General

Unser Projekt 26 – Abu Shaqqa: die sozialen und politischen Rechte der Frau im Islam

Dr. phil. Milena Rampoldi: Die Frau in der islamischen Gesellschaft und Politik nach Abdul Halim Abu Shaqqa

bildprojekt25

In
diesem Text möchte ProMosaik e.V. die interessante und umstrittene
Thematik der Frau in der islamischen Gesellschaft und Politik erneut
anhand eines anderen Autors, des Muslimbruders Abdulhalim Abu Shaqqa
(1924-1996), präsentieren, der bedauerlicherweise noch nicht in
deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Wie bereits in anderen Büchern,
die der Verein unter seinen Projekten präsentiert hat, geht es  der
Autorin, Dr. phil. Milena Rampoldi, wiederum um die Erläuterung der
sozio-politischen Rechte der Frau im Islam und um deren Wiedererlangung
heute.
Aufgrund
der Aktualität der ägyptischen Muslimbruderschaft in den letzten Jahren
findet die Autorin das Buch von Abu Shaqqa mit dem Titel Tahrir al-mara‘ fi ‘asr al-risala (Die
Befreiung der Frau im Zeitalter der Offenbarung) heute wie damals
innovativ und wichtig, um die Einbeziehung der Frau in Gesellschaft und
Politik anhand der Texte von Abu Shaqqa neu zu erläutern.
Dies
kann mit Sicherheit auch dazu beitragen, die Bewegung unter einem neuen
Blickwinkel zu betrachten und zu sehen, dass der ursprüngliche Islam
die Frau in alle gesellschaftlichen Bereiche involvierte. Wie der
bedeutende ägyptische Islamtheologe Muhammad al-Ghazali al-Saqqa
(1917-1996) in der Einführung zum Buch von Abu Shaqqa schreibt:
„Dieses Buch führt die Muslime zurück zur richtigen Sunna ihres Propheten, ohne etwas hinzuzufügen und ohne etwas wegzunehmen“.
Die Zielsetzung, welche die Autorin vor Augen hat, ist folgende:
„Mit
Hilfe von Texten wie denen von Abu Shaqqa wird es dem Islam auch
gelingen, eine holistische und egalitäre Hermeneutik aufzubauen, die
sich von hierarchischen, monistischen und sexistischen Standpunkten  in
Einem entfernt. Der Weg ist steil und voller Hindernisse, aber mit
einer solchen Hermeneutik kann dann der Sklaverei, Unterdrückung,
Genitalverstümmelung und körperlichen und seelischen Gewalt gegen Frauen
der endgültige Kampf angesagt werden. Nur so versöhnt sich der Islam
mit sich selbst“.
Es
geht der Autorin somit darum, verschiedene Ansätze des islamischen
Feminismus miteinander zu vereinen, wie sie im Folgenden beschreibt:
„Denn
ohne thematisch-holistisch zu arbeiten, verliert man den Faden und
beginnt mit der monistischen und selektiven Hadith-Wiederholung, wie es
Jahrhunderte lang in den muslimischen Gesellschaften der Fall war.
Ich
bin daher der Überzeugung, dass man im Bereich der politischen Arbeit
der Frau im Islam heute drei Ansätze sehr gut miteinander verbinden
kann:
1)  Den
historisch-biographischen Ansatz, wie ich ihn anhand des Werkes von
Bahriye Üçok (1919-1990) und in der Tragödie von Mahmud Badawy
(1908-1986) aufgezeigt habe: hier geht man der biographisch-historischen
Rekonstruktion des Werdeganges und Schicksals herrschender Frauen in
der islamischen Geschichte nach und identifiziert ihre Eigenschaften und
das innovative Potential für die politische Arbeit der Frau im Islam
heute; dieser Ansatz findet sich im Besonderen bei Prinzessin Kadriye
Hüseyn (1888-1955) und der marokkanischen Soziologin und Feministin
Fatima Mernissi (*1940) in ihrem bekannten Buch
Les Sultanes oubliées, das auch in deutscher Sprache erschienen ist.
2)  Den
komparatistisch-hermeneutischen Diskurs, wie ich ihn anhand des Essais
von Prof. Abdulhamid al-Ansari vorgestellt habe, der analytisch
erläutert, wie es zu den verschiedenen Standpunkten zum Thema der
politischen Rechte der Frau im Islam gekommen ist und warum. Das ist ein
Ansatz hin zu einer Versöhnung und Akzeptanz der verschiedenen
Sichtweisen innerhalb der muslimischen Gemeinde, ein Ansatz, der uns im
intra-islamischen Dialog sehr weit führen kann, weil wir auch die Männer
in den islamischen Feminismus einbeziehen, um eine partizipierte und
partizipative, geschlechtsübergreifende Islam-politische Utopie
anzustreben. Was al-Ansari besonders auszeichnet, ist, dass er nicht
verurteilt, sondern erläutert und kommentiert. Eine interessante
hermeneutische Studie über die weibliche Lektüre des Korans stammt von
der afroamerikanischen Konvertitin und Feministin Amina Wadud (*1952),
die in ihrem genialen Buch einige Tore hin zur Versöhnung und
Gleichberechtigung der Geschlechter öffnet. Dasselbe kann man vom
ägyptisch-kanadischen Islamexperten Jamal Badawi sagen, der auch
hermeneutisch arbeitet und damit die Gleichberechtigung der Geschlechter
im Islam beweist.
3)  Den Sira-orientierten
Ansatz von Abu Shaqqa, der das Leben des Propheten (sas) innerhalb der
Islamwissenschaften erneut aufwertet und auf diese Weise aufzeigt, wie
revolutionär und Frauen-befreiend der Islam in seinem ursprünglichen
Kern und in seiner Epoche war“.        
Im
ersten Kapitel präsentiert Dr. Rampoldi die Biografie von Abu Shaqqa
und seine Weltanschauung, um dann im zweiten Teil auf Ausschnitte aus
der Enzyklopädie des Autors überzugehen, in denen zur Sprache kommt, wie
sehr die muslimische Frau Rechte im gesellschaftlichen und politischen
Bereich hatte. Wer die Frau aus der Gesellschaft und Politik verdrängt,
handelt nicht im Sinne des Propheten (sas), zu dessen Zeitalter, wie Abu
Shaqqa aufzeigt, die Frau eine zentrale Rolle im Gesellschaftsleben, in
der Politik und sogar in den militärischen Angelegenheiten zu Friedens-
und Kriegszeiten spielte.
Im
Buch finden sich auch drei Exkurse von Dr. Rampoldi: einer über die
kharijitische Frau und ihre Teilnahme an der Politik und Kriegsführung;
einer über den syrischen Muslimbruder Mustafa as-Siba’i und seine
widersprüchliche Suche nach den „Rechten“ der Frau, die er nicht wie Abu
Shaqqa im Zeitalter des Propheten (sas) findet und einer über den
amerikanischen Konvertiten Musa Furber und seinen schockierenden Artikel
über den Zusammenhang zwischen Vergewaltigung und Zwangsheirat: eine
Tradition, die als absolut unislamisch gilt und doch in den muslimischen
Gesellschaften praktiziert wird, indem man Druck auf die Opfer ausübt,
damit sie ihre Peiniger heiraten. Die „Un“-Rechte der Frau, welche die
Autorin als das Phänomen der horizontalen Segregation bezeichnet, sind
Erfindungen der Muslime und sind in ihren Köpfen so verankert, dass es
Texte wie die von Abu Shaqqa heute braucht: er hält den Muslimen Koran
und Sunna vor.- Es erübrigt sich somit die Frage, ob Frauen Rechte in
der Politik und in der Gesellschaft haben. Denn der Islam sprach sie
ihnen zu. Die ersten Muslime lebten diese Rechte in ihrem Alltagsleben.
Und diese Rechte müssen auch heute der Frau zuerkannt werden: der Weg,
der dorthin führt, geht für Abu Shaqqa über Pädagogik und
Bewusstseinsbildung, die Pfeiler der islamischen Politik und Ethik.
Wenn Sie das Buch kaufen möchten, um den Verein ProMosaik e.V. zu unterstützen, klicken Sie bitte auf den folgenden Link:
dankend
Die Welt ist bunt.
Die
Welt ist ein großes Mosaik voller Farben, das aus verschiedenen
Steinchen zusammengesetzt ist, die durch interkulturelle und
interreligiöse Brücken miteinander verbunden sind.