darin
treffend zum Ausdruck, dass die Frau im Islam sehr wohl auf eine
Geschichte mutiger und intelligenter Frauen zurückblicken kann, die auch
über muslimische Länder herrschten“.
Die
Handlung spielt in der Zeit der Kreuzzüge in der Übergangszeit zwischen
der Dynastie der Ayyubiden und Mamluken in Ägypten. Als Sklavin und
dann Ehefrau des ayyubidischen Herrschers al-Salih Ayyub schaffte
Shajarat ad-Durr nach dem Tode ihres Ehemanns den Sprung auf die
politische Bühne der weltlichen Macht. Sie wird aber sehr bald vom
Kalifen, der einen Brief sendete, in dem er sich gegen die Führung des
Staates durch eine Frau aussprach, zur Abdankung aufgefordert.
Ohne den Inhalt der fünf Akten vorwegzunehmen, anbei ein Ausschnitt aus der Tragödie:
Bote des Kalifen: (Er
öffnet den Brief und liest) Im Namen Allahs, dem Barmherzigen, dem
Allerbarmer, bei ihm suchen wir nach Zuflucht. Dieser Brief stammt von
Abu Ahmed Abdullah Al-Mustasim-Billah bin Al-Mustansir-Billah, dem
abbasidischen Prinzen der Gläubigen in Bagdad und ist an die Prinzen und
Ministerien Ägyptens, und insbesondere an sein Volk, gerichtet. Der
Friede und die Barmherzigkeit Allahs seien mit euch.
Viele Stimmen: Der Friede und die Barmherzigkeit und der Segen Allahs seien mit euch.
Bote des Kalifen: Wir
vernahmen die Nachricht eures Sieges über den Feind der islamischen
Religion; deshalb priesen wir Allah, der seine Religion durch euch ehrte
und Ägypten aus den Händen unserer Feinde befreite. Dennoch kamen Boten
zu uns mit Nachrichten, in denen es unter anderem darum ging, dass ihr
eure Angelegenheiten Shajarat Ad-Dur anvertraut habt, der Witwe von
König Al-Salih, möge Allah ihn segnen. Darüber waren wir bestürzt, da es
im Islam eine unerhörte Tat darstellt, einer Frau die königliche
Herrschaft zu übertragen. Außerdem möchten wir euch gerne befragen, da
es das Recht der Muslime ist, jemanden zu ernennen, der fähig ist, die
Bürde der Herrschaft zu tragen. Falls ihr über keine Männer mehr
verfügt, die geeignet wären, die Herrschaft zu übernehmen, werden wir
jemand geeignetes zu euch schicken. Der Gesandte Allahs (die Gebete und
der Frieden Allahs seien mit ihm) sprach: „Die Völker, die ihre
Angelegenheiten einer Frau anvertrauen, werden nicht gedeihen“. Und
Friede sei mit denen, die den rechten Weg gehen.
 Die Welt ist bunt.
Die
Welt ist ein großes Mosaik voller Farben, das aus verschiedenen
Steinchen zusammengesetzt ist, die durch interkulturelle und
interreligiöse Brücken miteinander verbunden sind.